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Saubere Oder ohne Wenn und Aber
Umweltverbände klagen gegen zu zögerlichen Bewirtschaftungsplan des Landes für den Fluss
Eigentlich sollte die Oder längst sauber und gesund sein. Schließlich gilt die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union bereits seit 2002 – und die schreibt einen mindestens guten Zustand aller Flüsse und Seen sowie des Grundwassers vor. Durch zweimalige Fristverlängerung ist noch ein bisschen Zeit, das gesteckte Ziel zu erreichen. Viel Zeit allerdings nicht. Spätestens 2027 müssten alle Gewässer und damit auch der Fluss an der polnischen Grenze so sein, wie von der Richtlinie gefordert.
Das brandenburgische Umweltressort hat für die Oder einen Bewirtschaftungs- und einen Maßnahmeplan erstellt. Das rechnet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) dem Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hoch an. Immerhin seien dessen Amtsvorgänger gänzlich untätig geblieben, erinnert der BUND-Vizelandesvorsitzende Thomas Volpers am Montag. Aber was sich Vogels Ressort da vorgenommen habe, sei »völlig unzureichend«. Der Zustand der Oder sei schlecht. »Das ist spätestens seit dem Fischsterben letztes Jahr kein Geheimnis mehr.« Die geplanten Maßnahmen sind nach Darstellung etlicher Umweltverbände nicht geeignet, einen guten Zustand der Oder bis 2027 zu erreichen. Stattdessen würde dieses Ziel erst zwischen 2034 und 2039 erreicht werden.
Das wollen die Umweltorganisationen so nicht hinnehmen. Sie haben exemplarisch Klage gegen den Bewirtschaftungsplan eingereicht. Nicht etwa, um den Plan komplett zu kippen, wie Rechtsanwältin Franziska Heß versichert. Man wolle stattdessen Nachbesserungen. Ende Dezember sei die Klage beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht worden. Im Februar habe man die 240 Seiten umfassende Begründung nachgeliefert. Nun warte das Gericht auf die Erwiderung des Umweltministeriums.
Nur 40 Prozent der beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität sollen bis 2027 angegangen werden, bedauert Heß. Da sei ja klar, dass dies nicht ausreichen werde, um in der definierten Frist ans Ziel zu gelangen. Das betreffe allerdings nicht allein die Oder. Kein einziges Gewässer in Brandenburg werde ohne eine Kursänderung bis 2027 in einem guten Zustand sein.
Bis alle so weit sind, würde es bis 2045 dauern, so Heß. Sie moniert, es sei nicht ordnungsgemäß begründet, warum einzelne Maßnahmen erst so spät in Angriff genommen werden sollen. Für die Anwältin erschließt sich beispielsweise nicht, warum noch 22 Jahre damit gewartet werden solle, Randstreifen auszuweisen und damit das Einsickern von Chemikalien aus der Landwirtschaft in den Fluss zu minimieren.
Begründet werde das zögerliche Herangehen in Brandenburg mit einem Mangel an Personal und Geld. Was es kosten würde, sich des Problems viel energischer anzunehmen, haben die Umweltverbände nicht überschlagen, sagt Anwältin Heß. Doch auch im Bewirtschaftungsplan finden sich ihr zufolge keine Summen.
Nach Ansicht von Tobias Schäfer müsste allerdings nicht unbedingt zusätzlich Geld ausgegeben werden. Man könnte gegenläufige Subventionen abbauen und so noch Geld sparen, meint der Wasserschutzreferent der Naturschutzorganisation WWF. »Es geht auch um falsch ausgegebenes Geld«, ergänzt Schäfer.
So wird etwa, wie BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat in Erinnerung ruft, der Braunkohletagebau in der Lausitz vom Staat noch immer finanziell gefördert. Der Tagebau ist aber eine Belastung für das Wasser. Hier lauten die Stichworte Eisenhydroxid (führt zu einer Braunfärbung) und Sulfat (führt zu einer Versalzung). Davon sind insbesondere die Spree und damit auch die Berliner Wasserbetriebe betroffen, aber auch die Wasserwirtschaft von Frankfurt (Oder).
Verrückt klingt in den Ohren von WWF-Referent Schäfer, dass der vorgesehene und auf polnischer Seite auch schon angegangene Ausbau der Oder nicht Gegenstand des Bewirtschaftungsplans sei. »Das ist verwirrend, das ist sogar widersinnig«, findet er. »Das wollen wir geklärt haben.« Schließlich würde ein Ausbau des Grenzflusses für die Binnenschifffahrt die Selbstreinigungskraft der Oder beeinträchtigen.
Brandenburg sei kein Einzelfall, betont Sabrina Schulz von der Deutschen Umwelthilfe. Ihre Organisation unterstützt nicht nur die Klage in Brandenburg, sondern geht selbst in ähnlicher Angelegenheit juristisch gegen die Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vor. Die Umweltverbände sehen auch den Bund in der Pflicht, zumal wenn es sich um Bundeswasserstraßen handelt.
Das Umweltministerium wollte sich am Montag zu einem laufenden Gerichtsverfahren nicht im Detail äußern. Das Ministerium versicherte aber: »Brandenburg arbeitet abgestimmt mit der Vorgehensweise aller Bundesländer daran, die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen."
Derweil schlägt sich die Bürgerinitiative »Save Oder die« (Retten oder Sterben) mit Falschinformationen herum, die in der Bevölkerung kursieren. Wie Sprecher Holger Seyfarth berichtet, werde etwa behauptet, dass Naturschutz an der Oder weniger Schutz vor Hochwasser bedeuten würde. Nach der verheerenden Flut von 1997 löst das Ängste aus. Die Initiative gründete sich nach dem Fischsterben im Sommer 2022.
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