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Café Moskau in Berlin: Anwohner gegen Umbenennung

Ukrainischer Botschafter wirbt Umbenennung von DDR-Café, Denkmalschützer sind dagegen

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 5 Min.
Zum Jahrestag des Überfalls ganz im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine: das »Café Moskau«
Zum Jahrestag des Überfalls ganz im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine: das »Café Moskau«

Im Februar steigen Künstler dem »Café Moskau« auf das Dach. Für vier Tage trägt das DDR-Lokal an der Karl-Marx-Allee nicht den Namen Moskaus, sondern wird in »Café Kyiv« umbenannt. Es ist eine Kunstaktion ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs. Aufgerufen hat die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Der Vorsitzende der Stiftung und ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) spricht sich auf der Kundgebung für eine langfristige Umbenennung aus – solange der Angriffskrieg andauert.

Nicht nur Denkmalschützer, sondern auch Anwohner lehnen dies aber ab. Von einem »nicht genehmigungsfähigen« Eingriff sprechen erstere, von »Aktionismus« und »Augenwischerei« die anderen. Doch mit dem Regierungswechsel in Berlin erhält die Idee neuen Auftrieb. Während seines Antrittsbesuchs beim Regierenden Bürgermeister im Mai wirbt der ukrainische Botschafter für eine dauerhafte Umbenennung. Kai Wegner (CDU) zeigt sich offen für die Idee und regt eine Prüfung an.

Ein Zeichen setzen

Ja, man setze sich beispielsweise auch für die Umbenennung des »Russischen Hauses« in der Friedrichstraße ein, sagt Krista-Marija Läbe vom Verein Vitsche, einem Zusammenschluss junger Ukrainer. Doch auch beim »Café Moskau« sei eine Umbenennung nötig. Der Denkmalschutz sei nur ein »vorgeschobenes Argument«. Sie verweist darauf, dass das Café in der Vergangenheit mehrfach umgebaut worden sei. »Der Name ›Café Moskau‹ bleibt eines von vielen Zeichen des russischen und vorher sowjetischen Einflusses in Deutschland«, sagt sie »nd«.

Nicht nur der Schriftzug müsse überdacht werden. Dass dem Café mit dem Namen Moskaus Räume »untergeordnet« seien, die unter anderem nach Kiew, Tallinn und Riga benannt seien, könne über 30 Jahre nach dem Zerfall der UdSSR nicht sein. »Das ist eine koloniale Perspektive auf Länder, die unter der Gewalt aus Moskau gelitten haben und leiden«, sagt Läbe. Kiew sei nur eine Option für eine Umbenennung – aber eine, um Solidarität mit der Ukraine zu zeigen.

Ein Denkmal der Ostmoderne

»Strenge Vorgaben des Denkmalschutzes verhinderten bislang eine dauerhafte Umbenennung«, heißt es von der Senatskanzlei. Die Prüfung, wie eine Umbenennung doch möglich sei, laufe derzeit allerdings noch. Doch das Landesdenkmalamt hat sich schon festgelegt: »Eine langfristige Verdeckung des prägenden Schriftzuges, welche die architektonische Idee verunklärt, ist aus denkmalfachlicher Sicht nicht genehmigungsfähig.«

Der zweigeschossige Atriumbau des 1964 eröffneten »Café Moskau« war zu DDR-Zeiten Restaurant, Tanzcafé und Souvenirladen – ein beliebter Treffpunkt. Als Prestigebau stand das Café zugleich für die Völkerfreundschaft mit der Sowjetunion, auch gestalterisch: Ein Mosaik zeigt »das Leben der Völker der Sowjetunion«, eine Sputnik-Miniatur auf dem Dach symbolisiert den sozialistischen Fortschritt und der vom Grafiker Klaus Wittkugel entworfene Schriftzug benennt die Stadt Moskau in lateinischen und kyrillischen Buchstaben.

