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DFB-Pokal: Der VfL Wolfsburg und Freiburg feiern nach Rekordspiel
Nach dem Pokalsieg wollen die Wolfsburger Fußballerinnen auch die Champions League gewinnen
Der Tanz mit Siegermedaillen um den Hals und Bierflaschen in der Hand um den Teambus bei einbrechender Dunkelheit mitten in der Kölner Innenstadt war nicht nur Ausdruck ausgelassener Freude bei den Fußballerinnen des VfL Wolfsburg. Die über die sozialen Medien des Werksvereins verbreitete Sequenz illustrierte anschaulich, welcher Ballast von erfolgsverwöhnten Spielerinnen wie Alexandra Popp oder Svenja Huth abgefallen ist. Obwohl sie den DFB-Pokal wirklich in verlässlicher Fließbandarbeit gewinnen – das zehnte Mal insgesamt, das neunte Mal in Folge – war die Erleichterung allenthalben spürbar. Trotz der klaren Favoritenrolle war der 4:1-Sieg gegen den tapfer mithaltenden SC Freiburg eben keine Selbstverständlichkeit, nachdem ein Systemausfall bei der 0:4-Demontage bei Eintracht Frankfurt am vergangenen Sonntag sehr wahrscheinlich die Meisterschaft gekostet hat.
Der FC Bayern München dürfte bereits an diesem Sonnabend bei Bayer Leverkusen die Schale klarmachen. Nicht auszudenken, welche Grundsatzdebatten noch ein verspielter Titel am Mittellandkanal ausgelöst hätte. So aber wurde für eine silberne Versöhnung gesorgt: Die elf Kilogramm schwere Trophäe nennt Anführerin Popp inzwischen »mein Baby«, nachdem die 32-Jährige mit dem späten 3:1 den Deckel auf ein überraschend ausgeglichenes Endspiel gemacht hatte. Zugleich ist dieser Titel der beste Ansporn für das Finale der Champions League gegen den FC Barcelona am 3. Juni.
Der Showdown gegen das weltbeste Vereinsteam mit dem Gerüst der technisch brillanten spanischen Nationalelf wird eine besondere Herausforderung für einen VfL Wolfsburg, der sich 2013 und 2014 sensationell zu Europas Königinnen gekrönt hatte, aber bei den Endspielen 2016, 2018 und 2020 jeweils am Rekordsieger Olympique Lyon gescheitert war. »Ich würde gerne wieder den Champions-League-Pokal in den Händen halten«, sagte die unverwüstliche Allrounderin Alexandra Popp jüngst. »Ich glaube, dass wir endlich mal wieder dran sind.« Unmöglich ist der Coup nicht, wie das 2:0 im Halbfinal-Rückspiel in der Vorsaison gezeigt hat, nachdem der VfL im Hinspiel im Camp Nou mit 1:5 arg unter die Räder gekommen war.
»Ich freue mich extrem auf dieses Finale«, sagte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot. Dass der Gegner mit seiner genesenen Weltfußballerin Alexia Putellas der klare Favorit ist, stachelt die Niedersachsen nur an. »Ich weiß, wie gefährlich uns das macht, welche Energien das freisetzen kann«, verriet Stroot, dessen Karriere in den Niederlanden in Schwung kam. Der gebürtige Nordhorner wollte als junger Trainer eigentlich schon aufhören, als ihn Twente Enschede für sein Frauenteam verpflichtete. Zwei gewonnene Meisterschaften in der Grenzstadt machten ihn interessant für den deutschen Branchenführer, mit dem der 34-Jährige nun in Eindhoven um den wichtigsten Titel kämpft. »Das ist für mich eines der größten Spiele, vergleichbar mit einem Finale einer EM oder WM.«
Die schmucke Heimstätte des PSV Eindhoven mit ihren mehr als 34 000 Plätzen wird ausverkauft sein, die Hotelpreise in der 240 000-Einwohner-Stadt sind explodiert. Der nächste Beleg, dass die Höhepunkte im Fußball der Frauen inzwischen massentaugliche Events sind. Hierzulande geht die 43. Auflage des Pokalendspiels mit 44 808 Fans im erstmals ausverkauften Kölner Stadion in die Geschichte ein. Der stimmungsvolle Rahmen, insbesondere durch den Support der Freiburger Ultras erzeugt, soll ein Wegweiser für die Zukunft sein. Sport-Club-Managerin Birgit Bauer-Schick würde sich wünschen, dass das Frauen-Endspiel in der Domstadt generell in einem vollbesetzten Stadion über die Bühne geht – ähnlich wie bei den Männern in Berlin, wo das Olympiastadion unabhängig von der Besetzung stets ausverkauft ist.
So war auch den Freiburgerinnen nicht nach Trübsal zumute. »Wir feiern trotzdem. Es war etwas Einzigartiges für uns«, sagte Torschützin Janina Minge, die mit dem zwischenzeitlichen 1:1 vor der Pause für lange Gesichter beim Gegner gesorgt hatte. Auch Trainerin Theresa Merk war »stolz« auf ihr Team – und den lauten Freiburger Fanblock: »Unsere Fans haben das Stadion abgebrannt, es hat definitiv uns gehört.« In der ARD sahen sich 1,57 Millionen Zuschauer das Finale an.
Doch längst ist nicht sicher, ob ARD und ZDF auch den eigentlichen Höhepunkt des Jahres übertragen werden. Für die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland vom 20. Juli bis 20. August ist immer noch keine Einigung zwischen dem Weltverband Fifa und den Fernsehsendern erzielt worden. Dieser Umstand betrifft die fünf europäischen Kernmärkte in England, Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland. DFB-Präsident Bernd Neuendorf bekräftigte erneut, alles zu tun, »damit wir keinen Blackout erleben«. Er habe eine Vermittlerrolle eingenommen und sei »nach wie vor optimistisch«, die Stellschrauben würden sich »in die richtige Richtung bewegen«, zumal Fifa-Präsident Gianni Infantino erste Anzeichen einer Annäherung ausgesandt hatte.
Der Weltverband kämpft um die aus seiner Sicht »marktgerechten Preise«, die Öffentlich-Rechtlichen wollen den Eindruck vermeiden, erpressbar zu sein. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky erklärte zum Stand der Gespräche: »Wir werden gemeinsam mit dem DFB weiter darüber reden. Ob es aber zu einer Einigung kommt, kann ich zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen.« Der Zeitdruck ist immens, denn ein solches Turnier auf der anderen Seite der Erde erfordert für die Produktion normalerweise einen monatelangen Vorlauf, zudem läuft eigentlich am 28. Mai die Frist für die Visa-Erteilung der vielen Medienvertreter ab.
Die Sender stecken in einer Zwickmühle, seitdem sie wegen angeblich zu geringer Gebote – ARD und ZDF sollen dem Vernehmen nach knapp zehn Millionen Euro offeriert haben – von der Fifa angegriffen worden sind. ZDF-Sportchef Yorck Polus warb um eine differenzierte Betrachtung des Themas: »Das eine ist eine Wertediskussion, das andere befasst sich mit Marktpreisen.« Wegen der Zeitverschiebung laufen sämtliche WM-Spiele in der Nacht oder am Vormittag.
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