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Lage in Frankreich weiter angespannt

Großaufgebot der Polizei geht in Paris und anderen Städten gegen gewalttätige Proteste vor

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Wegen der nach dem Tod eines Jugendlichen durch Polizeigewalt anhaltenden landesweiten Unruhen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seinen geplanten Staatsbesuch in Deutschland abgesagt. Dieser sollte Sonntagabend beginnen. In Nanterre bei Paris nahm am Samstagnachmittag eine große Menschenmenge in der Ibn-Badis-Moschee und dann auf dem muslimischen Grabfeld des Friedhofs Mont-Valérien an der Beisetzung des 17-jährigen Nahel M. teil, der von einem Polizisten erschossen worden war. Politiker und die Medien waren aufgefordert worden, der Beisetzung fernzubleiben.

In der Nacht zum Sonntag war ein Rückgang der Gewalt zu beobachten. Es wurden 719 Plünderer und Brandstifter verhaftet, während es in der Nacht zuvor mehr als 1300 waren. Auch die Zahl der Brandstiftungen und Plünderungen ging deutlich zurück. Die schwersten Ausschreitungen gab es in Marseille, gefolgt von Lyon, Straßburg und Nizza. In Paris konnte die Polizei durch massive Präsenz auf den Champs-Elysées, den Großen Boulevards und anderen besonders gefährdeten Orten ein neues Aufflammen der Unruhen verhindern. Insgesamt setzte das Innenministerium 45 000 Polizisten und Gendarmen ein. In zahlreichen Städten des Landes wurde vorbeugend der öffentliche Personennahverkehr über Nacht eingestellt. Vielerorts haben die Bürgermeister eine nächtliche Ausgangssperre für Jugendliche oder sogar für alle Bürger verhängt.

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Beobachter sind uneins, was die Gründe für die Beruhigung sind. Ist es ein Ergebnis des massiven Polizeieinsatzes und der Schnellverfahren gegen Randalierer, wie Innenminister Gérald Darmanin glaubt? Hatten die Appelle an Eltern, ihre Kinder zu Hause zu behalten, Erfolg? Immerhin waren ein Drittel der Verhafteten jünger als 18 Jahre und viele sogar erst 12. Möglich ist auch, dass die Beruhigung nur vorübergehend ist.

Klar ist, dass die Ehrung von Nahel M. und die politischen Forderungen schnell in einen Wettbewerb des Vandalismus ausgeartet sind. Doch dadurch verlor die anfängliche Bewegung der Wut schnell ihre Unterstützung unter den Bewohnern der Arbeiterviertel. Dies umso mehr, als hier vielen Menschen durch Brandstiftung das Auto zerstört wurde, auf das sie für ihren Arbeitsweg angewiesen sind.

Am Samstagabend sitzen im Zentrum von Nanterre einige Fahrer des nahen Busdepots im einzigen geöffneten Bistro zusammen. Farid erinnert sich noch an die Unruhen, die 2005 drei Wochen anhielten und die durch den Tod von zwei auf der Flucht vor der Polizei befindlichen Jugendlichen, Zyed Benna und Bouna Traoré, ausgelöst worden waren. »Damals wurden keine Geschäfte gestürmt und geplündert oder Rathäuser und Schulen in Brand gesteckt«, betont Farid. Er versteht aber auch die Jugendlichen von heute. »Sie werden tagtäglich unzählige Male durch die Polizei willkürlich kontrolliert und schikaniert.« Viele Polizisten seien Rassisten, ist er überzeugt. »Dieser Beruf zieht rechtsextreme Leute an.«

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