Berlin: Wärmenetz in Bürgerhand?

Initiativen fordern Vattenfall auf, Netz an das Land Berlin abzutreten, um die ökologische Wende zu ermöglichen.

Ein Bündnis aus mehreren Umwelt- und Sozialvereinen fordert den schwedischen Staatskonzern Vattenfall erneut zum Verkauf seines Fernwärmenetzes an das Land Berlin auf. »Wir sind davon überzeugt, dass den Bürgerinnen und Bürgern ein Recht auf die zuverlässige ökologisch nachhaltige Versorgung mit ausreichend Wärme zu sozial gerechten Bedingungen zugestanden und garantiert werden muss«, heißt es in einem Schreiben an die schwedische Regierung, den unter anderem der Berliner Energietisch, das Bürgerbegehren Klimaschutz und die Naturfreunde Berlin unterzeichnet haben. »Das kann nur durch eine öffentliche Fernwärmeversorgung gewährleistet werden«, schlußfolgern die Initiativen.

Der Brief wurde am Mittwochvormittag bei einer Kundgebung vor der schwedischen Botschaft übergeben. »Aufgrund der gemeinsamen Verpflichtung der EU-Mitgliedsländer Schweden und Deutschland zum Klimaschutz und zu sozialer Kohäsion sehen wir Ihre Regierung gefordert, den Verkauf des Fernwärmesystems an das Land Berlin zu ermöglichen«, begründen die Initiativen, warum sie sich an die schwedische Regierung und nicht an Vattenfall selbst gewandt haben. Auf teilweise zweisprachig in Deutsch und Schwedisch beschrifteten Protestplakaten forderten Demonstranten: »Keine faulen Deals mit Vattenfall und Gasag!« Eine Petition mit ähnlichen Appellen erreichte 15 200 Unterschriften.

Vattenfall hatte im Mai 2022 verkündet, sich von fossilen Energieträgern zu verabschieden und sein Geschäft mit Fernwärme in Berlin auf den Prüfstand zu stellen. Der damalige Senat hatte daraufhin sein Kaufinteresse bekundet und beteiligte sich am Bieterverfahren, das Vattenfall Anfang Dezember begonnen hatte. An dessen Ende soll entschieden werden, ob das Wärmegeschäft mit 1,3 Millionen Haushaltskunden verkauft werden soll. Eine Entscheidung dazu wird im Verlauf des Jahres erwartet. Welche Bieter neben dem Senat noch an dem Verfahren beteiligt sind, ist nicht öffentlich bekannt. Zurzeit wird noch ein Großteil der Fernwärmeversorgung durch Kohle und Gas gedeckt.

»Derzeit finden Gespräche über Angebote mehrerer Bieter statt«, teilte Vattenfall am Mittwoch mit. Die den Brief unterzeichnenden Vereine warnen vor einem Verkauf an Bieter, »deren profitorientierte Interessen nicht mit einer kosteneffektiven und klimaneutralen Umstellung der Fernwärmeversorgung einhergehen«. Daher dürfe das Netz auf keinen Fall von Finanzinvestoren oder Pensionsfond verwaltet werden, so die Initiativen in dem Brief. Dabei habe Vattenfall ursprünglich angekündigt, nur an einen Bieter verkaufen zu wollen, der den begonnenen Umbau mit dem Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 fortführen wolle. mit dpa

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.