Werbung
  • Sport
  • Fußball 2. Bundesliga

Relegation: Wehen Wiesbaden lässt Arminia Bielefeld tief stürzen

Von der 1. Bundesliga in die Drittklassigkeit: Die Arminia muss sich neu aufstellen

  • Andreas Morbach, Bielefeld
  • Lesedauer: 5 Min.
Bitteres Ende für Bielefeld: Die Arminia stürzt in die Drittklassigkeit ab.
Bitteres Ende für Bielefeld: Die Arminia stürzt in die Drittklassigkeit ab.

In der einen Ecke der Bielefelder Arena feierte ein munteres Häuflein Wiesbadener Fans auch eine Dreiviertelstunde nach Spielschluss noch den Aufstieg der eigenen Mannschaft in die zweite Liga. Von Seiten der Gastgeber war zu diesem Zeitpunkt dagegen nichts mehr zu hören, sondern nur noch etwas zu lesen. »Neuanfang auf allen Ebenen« forderte die Anhängerschaft der Arminia auf einem großen Transparent, das sie in einem anderen, inzwischen menschenleeren Winkel des Stadions aufgespannt hatte.

Ein unmissverständlicher Vorschlag, der Fabian Klos an das Frühjahr 2014 erinnerte. Damals war der baumlange Angreifer mit den Ostwestfalen zum ersten Mal in die dritte Liga abgestiegen, nun erlebte er gegen den SV Wehen Wiesbaden ein trauriges Déjà-vu. Nach dem 0:4 im Hinspiel in Hessen, bei der aufgebrachte Bielefelder für eine 20-minütige Spielunterbrechung gesorgt hatten, verlor die Arminia am Dienstagabend auch das zweite Relegationsduell, diesmal mit 1:2. Und Kapitän Klos wusste: »Ein paar Tage fühlt sich das jetzt richtig scheiße an. Aber als wir damals runter in die dritte Liga gegangen sind, haben wir das als Neuanfang genutzt, als Chance gesehen. Ich hoffe, dass wir die Möglichkeit dazu jetzt auch nutzen.«

Der 35-Jährige hatte zuvor selbst seine erste Torgelegenheit genutzt, um die Hausherren in Führung zu schießen – nach vier Minuten, und mit freundlicher Unterstützung des Wiesbadener Keepers Florian Stritzel. Die Zuschauer witterten plötzlich ein Wunder vom Teutoburger Wald – und nicht nur sie. »Die ersten 30 Minuten – das ist das, was Arminia Bielefeld sein kann. Und was Arminia Bielefeld irgendwann auch wieder sein wird, davon bin ich überzeugt«, betonte Klos. »Wir hatten in der ersten Halbzeit eine sehr große Möglichkeit, das Spiel richtig auf unsere Seite zu ziehen – und haben es hergeschenkt, mal wieder«, beklagte er jedoch.

Mit ihren fatalen Abwehrfehlern ermöglichten Andres Andrade und Frederik Jäkel den Gästen noch vor der Pause ihre beiden Treffer. Nutznießer war jeweils Stürmer Benedict Hollerbach, der kurz vor einem Wechsel zum 1. FC Köln stehen soll. »Das Interesse an ihm ist groß, auch an anderen unserer Spieler. Wir hoffen, dass wir den einen oder anderen halten können«, erklärte Geschäftsführer Nico Schäfer dazu. Aufstiegs-Coach Markus Kauczinski kommentierte die Situation nonchalant: »Wenn es so sein sollte, dass Spieler uns verlassen, müssen die anderen Vereine auch erst mal bezahlen. Dann haben wir ein bisschen Geld und schauen, was wir damit machen.«

Die Rückkehr in die zweite Liga gelang den entspannten Wiesbadenern nach drei Jahren in der Drittklassigkeit. Bei Relegationsgegner Bielefeld dagegen steht nun der von Fabian Klos anvisierte und von den Fans geforderte Neuanfang auf der Agenda. Anders als vor neun Jahren, als der Verein zwölf Monate zuvor gerade aufgestiegen war, fällt Arminias Absturz diesmal allerdings besonders heftig aus: Denn vor gut einem Jahr spielten die Bielefelder schließlich noch erstklassig – ehe es nun zum zweiten Mal in Folge eine Etage tiefer geht.

»Mit Sicherheit hat die Mannschaft an der sehr hohen Erwartungshaltung des direkten Wiederaufstiegs vom ersten Tag an zu knabbern gehabt«, analysierte Trainer Uwe Koschinat – angesichts einer ausgemachten Bruchlandung, die enorme organisatorische Konsequenzen nach sich zieht. Der Kaufmännische Geschäftsführer Christoph Wortmann spricht von einer »Herkulesaufgabe«. Weniger als vier Spieler haben demnach einen Vertrag für die dritte Liga. Den seit März unbesetzten Posten des Sport-Geschäftsführers übernimmt, das gab die Arminia am Mittwoch bekannt, der frühere Bundesligaprofi Michael Mutzel, zuletzt als Sportdirektor für den Hamburger SV tätig.

Publikumsliebling Klos, den die Fans nach dem bodenlosen Auftritt ihres Teams in Wiesbaden vor dem Rückspiel als einzigen nicht auspfiffen, hat bereits seinen Willen signalisiert, bei den sportlichen Reparaturarbeiten in der Drittklassigkeit mitzuhelfen. »Das ist mein Verein. Ich nehme mein Handy mit in den Urlaub, ich bin immer erreichbar«, teilte er den Klubverantwortlichen mit. Und wie im Fall von Klos, seit 2011 bei der Arminia, könnte es auch für Koschinat im aktuellen Job weitergehen. Der gebürtige Koblenzer, in der frisch beendeten Saison als dritter Cheftrainer nach Uli Forte und Daniel Scherning seit drei Monaten im Amt, musste mit seinem Team zuletzt zwar heftige Nackenschläge wie in Wiesbaden und beim 0:4 am letzten Spieltag in Magdeburg einstecken. Alles in allem geht es unter seiner Leitung sportlich aber in die richtige Richtung.

»Der Deal war klar: Wenn du Arminia Bielefeld rettest, hast du die Ehre, noch ein weiteres Jahr hier zu arbeiten«, erläuterte der Trainer die Vertragslage. Er selbst wolle sich deshalb nicht aufdrängen, betonte der 51-Jährige, ließ seinerseits aber klare Bereitschaft erkennen, die Zusammenarbeit fortzusetzen. »Das hier«, sagte Koschinat, »ist ein fantastischer Verein, der jetzt sehr, sehr hart gefallen ist.« Und bei dem es dementsprechend sehr, sehr viel zu tun gibt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -