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Leonid Raswosschajew: Wandel eines Oppositionellen
Der linke Kreml-Kritiker Leonid Raswosschajew ist zum Befürworter des Ukraine-Krieges geworden.
Kaum zu glauben, dass Leonid Raswosschajew einst um politisches Asyl in der Post-Maidan-Ukraine ersuchte. Damals, 2012, floh der 1973 in Angarsk geborene Aktivist der Linken Front (LF) nach Kiew. In Russland, wo der gelernte Schweißer seit 1998 in der linkspatriotischen Opposition aktiv war, wurde er wegen der Organisierung der Bolotnaja-Proteste gegen die Wahlmanipulationen 2012 gesucht. Dafür soll er sich georgischen Offiziellen getroffen haben Im vermeintlich sicheren Kiew pferchten ihn angebliche Unbekannte in ein Auto. Zwei Tage später tauchte Raswosschajew als Untersuchungshäftling in Moskau wieder auf.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Opposition und seine Anwälte sprachen von Entführung, russische und ukrainische Behörden hingegen von einer freiwilligen Rückkehr. Nachdem die Staatsmedien eine Kampagne gegen ihn fuhren, gestand Raswosschajew die Finanzierung der Bolotnaja-Proteste aus dem Ausland, widerrief dies aber vor Gericht und sprach von Folter gegen ihn. Trotzdem wurde er im Juli 2014 zu viereinhalb Jahren Haft und 150 000 Rubel Strafe verurteilt. Als er 2017 freikam, klagte Raswosschajew vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der Russland und die Ukraine 2019 zu Kompensationszahlungen verdonnerte. Während Russland zahlte, stoppte die Ukraine nach dem 24. Februar 2022 die Auszahlungen.
Von Opposition ist bei Raswosschajew nichts mehr zu spüren, stattdessen ist er ein überzeugter Befürworter der »Spezialoperation«. Schließlich hätten auch Marx und Engels die Kriege Bismarcks unterstützt, begründet er seine Haltung. Und schließlich führe Russland einen gerechten Krieg gegen die nationale Unterdrückung. Seine neue politische Heimat ist der »Klub der verärgerten Patrioten« um den Monarchisten Igor Strelkow-Girkin, der vor einigen Tagen selbst wegen Kritik an Putin verhaftet wurde.
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