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Wie die ÖVP in Niederösterreich zur AfD wird
Natascha Strobl über den Rechtsschwenk der Konservativen in Niederösterreich
Niederösterreich ist das flächenmäßig größte Bundesland Österreichs. Politisch ist es sowas wie Bayern. Eigentlich gibt es seit der Erschaffung der Welt eine klare absolute Mehrheit der Konservativen, also der ÖVP. Dementsprechend mächtig und machtbewusst ist die niederösterreichische ÖVP. Ohne sie geht gar nichts, nicht in der Republik und schon gar nicht im Bundesland. Es wird alles versucht, um alle anderen von der Macht wegzuhalten. Soweit, so üblich.
Bei den Wahlen Anfang des Jahres ist aber das Undenkbare passiert: Die ÖVP hat ihre absolute Mehrheit verloren. Sie musste sich einen Koalitionspartner suchen, und ohne mit der Wimper zu zucken fiel die Wahl auf die FPÖ. Die niederösterreichische FPÖ ist ein besonders radikaler Landesverband einer ohnehin schon extrem rechten Partei. Zur Illustration: Mit dieser Legislaturperiode sitzt ein Abgeordneter im Landtag, von dem es klare Bildaufnahmen mit Hitlergruß gibt.
Der Geist dieses Denkens hat sich im Koaitionsprogramm niedergeschlagen. Er hat aber auch deutlich auf die ÖVP selbst abgefärbt. Sie präsentiert sich nicht als einhegender oder rationaler Partner der FPÖ, der abzumildern versucht, was von dieser kommt, sondern bläst in das selbe Horn.
Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin und Autorin aus Wien. Auf Twitter schreibt sie Ad Hoc-Analysen zu rechtsextremer Sprache und faschistischen Ideologien, für »nd« schreibt sie die monatliche Kolumne »Rechte Umtriebe«. Darin widmet sie sich der Neuen und Alten Rechten und allem, was sich rechts der sogenannten Mitte rumtreibt. Alle Texte auf dasnd.de/umtriebe.
In einem bemerkenswerten Gastkommentar skizziert die niederösterreichische Landeshauptfrau (ÖVP) Johanna Mikl-Leitner ihr Vorstellungen von »normal«. Leute, die gendern, sind es für sie auf jeden Fall nicht. Für sie möchte Mikl-Leitner auch keine Politik machen, sondern für »normale Menschen«. Das Wörtchen »normal« kommt in diesem kurzen Text sieben Mal vor. Sie beschreibt ihr Klientel als »normale Mitte« und die Anderen implizit als unnormal oder abnormal.
Diese Unterscheidung wird anhand klassischer Kulturkampf-Linien gezogen. Es geht vor allem um Gesellschaftspolitik. Normal ist es, rassistische Wörter zu benutzen, nicht zu gendern und Klimakleber zu verteufeln. Mikl-Leitner konstruiert damit erst eine Form von Normalität, die ein Freifahrtschein für das Saurauslassen ist. Es ist nicht nur in Ordnung, sondern sogar erwünscht, anderen eins reinzuwürgen, sie zu verletzen oder mindestens respektlos zu behandeln. Das konstituiert und verstärkt natürlich Machtverhältnisse. Man muss sich gar nicht mehr um »die Anderen« bemühen, schließlich verdienen sie ja keinen Respekt. Sie sind ja nicht normal.
Das kommt bekannt vor? Kein Wunder, es ist dieselbe Strategie, die die AfD in Deutschland mit ihrer Kampagne »Deutschland, aber normal« fährt. Nicht nur ist die Sprache dieselbe, es ist auch exakt dasselbe gemeint.
Da ist es nur noch ein Treppenwitz, dass sich Mikl-Leitners Stellvertreter, der FPÖ-Politiker Udo Landbauer, partout nicht als Landeshauptfrau-Stellvertreter betiteln lassen möchte. Offenbar möchte man nun auch im Singular nicht mehr gendern. Landbauer sieht sich selbst als Landeshauptmann-Stellvertreter, obwohl Mikl-Leitner die Chefin in der Regierung ist. Aber vielleicht kann sie Landbauers Titel direkt übernehmen. In Umfragen hat die FPÖ die ÖVP in Niederösterreich mittlerweile deutlich überholt. Mikl-Leitner kann sich dann ja Landeshauptfrau-Stellvertreterin nennen und unter FPÖ-Landeshauptfrau Udo Landbauer weiter Kulturkampf für die normalen Leute machen.
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