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Pflegevollversicherung und Abschlag aufs Wohngeld
Brandenburgs Linksfraktion will Menschen mit geringen Einkünften aus der Armutsfalle befreien
Der sprunghafte Anstieg der Pflegekosten darf nach Auffassung von Brandenburgs Linksfraktion nicht zur Armutsfalle für immer mehr Menschen werden. Wie der Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter in Potsdam sagte, muss eine Vollpflegeversicherung sicherstellen, dass auch im Pflegefall Eigentum geschützt bleibt.
Derzeit hätten Frauen eine Durchschnittsrente von 1093 Euro, rechnete Walter vor. Im Pflegeheim müssten sie aber Kosten von durchschnittlich 2078 Euro monatlich ausgleichen. Sobald die Ersparnisse und das Vermögen aufgebraucht seien, begleiche das Sozialamt diese Summe. Doch bleibe den Betroffenen von ihrer Rente nur noch ein Taschengeld von wenig mehr als 100 Euro im Monat. Davon müsse beispielsweise der Friseur bezahlt werden. »Dann können sie ihren Enkeln vielleicht noch ein Eis kaufen und das war es dann.«
Von den etwa 24 000 Bewohnern von Pflegeheimen in Brandenburg sind dem Vernehmen nach rund 9000 Sozialfälle. Nun hat sich die Linkspartei immer für höhere Löhne der Pflegekräfte eingesetzt und dürfte sich über gestiegene Heimkosten nicht wundern. Auf diese Vorhaltung sagte Walter, solange bei den Pflegeheimen noch Dividende und Profite anfielen, sei das Geld beim Personal besser angelegt.
Derzeit übernimmt die Pflegeversicherung nur einen Teil der Heimkosten. Bei einer Vollpflegeversicherung wäre alles abgedeckt. Kritiker sagen, dass bei einer Vollversicherung die Beiträge zur Pflegeversicherung horrend steigen müssten, was das verfügbare Einkommen der Berufstätigen und auch der Rentner reduzieren würde. Denn auch Senioren zahlen weiter in die Pflegeversicherung ein.
Auch bei der vollständigen Übernahme der Pflegekosten durch die Pflegeversicherung müssten die Versicherungsbeiträge keine exorbitante Höhe erreichen, glaubt hingegen Walter. Bedingung dafür wäre allerdings, dass wirklich alle einzahlen, beispielsweise auch Beamte. Diese können eine private Pflegeversicherung und eine private Krankenversicherung wählen. Der stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion Björn Lakenmacher (CDU) beispielsweise erklärte, er sei Beamter und Politiker und entrichte selbstverständlich auch jetzt schon seine Beiträge zur Pflegeversicherung.
Auch einer anderen sozialen Frage nimmt sich die Linksfraktion an. Die Abgeordnete Isabelle Vandré äußerte ihre Genugtuung, dass angesichts gestiegener Mieten eine bedeutend größere Zahl von Menschen berechtigt sei, Wohngeld zu beziehen. Weil sich aber die Bearbeitung der Anträge beträchtlich verzögert, vom Auszahlen des »Wohngelds plus« ganz zu schweigen, beantragt die Linksfraktion Abschlagszahlungen. Das solle die rot-schwarz-grüne Landesregierung mit einer Verordnung verbindlich vorschreiben. Auf die Abschläge sollen alle Antragsteller ein Recht haben, die länger als vier Wochen auf ihren Wohngeldbescheid warten müssen.
Nötig ist diese »Unterstützung für Menschen mit niedrigem Einkommen« nach Darstellung von Vandré, weil die Bearbeitungszeiten in den 39 Wohngeldstellen des Landes zum Teil unzumutbar lang seien. Als besonders krasses Beispiel nannte die Abgeordnete den Landkreis Ostprignitz-Ruppin, wo Menschen bis zu 40 Wochen auf ihren Bescheid warten müssten.
Seit dem Jahresanfang können auch Brandenburger »Wohngeld plus« beantragen. Der staatliche Zuschuss zu den Mietkosten soll die Haushalte entlasten. Es sind nun dreimal mehr Menschen wohngeldberechtigt als früher. Allerdings kommen die Behörden mit dem Bearbeiten der Anträge oft nicht hinterher. Schon auf die Bescheide zu normalem Wohngeld warteten die Antragsteller unzumutbar lange, sagte Vandré.
Laut einer Antwort des brandenburgischen Infrastrukturministeriums auf eine Anfrage der Politikerin müssen Menschen, die im Landkreis Potsdam-Mittelmark »Wohngeld plus« beantragt haben, bis zu 24 Wochen auf ihren Bescheid warten, in der Stadt Potsdam bis zu 15 Wochen. Im Landkreis Uckermark seien es sechs bis acht Wochen. Dagegen schafft Wittenberge in der Prignitz die Bearbeitung in vier Wochen. Das Ministerium fragte die Situation in 36 der 39 Wohngeldstellen im Bundesland ab und nahm eigene Schätzungen vor.
Laut Vandré kann die Verzögerung für die Betroffenen rasch zu einem finanziellen Problem werden. »Wir können niemandem zumuten, so lange auf sein Geld zu warten.« Zum Antrag der Linksfraktion gehört neben der begehrten Vorschrift, den Antragstellern einen Vorschuss auszuzahlen, die Anregung, überlasteten Wohngeldstellen mit Personal des Landes unter die Arme zu greifen. Antragsteller sollen Checklisten erhalten, damit sie die Unterlagen komplett einreichen können und nicht eine Ablehnung aus formalen Gründen riskieren.
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