Bautzener Baufirma klagt gegen VVN-BdA

Streichungen in Publikation zu Unternehmen und rechter Szene in Ostsachsen gefordert

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Chef der Bautzener Baufirma Hentschke polarisiert die Stadtgesellschaft
Der Chef der Bautzener Baufirma Hentschke polarisiert die Stadtgesellschaft

»Vernetzt und etabliert« ist eine Publikation überschrieben, die das Else-Frenkel-Brunswick-Institut für Demokratieforschung (EFBI) an der Universität Leipzig Anfang 2023 veröffentlichte. In dem Papier wird auf 18 Seiten über »unternehmerisches Engagement für die extreme Rechte in Ostsachsen« informiert. Das Material stammt von einem antifaschistischen Recherchekollektiv namens »15°«. Dessen Träger ist der Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in Sachsen. Sowohl für diesen als auch für das EFBI hat die Publikation jetzt juristische Folgen. Eines der darin benannten Unternehmen und sein Chef fordern, dass einzelne Passagen nicht mehr veröffentlicht werden.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Es geht um den Bautzener Traditionsbetrieb Hentschke-Bau und dessen Hauptgeschäftsführer Jörg Drews. Letzterer sei auch »politisch aktiv und prägt die politische Kultur in Bautzen«, heißt es in dem Papier. So unterstütze er »alternative Medien«, darunter einen lokalen TV-Sender, der Aktivisten der Identitären Bewegung, Reichsbürger, AfD-Größen und rechte Publizisten wie den »Compact«-Herausgeber Jürgen Elsässer zu Interviews einlud. Erwähnt wird auch eine Spende von 19 500 Euro an die AfD im Bundestagswahlkampf 2017. In dem Report wird über Drews angemerkt, eine »Distanzierung von seiner unternehmerischen finanziellen Unterstützung rechter Meinungsmacher*innen, von den Ausschreitungen in Bautzen gegen Geflüchtete und von den rassistischen Ressentiments in der Stadt findet sich nicht«. Das »extrem rechte politische Engagement« spiegele sich auch im Unternehmen wider. Unter Verweis auf einen anonymen Hinweisgeber wird auf rechtsradikale Äußerungen bei Gesprächen in einem Pausenraum der Firma verwiesen.

Drews und Hentschke-Bau gehen gerichtlich gegen diese Äußerungen vor. Diese enthielten »zahlreiche unwahre Tatsachenbehauptungen und rechtswidrige Äußerungen« und seien »unvollständig, einseitig und falsch«, zitiert die »Sächsische Zeitung« einen Sprecher. Drews sehe sich als konservativen Demokraten mit einer Basis im Parteiprogramm der CDU aus dem Jahr 2002. Das Unternehmen habe wiederholt auch an die CDU gespendet; die Überweisung an die AfD sei zu einer Zeit erfolgt, als sich diese vor allem »gegen die gemeinsame Verschuldung der EU-Staaten wandte«.

Das EFBI bestätigt die Klage. Sie sei Ende April beim Verwaltungsgericht Leipzig eingereicht worden. Man werde sich damit auseinandersetzen, könne aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr sagen, teilte Universitätssprecher Carsten Heckmann mit. Er fügte an: »Klar ist aber: Das EFBI steht nach wie vor zu den Inhalten des Policy Papers.« Auch der VVN-BdA betont, man identifiziere sich weiter mit den Inhalten des Papiers. Es war auch auf dem Blog von 15° veröffentlicht worden. In der Klage des Unternehmens und von Drews gegen den NS-Opferverband, die am Landgericht Dresden verhandelt wird, geht es unter anderem um die Frage, ob es sich bei dem Text auf dem Blog um eine journalistische Publikation handelt, Verdachtsberichterstattung zulässig ist und Quellen anonym behandelt werden dürfen. Einen Termin für eine Verhandlung gibt es noch nicht. Man richte sich auf ein langwieriges Verfahren ein, das womöglich mit hohen Kosten verbunden sei, sagte Silvio Lang, der Landesvorsitzende des VVN-BdA. Er kündigte an, der Verband werde um Spenden für die juristische Auseinandersetzung bitten.

Drews gehört seit längerem zu den markantesten Figuren der Bautzener Lokalpolitik. Er sitzt für das Bürgerbündnis Bautzen im Stadtrat. Der Chef einer Firma, die 700 Beschäftigte hat und ein wichtiger Steuerzahler in der Stadt ist, präsentiert sich gern als sozial engagierter Wohltäter, der etwa den lokalen Fußballverein maßgeblich unterstützt. Die Art und Weise, wie er sich politisch äußert, stößt aber immer wieder auf Kritik, etwa in einem offenen Brief, den sechs Enkel des Firmengründers Ernst-Hans Hentschke im Februar 2019 schrieben. Darin heißt es, Drews sei »zur Leitfigur einer Bewegung geworden, die die Bevölkerung polarisiert«, und das unter der Flagge einer Firma, deren Namensgeber seine Töchter einst »zu Weltoffenheit und Toleranz« erzogen habe. Auch in dem Brief wird auf Drews’ Unterstützung für Publikationen verwiesen, die »unter anderem verbreiten, es gebe keine Demokratie und Medien seien nur Propagandainstrumente«. Derlei Engagement führt dazu, dass der Firmenchef nicht nur vom Recherchekollektiv 15° zumindest als Unterstützer der rechten Szene wahrgenommen wird. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Brandanschläge auf Baufahrzeuge der Firma, bei denen die Ermittler von politischen Motiven ausgingen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.