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Spreewaldkahn und Kachelofen sind Kulturerbe
Zwei von 13 neuen Eintragungen ins Bundesverzeichnis kommen aus Brandenburg
Was die venezianische Gondel kann, das kann der Spreewaldkahn nun ebenfalls: ein anerkanntes Kulturgut sein. Am Dienstag wurden »Der Bau und die Nutzung des Spreewaldkahns« aufgenommen in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Eine solche Anerkennung verkündete Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) daneben am Donnerstag auch für das Veltner »Netzwerk Kachelofenbau«. Von insgesamt 13 Neueintragungen in diese Liste stammen diese beiden aus Brandenburg.
Im Potsdamer Historischen Kutschstall, der zu DDR-Zeiten als Fruchthof diente und inzwischen ausgebaut ist zum Veranstaltungsort, fand ein Festakt zur Auszeichnung als Immaterielles Kulturerbe statt. Eine Eintragung bedeute ein Mehr an Aufmerksamkeit, Selbstbewusstsein, Tourismus und Arbeitsplätzen, zeigte sich Ministerin Schüle sicher. Schon länger verzeichnet sind ihr zufolge unter anderem das Brauchtum der Sorben und das mundgeblasene Glas aus Baruth.
Mit den Neuaufnahmen setzt sich die Reihe der Kulturgüter fort, die ihre größte Zeit allerdings schon hinter sich haben und vorderhand Gegenstand von Museen sind. Für den Spreewaldkahn, der natürlich etwas sehr Materielles darstellt, gilt das zwar nicht gerade im Augenblick, aber vielleicht perspektivisch. Denn wenn alles so kommt wie geplant und der Braunkohleausstieg spätestens 2038 in der Lausitz vollzogen ist, dann wird die Spree kaum noch Wasser führen und der Spreewaldkahn – sei er Kulturgut oder nicht – auf dem Trockenen sitzen. Die Spree wird derzeit nicht unerheblich durch Grundwasser gespeist, das wegen des Braunkohletagebaus abgepumpt wird.
»Ohne den Rohstoff Holz, ohne Handwerker und ohne Wasser – was wird aus dem Spreewaldkahn?« Das fragte mahnend Melanie Kossatz, Geschäftsführerin des Spreewaldvereins. Auch wenn der Gebrauch des Kahns derzeit noch »floriert«. Er ist eine Touristenattraktion. Es seien mehrere Bedingungen zu erfüllen, um diesem speziellen Holzboot »eine Perspektive zu geben«. Auch die Weitergabe der Fähigkeit, solche Kähne zu bauen, ist nicht mehr selbstverständlich. Einst war der Spreewaldkahn praktisch und lebensnotwendig für die Bauern und andere Menschen im Spreewald. Er repräsentiere wie wenig anderes eine »regional verankerte Gefühlswelt«, so Kossatz.
Das zweite Objekt der Anerkennung als Kulturgut ist auf den ersten Blick eines von gestern. Das sah Nicole Seydewitz naturgemäß anders, die bei der Auszeichnung in Potsdam den Museumsstandort Velten und das »Netzwerk Kachelofenbau« vertrat. Denn während bis vor einigen Jahrzehnten der Kachelofen noch die häufigste Form darstellte, die Wohnung im Winter zu heizen, so hat er sich seither eher rar gemacht. Man komme nun vom Wasser zum Feuer, spielte Seydewitz auf ihre Vorrednerin von der Spree an. Der Ofen spiele in der Volkstumsgeschichte eine überragende Rolle mit seiner gesunden Strahlwärme und dem Bratapfelgeruch, den vielleicht dieser oder jener noch in der Nase habe. »Der gute Ton« sei es gewesen, der aus dem Angerdörfchen Velten binnen weniger Jahrzehnte eine Industriestadt mit 36 Kachelbetrieben gemacht hatte. Mit dem Ton ist hier der Rohstoff zum Brennen der Ofenkacheln gemeint. Der Ofen ziert heute noch das Stadtwappen von Velten bei Berlin. »Ohne die Veltner Ofenkachel hätte zumindest Berlin gefroren«, erinnerte Seydewitz.
Zu DDR-Zeiten waren die vielen kleinen Betriebe in zwei sehr große volkseigene Betriebe zusammengeschlossen, die Ofenkachel wurde millionenfach gebraucht und in der Ofenstadt Velten produziert. Den »guten Ton« nutzte auch die Keramikerin Hedwig Bollhagen im benachbarten Marwitz für ihre Erzeugnisse.
Ganz aus ist es mit dem Kachelofen noch nicht. Im besten Falle werde er seinen bewährten Platz als sozialer Mittelpunkt des Heims zurückerobern, meinte Seydewitz.
Christoph Wulf, Vizepräsident der deutschen Unesco-Kommission, schilderte den Wandel in der Betrachtung dessen, was als Kulturerbe anzusehen sei. Traditionell hätten bedeutende Bauten der Vergangenheit dort ihren Platz gefunden, die Akropolis in Athen und die Inka-Stadt Matchu Picchu in Peru etwa. Doch aus Afrika und Asien habe es geheißen: »Wir haben unsere Tänze, unsere Bräuche, unser Lebensgefühl.«
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