Im Zuge der Wiedervereinigung wird das Café unter Denkmalschutz gestellt. Der »kunstvolle und sachliche Schriftzug« gehöre zum »Schutzgut des Denkmals«, bestätigt die Senatskanzlei. Es soll deshalb eine Lösung erarbeitet werden, die den Schriftzug »nicht dauerhaft verdeckt«.

In internen Mails, aus denen die »Berliner Zeitung« zitiert, ist davon die Rede, dass das Wort »Kyiv« als »Ergänzung« platziert werden könne, beispielsweise in Schreibschrift, als Leuchtröhre, und der Wortteil »Moskau« nicht beleuchtet wird, sobald es dunkel wird. Das Landesdenkmalamt hat vor allem eine Bedingung: Der Eingriff soll wieder rückgängig zu machen sein.

Anwohner lehnen Umbenennung ab

Auch der Nachbarschaftsrat Karl-Marx-Allee hat sich einstimmig gegen eine Umbenennung ausgesprochen. In einer Erklärung erzählen die Anwohner, dass sie Geflüchtete aus der Ukraine bei sich aufgenommen hätten und es wirkungsvollere Möglichkeiten gebe, sich solidarisch zu zeigen. »Die Umbenennung ist Aktionismus und beendet den Krieg nicht«, schreiben sie. Man könne nicht alles umbenennen.

Katrin Lompscher, frühere Linke-Stadtentwicklungssenatorin und Vorständin der nach dem DDR-Architekten gewidmeten Hermann-Henselmann-Stiftung wohnt ebenfalls hier, im zweiten Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee. »Auch für mich als Nachbarin waren die temporäre Umbenennung und die damit verbundenen Veranstaltungen eine gelungene Aktion«, sagt Lompscher zu »nd«. Dauerhaft den Schriftzug zu überdecken, sei aber »nicht sinnvoll«. Das »Café Moskau« sowie das »Kino International« gegenüber seien Ausdruck einer »visionären modernen Architektur«. Der zweite Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee ist auch Teil des Berliner Vorschlaggebiets für das Unesco-Welterbe.

»Es gibt deutlich bessere Mittel, solidarisch mit der Ukraine zu sein. Wer diese auch im Stadtbild zeigen will, findet geeignetere Orte«, sagt Lompscher. Das Brandenburger Tor wurde bereits in den ukrainischen Nationalfarben beleuchtet. Und in der Innenstadt zum Beispiel auf dem Schlossplatz vor dem Humboldt-Forum könne sie sich solche Aktionen gut vorstellen.

Kein Platz für die Nachbarschaft

Dass die Nachbarn hier auf den Schutz eines Baudenkmals Wert legen, liegt auch an den Erfahrungen, die sie gemacht haben. Der Frust darüber, dass sich die Politik nun für das Café interessiert, während kaum jemand hingeschaut hat, als hier soziale Treffpunkte verloren gingen, ist nicht zu überhören. Mitte der 90er schloss das Restaurant des »Café Moskau«. Das Gebäude wurde verkauft. Die Holding des Investors Nicolas Berggruen baute um, für eine »multifunktionale Tagungs- und Eventlocation«.

Es sei unwahrscheinlich, dass die Stadt das Café anmiete und hier ein Treffpunkt oder Kulturzentrum für Ukrainer entstehe. Eine Umbenennung allein wäre »Schaufenstersolidarität«, so die Anwohner. »Und falls doch, stellt sich die Frage, wieso eine Anmietung durch die Stadt für die Bewohner und Bewohnerinnen bisher nicht möglich war«, schreiben sie in ihrer Stellungnahme.

Räume, die zu DDR-Zeiten nachbarschaftlichen Zwecken gedient hätten, seien heutzutage meist in privater Hand, sagt Lompscher. Sie würden zwar denkmalgerecht erhalten, dienten aber nicht mehr als soziale Infrastruktur. »Der Denkmalschutz ist ein scharfes Schwert. Gegen die Nutzungsverluste seit der Privatisierung der 90er nützt er aber nichts.«

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