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Robert Habeck: Einer gegen alle
Gaby Gottwald über die Kampagne gegen den Bundeswirtschaftsminister
Das Habeck-Bashing ist derzeit ein Thema der Presse, das sich gut verkaufen lässt. Sie führt uns von einem Schlachtfest zum nächsten. Wann fällt der König?
In mir grollt es – heftig! Hier stimmt was nicht – grundsätzlich. Die freie Presse, ein Korrektiv? Einordnung? Aufklärung? Oder stapelt sie selbst das Holz für den Scheiterhaufen?
Der Grüne Robert Habeck ist der Minister der Ampelkoalition, der die Energiewende organisiert. Er hat Milliardenkonzerne gegen sich. Wer könnte mehr Feinde haben? Habeck oder sein Team machen viele Fehler. Manche sind unverständlich – und leider auch fatal. Warum? Der Mann ist kein Anfänger. Sabotiert ihn der eigene Apparat, das Ministerium, das seit Jahren von Lobbyisten der fossilen Energiewirtschaft durchsetzt ist?
Habeck organisiert den Paradigmenwechsel, der auch Grundlage für die Ökonomie ist. Das ist klimapolitisch, ökonomisch und außenpolitisch der vereinbarte Auftrag der Regierung. Fakt ist, dass die FDP dies blockiert und in Frage stellt. Niemand ist rückwärtsgewandter als die vermeintlich jungdynamischen liberalen Fossile. Bundesfinanzminister Christian Lindner ist quasi älter als Rainer Brüderle und konservativer als die CSU. So jemandem die Kasse anzuvertrauen, ist nur bescheuert. Und die SPD? Ach, da gibt es so viele Linke. Was nützt es der Sache? Nichts. Und der Kanzler? Man fragt sich, ob er auch im Team ist, das den Koalitionsvertrag umsetzen möchte.
Es bleibt nur Habeck, der die Energiewende vorantreibt, das Klimaziel erreichen möchte. Einer gegen alle. Und so wird er leider von allen behandelt.
Was hält die Presse davon ab, das Naheliegende zu veröffentlichen? Jahrelanger Lobbyismus der Energiekonzerne im Bundeswirtschaftsministerium: Peter Altmaier (CDU) und die Atomindustrie, Altmaier und die Gaslobby, Altmaier gegen die Windkraft und so weiter. Und die SPD: Gerd Schröder und die Autoindustrie, Sigmar Gabriel und das Öl... Selbst die Amigopartei CSU äußert sich zu Habeck.
Die CDU fordert einen Untersuchungsausschuss zum Fall Graichen. Das ist begrüßenswert, wenn der Zeitraum der Untersuchung und der thematische Auftrag ausgeweitet wird: Auswirkungen der Energielobby auf Entscheidungen des Bundeswirtschaftsministeriums. Zeitraum? Nur Merkel-Regierung oder besser Schröder dazu nehmen? Oder Helmut Kohl auch noch?
Es ist lächerlich zu diskutieren, dass die Grünen Verbindungen haben zu »Lobbyisten« der Energiewende. Wer denn sonst? Es wäre schön, wenn andere bürgerliche Parteien diesen Lobbyismus auch gepflegt hätten. Leider waren sie fossil ausgerichtet. Der ehemalige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Patrick Graichen hat Fehler gemacht und Habeck sehr geschwächt. Aber er war Habecks Motor für die Energiewende. Die Skandalisierung seiner Fehler ist unverhältnismäßig und eine Anti-Habeck-Inszenierung.
Es ist keine gute Strategie, die Grünen klein zu machen. Mit wem soll denn der Fortschritt organisiert werden? Die FDP ist 30 Jahre zurück, unzurechnungsfähig, verantwortungslos, zersetzend. Der CDU-Vorsitzende sitzt noch am Nierentisch der 50er Jahre. Die SPD ist seit Jahren im Selbstfindungsprozess. Mich treibt es um, dass die AfD in Umfragen mehr Prozente hat als die Grünen. Das Habeck-Bashing ist reaktionär, ein Spiel mit dem Feuer. Kritik an seiner Politik ist nötig. Aber man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der Königsmord ist das Ende der Wende. Und das dürfte das Ziel sein.
Der Staat als Beute. Wenn wir dies verhindern wollen, brauchen wir die Grünen. Das ist keine Aufforderung zur Wahl dieser Partei. Es ist ein Appell an den Verstand. Wenn die Reaktion zuschlägt, muss man sich auf der richtigen Seite sammeln und nicht den Lobbyisten der Milliardenkonzerne ins Messer laufen.
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