- Berlin
- Jahresbericht
Rekordbelastung der Berliner Feuerwehr
Doppelt so oft wie vor 20 Jahren wird in Berlin die Feuerwehr gerufen, zeigen die Zahlen für 2022
Es ist ein Rekord bei den Einsatzzahlen. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Berliner Feuerwehr mehr als eine halbe Million Einsätze in einem Jahr wegen Not- und Krankheitsfällen sowie Bränden absolviert. 2022 gab es 528 895 davon, wie am Montag mitgeteilt wurde. Das war ein Anstieg von 7,5 Prozent oder rund 35 000 Einsätze mehr als 2021. »Das bedeutet: jede Minute ein Einsatz«, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei der Vorstellung der Jahresstatistik.
Seit vielen Jahren werden vor allem die Rettungswagen und Sanitäter der Feuerwehr immer öfter gerufen, was diese an ihre Grenzen bringt. Gründe sind die älter werdende Gesellschaft mit mehr kranken Menschen, aber auch die oft unnötige Alarmierung über den Notruf 112, obwohl es nur um kleine Verletzungen oder Krankheiten geht. Spranger appellierte: »Halten Sie die Notfall-Nummer für echte Notrufe frei.«
Immer öfter musste die Feuerwehr den Ausnahmezustand ausrufen, weil mehr Alarme kamen, als gerade Rettungswagen frei waren. Im Rettungsdienst verdoppelte sich die Zahl der Alarmierungen in den vergangenen 20 Jahren von rund 255 000 auf zuletzt über 500 000. Die Zeiten bis zum Eintreffen stiegen seit 2017 von 9,6 Minuten auf 11,1 Minuten. Feuerwehrchef Karsten Homrighausen sprach von einem »ganz besonders krisenhaften Jahr«. Der Rettungsdienst sei »in dieser Form nicht zukunftsfähig«.
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Mit mehr Werbung, Personalgewinnung und Ausbildung will die Feuerwehr Entlastung schaffen. Seit Sommer 2022 seien auch immer mehr leichte Krankheitsfälle an die Kassenärztliche Vereinigung zur Behandlung abgegeben worden – statt Rettungswagen loszuschicken.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, forderte eine »strukturelle Neuaufstellung« der Feuerwehr: »Beim Einsatz von Telenotärzt*innen, von Notfall-Krankentransporten und der stärkeren Unterscheidung zwischen eilbedürftigen und nicht eilbedürftigen Einsätzen, wie wir sie bereits letztes Jahr gefordert haben, ist die Innenverwaltung keinen Schritt weiter.« Dass im neuen Haushalt nicht ausreichende Mittel für die Feuerwehr eingeplant seien, zeige, dass der Senat den Ernst der Lage nicht verstanden habe. »Auf lange Sicht gefährdet Senatorin Spranger damit die Sicherheit der Berliner*innen in medizinischen Notfällen«, erklärte der Abgeordnete.
Die Löscharbeiten bei dem großen Waldbrand des Sprengplatzes im Grunewald im August 2022 waren mit rund 27 Tagen oder 662 Stunden der längste Einsatz der Feuerwehr seit dem Zweiten Weltkrieg. 716 Feuerwehrleute waren dabei. Wegen der Klimaerwärmung rechnet die Feuerwehr mit steigenden Zahlen bei den wetterbedingten Notfällen. dpa/nd
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