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US-Republikaner zementieren Macht in den Bundesstaaten
In vielen Staaten dominieren die Konservativen die Parlamente und greifen zu undemokratischen Manövern
Auf Bundesebene sind die politischen Verhältnisse in den USA derzeit ziemlich ausgeglichen: Die Demokraten kontrollieren den Senat und das Weiße Haus, die Republikaner das Repräsentantenhaus. Doch während in Washington D.C. die Verhandlungen zwischen Präsident Biden und dem republikanisch kontrollierten Abgeordneten über eine Anhebung der Schuldenobergrenze in vollem Gang sind, zementieren die Republikaner in einigen von ihnen kontrollierten Bundesstaaten ihre Macht – und schrecken dabei vor undemokratischen Methoden nicht zurück.
Seit einigen Monaten besitzen die Republikaner auf bundesstaatlicher Ebene in Montana eine »Supermehrheit« – in diesem Fall eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln: Sie stellen 102 von 150 Sitzen in beiden Kammern in der Hauptstadt Helena. Diese erlaubt ihnen eine deutliche größere Bandbreite an prozeduralen Manövern.
In der vergangenen Woche haben die Konservativen ihre Macht dafür verwendet, das Rederecht der Abgeordneten Zooey Zephyr für den Rest der Sitzungsperiode von 90 Tagen zu entziehen. Zephyr, die selbst trans Frau ist, wollte sich nicht dafür entschuldigen, dass sie in einer Rede behauptete, dass die Republikaner »Blut an den Händen« hätten, wenn sie die medizinische Versorgung von trans Kindern verhinderten. Dies wurde als Verstoß gegen die von den Republikanern bestimmten Anstandsregeln gewertet.
Seit 50 Jahren gab es in Montana keinen ähnlichen Vorfall. Für Zephyr gab es Solidaritätskundgebungen am Staatskapitol; worauf die Arbeit des Parlaments ausgesetzt wurde – aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Ähnliche Szenen spielten sich Anfang des Monats im Bundesstaat Tennessee ab, als dort Anfang des Monats eine republikanische »Supermehrheit« zwei afroamerikanische Abgeordnete aus dem Parlament ausschloss, nur, weil sie an einer Anti-Waffen-Demonstration teilgenommen haben.
In 20 Bundesstaaten haben Republikaner eine qualifizierte Mehrheit erlangt: Sie stellen genügend Abgeordnete und Senatoren, um ein Veto des Gouverneurs ignorieren zu können. Der nötige Prozentsatz für eine solche Mehrheit variert vom Staat zu Staat.
Die Vorfälle in Montana und Tennessee zeigen, was passiert, wenn die Konservativen gar keine Rücksicht auf die Opposition nehmen müssen: Eine Art Staatsstreich auf leisen Sohlen. Denn die Republikaner setzen alle Hebel in Bewegung, damit dies auch so bleibt, was auch Auswirkungen auf die Bundespolitik haben könnte.
Seit beinahe 25 Jahren verfolgt die republikanische Partei das Ziel, die Kontrolle über das Wahlverfahren in den Bundesstaaten an sich zu reißen. Dabei hilft ihr die starke Stellung in den Parlamenten der Bundesstaaten. Kein Aspekt dieser Macht ist von so großer Bedeutung wie die Möglichkeit, das Wahlverfahren zu ändern. Die Wahlbezirke können per »Gerrymandering« so zugeschnitten werden, dass die Republikaner immer stärker werden. Die automatische Wählerregistrierung oder das Abstimmen per Briefwahl können erschwert oder beendet werden.
Die Demokraten waren froh, dass Joe Biden das Weiße Haus erobern konnte, deshalb erschien die keimende republikanische Übermacht in den Bundesstaaten erst mal zweitrangig. Erst in den vergangenen Monaten, als Wisconsin, Louisiana und North Carolina als Staaten mit Supermehrheiten für die Republikaner hinzugekommen sind, rückte diese Agenda wieder in ihr Blickfeld. Zum Vergleich: Die Demokraten haben »Supermehrheiten« in nur neun Bundesstaaten.
Manche Kommentatoren sind alarmiert. Der ehemalige US-Arbeitsminister Robert Reich warnte im »Guardian«: »Die Republikaner mausern sich zur amerikanischen faschistischen Partei«. Reich erinnerte daran, dass im Wahljahr 2020 nur 42 919 Stimmen in Georgia, Wisconsin und Arizona gefehlt haben, um Donald Trump die Wiederwahl zu sichern. Im Wahljahr 2024 könnten neue Wahlregeln den Republikanern einen Vorsprung sichern.
Juristisch baut dieser schleichende Staatsstreich auf einer Lehre auf, die als »Independent State Legislature Theory« bekannt geworden ist. Diese behauptet, dass die Gründer in der Verfassung des Jahres 1790 die Ausführung der Bundeswahlen ausschließlich den Legislativen der Bundesstaaten übertragen habe. Den Keim der Theorie bildete ein Urteil des Obersten Richters der USA William Rehnquist aus dem Jahr 2000, der die Mehrheitsmeinung des Obersten Gerichtes verkündete: In seiner Urteilsbegründung verbot der Republikaner Rehnquist in Florida, eine Neuauszählung der umstrittenen Präsidentschaftswahl zwischen George Bush und Al Gore durchzuführen. Rehnquist verwies auf eine bis dahin nie thematisierte Kleinigkeit in der Verfassung: Nur die Parlamente der Bundesstaaten werden als Wahlverwalter in der US-Verfassung erwähnt, weder die Gouverneure noch bundesstaatliche Gerichte hätten das Recht, sich darin einzumischen.
Hierbei handelte es sich um eine sehr enge Lesart der Verfassung, die erst wenig Beachtung fand. Doch im Laufe der Zeit fanden mehr Republikaner Gefallen daran. Kritiker wie die Anwälte der Stiftung Common Cause meinen, dass die Wahlen schon von Anfang an sowohl von den Gesetzgebern der Legislativen als auch von Gouverneuren organisiert und verwaltet wurden. Alle Augen sind jetzt auf den Fall aus North Carolina gerichtet, wo Common Cause den Republikanern unzulässige Manipulation der Wahlkreise vorwirft. Sollte das Oberste Gericht in Washington den Republikanern recht geben, könnten die Konservativen in den Bundesstaaten aus den Legislativen heraus das Wahlrecht vollständig umgestalten, ohne juristische Einspruchsmöglichkeiten.
Jetzt hoffen die Republikaner auf verstärkten Rückenwind bis zum Wahljahr 2024. In den Südstaaten tobt der Kulturkampf um die Rechte von trans Menschen oder den Waffenbesitz und verleiht den Republikanern Auftrieb: Die demokratische Abgeordnete Tricia Cotham lief in North Carolina zu den Republikanern über und verschaffte ihnen auch dort eine qualifizierte Mehrheit. Sie erklärte beim Übertritt, dass die Demokratische Partei »nicht wiederzuerkennen sei«. Die Demokraten bekämpfen »freie Gedanken und freie Meinungsäußerungen«.
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