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Prignitz: Züge fahren mit Frittenfett
Der Prignitz-Express verkehrt ab sofort mit Biokraftstoff statt Diesel
Der gelbliche Diesel riecht so streng, wie man es von der Tankstelle kennt. Der glasklare Biokraftstoff HVO dagegen ist beinahe geruchlos. Das ist ein kleiner Vorteil, aber nicht der Grund, warum die Deutsche Bahn (DB) die Züge der Regionalexpresslinie RE6 ab sofort mit HVO statt Diesel betankt. Es geht um die Umwelt: Im Vergleich reduziert HVO den CO2-Ausstoß der Züge um 90 Prozent.
Aber was verbirgt sich eigentlich hinter HVO? Die Abkürzung steht für Hydrotreatet Vegetable Oils. »Zu gut Deutsch: hydriertes Pflanzenöl«, übersetzt Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) am Montag. Er ist ins DB-Instandhaltungswerk von Neuruppin-West gekommen, wo die Züge gewartet und getankt werden, die zwischen Berlin-Charlottenburg und Wittenberge in der Prignitz als RE6 verkehren.
HVO werde aus Rest- und Abfallstoffen gemacht, beispielsweise aus altem Fett aus der Pommesfritteuse, erläutert Carsten Moll, Vorsitzender der DB Regio Nordost. »Es geht der Lebensmittelproduktion keine Anbaufläche verloren und es wird auch kein Palmöl verwendet«, versichert er. Für Palmölplantagen wird nämlich der Regenwald abgeholzt, was eine ökologische Katastrophe ist. Und wenn man Rapsöl einsetzen würde, für das der Raps frisch geerntet wird, so wäre dies auch ein Problem. Das aber vermeidet die DB Regio hier. »Im Regionalverkehr möchten wir uns auf immer mehr bisher nicht elektrifizierten Strecken vom Diesel verabschieden. In Brandenburg starten wir jetzt mit dem Prignitz-Express«, sagt Moll. Zunächst ist ein einjähriger Probebetrieb mit dem Biokraftstoff vorgesehen, der dann doch einen Nachteil hat: Der Liter kostet 15 bis 20 Cent mehr als Diesel.
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Perspektivisch soll die eingleisige Strecke nach Wittenberge aber ohnehin elektrifiziert werden. Die Züge würden dann mit Strom aus den noch zu errichtenden Oberleitungen fahren. Der Kraftstoff HVO ist als »Brückentechnologie« gedacht. Dieses Wort fällt am Montag mehrfach.
»Altes Frittenfett, altes Speiseöl – eine sehr pfiffige Lösung, wie ich finde«, schwärmt der DB-Konzernbevollmächtigte Alexander Kaczmarek geradezu. Diese Variante der CO2-Vermeidung in einer Übergangszeit sei auch deshalb nachhaltig, weil die bisherigen Dieselzüge, die ja noch intakt seien, nicht vorzeitig ausrangiert werden müssten. Sie könnten ohne jegliche Umrüstung weiter Fahrgäste befördern. »Das bedeutet keineswegs, dass wir uns von der Vollelektrifizierung verabschieden«, sagt Kaczmarek. Aber die Installation der Oberleitungen brauche ihre Zeit. »Wir müssen den letzten Lurch wegbringen. Das dauert«, berichtet der Konzernbevollmächtigte. Infrastrukturminister Beermann ergänzt: »Drei Viertel unserer Nahverkehrszüge fahren bereits vollelektrisch.« Und: »In Brandenburg ist das Thema Mobilitätswende ein wichtiges.« Heute erbringe man hier in Neuruppin den Nachweis, dass die Mobilitätswende Innovationen brauche, clevere Ideen wie den Kraftstoff HVO, meint der Infrastrukturminister.
Ganz so leicht wie bei einem Auto ist das Tanken allerdings nicht. Lokführer Alexander Schütz hilft dem Minister, es gemeinsam mit Ute Bonde zu tun, der Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB). Erst führt der Minister die Zapfpistole ein und arretiert sie durch das seitliche Drehen eines Hebels. Strom muss auch noch angeschlossen werden, hierfür wird der sogenannte Grenzwertgeber eingesteckt. Bonde hat dann mit einer Art Fernbedienung zu tun, bis es piept – und muss mehrere Knöpfe betätigen, bis der Kraftstoff HVO fließt.
Im Gegensatz zur Zapfsäule an einer Autotankstelle sieht man die Flüssigkeit deutlich in die dafür vorgesehene Öffnung hineinsprudeln. Es dauert nur einige Sekunden und schon ist der Tank zur Verblüffung des Ministers bereits voll. Sein Zug sei bereits »vorgetankt« gewesen, gesteht daraufhin Lokführer Schütz.
Der Verkehrsverbund VBB, aber auch sie persönlich seien große Fans von Innovationen, »um den öffentlichen Personennahverkehr für die Zukunft zu machen«, sagt VBB-Geschäftsführerin Bonde. »Dass jetzt Züge mit Frittenfett angetrieben werden – was den Tatsachen entspricht –, finde ich einfach nur grandios!« Mit HVO betankte die DB Regio bisher schon Züge auf Strecken in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Thüringen.
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