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Film »Elemental«: Wie Feuer und Wasser
Der neue Pixar-Film »Elemental« erzählt bildgewaltig von Migration, Rassismus und Generationenkonflikten
In der Animationssparte des Disney-Konzerns kriselt es gerade. Im vergangenen Jahr floppten mit »Strange World« und »Lightyear« gleich zwei Animationsfilme der Marke an der Kinokasse. Und auch die Realverfilmung des Animationsklassikers »Arielle«, die wie schon andere Echtfilm-Adaptionen früherer Disney-Zeichentrickfilme durchaus erfolgreich ist, bleibt letztlich hinter den finanziellen Erwartungen zurück. Nun soll die neueste Pixar-Produktion »Elemental« dem Konzern das für dieses Jahr anvisierte Post-Corona-Geschäft sichern, nachdem die Lichtspielhäuser wieder zur Normalität zurückgekehrt sind.
»Elemental« ist wie schon andere Produktionen des Pixar-Studios, das mittlerweile mit seinem 27. Spielfilm aufwartet, ein überaus ambitioniertes Projekt. Sieben Jahre hat die komplette Entwicklung dieses fantastischen Abenteuers gedauert, angesiedelt in einer opulenten Science-Fiction-Großstadtwelt, die ganz deutlich New York nachempfunden ist. In dem Film geht es um die bei Pixar regelmäßig verhandelten sozialpolitischen Themen Migration, soziale Ausschlüsse und Generationenkonflikte. Zugleich ist »Elemental« aber auch eine fast schon altbacken daherkommende, romantisch inszenierte heteronormative Liebesgeschichte. Es entsteht der Eindruck, als wolle Disney diesen Sommer bei aller Sozialkritik dann doch mit seinen Narrativen nicht zu progressiv werden und auf Nummer sicher gehen.
Aber bildästhetisch hat der Film wirklich einiges zu bieten. In der bunt-schillernden Metropole voller in den Himmel schießender Hochhäuser, gigantischer Brücken und über Wasserstraßen führender Bahnlinien leben anthropomorphe Wesen der verschiedenen – titelgebenden – Elemente, nämlich Wasser, Feuer, Luft und Erde. Im Zentrum der Geschichte steht die junge Feuerfrau Ember Lumen, die mit ihrer einen Laden betreibenden Familie im eher heruntergekommenen Viertel Feuerstadt lebt. Regisseur Peter Sohn, der in den vergangenen 20 Jahren bei zahlreichen Pixar-Produktionen beteiligt war, verarbeitet hier seine eigenen Jugenderlebnisse als Kind koreanischer Migranten in der Bronx der 80er Jahre. Ember soll den Laden ihrer die Tradition aus der alten Heimat Feuerland hochhaltenden Eltern übernehmen. Nur will sie das wirklich? Plötzlich tritt das männliche Wasserwesen Wade Ripple in ihr Leben. Ripple arbeitet für die Stadtverwaltung und droht, den Laden der Eltern wegen Baumängeln zu schließen. Ember interveniert und hat plötzlich mit der in der Innenstadt jenseits des großen Flusses arbeitenden Stadtverwaltung zu kämpfen. Dabei kommen sich die beiden jungen, so unterschiedlichen Wesen Ember und Wade näher, die als Feuer und Wasser einander nicht einmal berühren können.
»Elemental« wird vor allem aus der Perspektive der starken weiblichen Figur Ember erzählt. Die ist hin- und hergerissen zwischen den Möglichkeiten, die ihr die schillernde Metropole bietet und den Zwängen ihres auf Tradition beruhenden Familienlebens. Im Gegensatz zu Ember hat der liebenswerte und tollpatschige Wade eine liberale Familie, die sich Offenheit gegenüber anderen Elementen auf die Fahne schreibt, während Ember ihren Freund vor den Eltern verheimlichen muss. Als Wade seine Freundin ermuntert, auf die Tradition zu pfeifen, genauso wie das ein der Mittelschicht angehörender weißer Mann ohne Migrationshintergrund mit seiner liberalen Weltsicht und einer ökonomisch abgesicherten Position kann, kommt es zum heftigen Streit zwischen den Verliebten. Ember haut ihrem Freund seine mangelnde Sensibilität gegenüber ihrer migrantischen Klassenposition gehörig um die Ohren. An dieser Stelle entwickelt der sonst etwas zu romantisch geratene Film sozialkritisches Potenzial. Wobei »Elemental« vor allem auch von dem beeindruckenden komplexen World Building und den fantastischen Fähigkeiten der Elementewesen lebt. Egal ob es die Basketballspiele der wolkenartigen Luftwesen sind, die Feuerwesen, die Holzstücke in glühende Kohlensnacks verwandeln; egal, ob es Ember ist, die Glas schmelzen und umformen kann, oder Wade, der als verliebte Welle durch einen städtischen See jagt.
»Elemental« steckt voller witziger, inspirierter und überraschender Ideen, in denen die Großstadt mit ihren sozialen Unterschieden, den verwahrlosten Ecken, der kaputten Infrastruktur und den glänzenden Hochhäusern als riesiges urbanes Universum aufgefächert wird. Es geht um Migrationsgeschichten, um den Umgang mit rassistischer Ausgrenzung, um die Versuche, scheinbar unversöhnliche Welten miteinander in Verbindung zu bringen und Loyalität zu leben, ohne sich dabei zu verleugnen. Insofern blendet der Film die Kehrseite der großen strahlenden Metropole nicht aus, sondern macht sie zum eigentlichen Gegenstand seiner Erzählung. Unterm Strich ist der trotz aller Konflikte versöhnlich gehaltene und in der Auflösung fast zu harmonische Film ganz im Stile Pixars ein Plädoyer für praktisch gelebte und offensiv ausgehandelte Diversität. Dabei spielen Klassenunterschiede ebenso wie identitätspolitische Auseinandersetzungen und Zugehörigkeiten eine wichtige Rolle und werden dabei so inszeniert, dass auch das junge Publikum sie verstehen kann.
»Elemental«, im Kino
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