Die Baggerseen sollen kleiner werden

Lausitzer Umweltbündnis ruft zu Demonstration am Tagebau Welzow und drängt auf Kohleausstieg noch vor dem Jahr 2030

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

In Berlin und Brandenburg könnte das Wasser knapp werden – sogar »empfindlich knapp«, wie es in einer kürzlich vorgelegten Studie des Umweltbundesamtes (UBA) heißt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zu diesen gehört neben dem Klimawandel, der im Südosten der Republik im Sommer deutlich weniger Regen fallen lässt und schon in zurückliegenden Jahren zum Austrocknen von Flüssen führte, auch der Ausstieg aus der Braunkohleförderung. Dadurch gelangt weniger Treibhausgas in die Atmosphäre. Gleichzeitig werden aber auch nach und nach die Pumpen abgestellt, die bisher das Grundwasser rund um die Gruben absenkten. Dieses war zuletzt teils für die Hälfte der Wassermenge in der Spree verantwortlich – und wird künftig fehlen.

Das vom UBA gezeichnete düstere Szenario führt bei manchen dazu, dass sie die unerquicklichen Entwicklungen lieber noch ein wenig in die Zukunft verlagern und den Kohleausstieg verschieben wollen, wie es an diesem Donnerstag der SPD-Abgeordnete Wolfgang Roick in einer Debatte im Landtag Brandenburg forderte. Louise Hummel-Schröder ist gegensätzlicher Meinung: Ein fortlaufender Kohleabbau »verschlimmert die aktuelle und dauerhafte Wasserknappheit in der Lausitz jeden Tag«, sagt die Sprecherin von »Parents for Future Dresden«.

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Die Initiative ist Teil eines Bündnisses, das für kommenden Sonntag zu einer großen Demonstration an den Tagebau Welzow im Süden von Brandenburg mobilisiert und in dem außerdem zum Beispiel die Landesverbände des BUND in Sachsen und Brandenburg, die Grüne Liga, Greenpeace und das Bündnis »Alle Dörfer bleiben« mitwirken. Zentrale Forderung ist ein Kohleausstieg, der mit dem Ziel vereinbar ist, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dafür dürften in der Lausitz nicht mehr als weitere 205 Millionen Tonnen Kohle verfeuert werden, sagt Ladina Soubeyrand von Fridays for Future Senftenberg. Selbst ein auf das Jahr 2030 vorgezogener Kohleausstieg, wie ihn die Berliner Ampel-Koalition ins Spiel gebracht hat, reiche dafür nicht aus.

Die Forderung hatte das Bündnis bereits bei einer Demonstration Anfang Mai am Tagebau Nochten artikuliert, an der rund 1000 Menschen teilgenommen hatten. Die jetzige Protestveranstaltung stellt das Thema Wasser in den Mittelpunkt. Die damit verbundenen Probleme hätten sich in der Lausitz »dramatisch verschärft«, sagt Louise Hummel-Schröder. Das belegen die Wasserstände vor einem Jahr. Im Juni 2022 führten Spree und Neiße weniger als die Hälfte, mancherorts nur ein Fünftel der üblichen Wassermenge, die Schwarze Elster ein Drittel und stellenweise gar nichts.

Unter anderem verlangt das Bündnis, die Tagebauseen zu verkleinern, die nach bisherigen Plänen durch die Flutung der Restlöcher entstehen würden. Dazu gehört auch der Ostsee bei Cottbus, der mit 19 Quadratkilometern Fläche zum größten künstlichen See Deutschlands werden soll. Allein für dessen Flutung werden 256 Millionen Kubikmeter Wasser benötigt. Woher das kommen soll, ist angesichts fortgesetzter Dürrejahre völlig unklar. Über den riesigen Wasserflächen kommt es zudem zu starker Verdunstung, was das Wasserdefizit weiter verschärfen würde. Insgesamt beziffert die Grüne Liga das durch den Bergbau aufgelaufene Grundwasserdefizit auf 6 Milliarden Kubikmeter.

Klimaschützer fordern vom Lausitzer Tagebaubetreiber Leag angesichts dessen, seine Planungen anzupassen. Es gelte, zu große Restseen zu vermeiden, auch wenn die Flutung der Restlöcher »für das Unternehmen zu den günstigsten Wegen der Renaturierung gehört«, sagt Louise Hummel-Schröder. Sie fordert, das Bergbauunternehmen auch an den Kosten für die Stabilisierung des Wasserhaushalts zu beteiligen. Dessen Störung gehöre neben den Klimaschäden »zum wahren Preis der Kohle dazu«, sagt sie.

Die erforderlichen Summen dürften enorm sein. Als der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) sich vor einem Jahr bei der Leag zu dem Thema informierte, bezifferte er die Kosten für die Wiederherstellung eines »sich weitgehend natürlich regulierenden Systems« auf sagenhafte 10 Milliarden Euro, was, wie er anfügte, »einen Landeshaushalt sprengt«. Er sah daher den Bund in der Pflicht, in dessen Zuständigkeit die Folgen des Kohlebergbaus fallen. In den bisher vom Bund für den Strukturwandel bereitgestellten 40 Milliarden Euro sei kein Geld für das Wasserproblem enthalten.

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