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Fußball-WM der Frauen: Die Party in Australien geht weiter

Die australischen Fußballerinnen schießen sich mit einem 4:0 gegen Kanada ins Achtelfinale der Weltmeisterschaft

  • Frank Hellmann und Steven Lang, Melbourne
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach dem 4:0 von Steph Catley (2. v. r.) feierte nicht nur das Team, sondern ganz viele Menschen in Australien.
Nach dem 4:0 von Steph Catley (2. v. r.) feierte nicht nur das Team, sondern ganz viele Menschen in Australien.

Junge Menschen, deren gelbe Mützen verrutschten, weil sie so wild herumtanzten. Ältere Herren, die sich das grüne Trikot vom Leib rissen, weil sie auch teilhaben wollten. Und überall Plakate, die auf den Rängen des Rectangular Stadium von Melbourne im Takt mitwippten. Auf den selbst gebastelten Schildern stand: »Matildas – It’s done« oder »Go Matildas«. Der aus dem Lied »Waltzing Matilda« abgeleitete Name der australischen Fußballerinnen hat sich am Montagabend jedenfalls noch tiefer ins Gedächtnis einer ganzen Nation eingebrannt.

Gebraucht haben Australien als Co-Gastgeber und die Weltmeisterschaft vielleicht ein derartiges Erweckungserlebnis: Das furiose 4:0 (2:0) gegen die Olympiasiegerinnen aus Kanada könnte jedenfalls das dringend ersehnte Ausrufezeichen mit identitätsstiftender Sogwirkung sein. Und dafür hat es nicht mal die weiterhin verletzte Starspielerin Sam Kerr gebraucht, die zwar auf dem Spielberichtsbogen stand, aber erst auf den Rasen lief, als die 29-Jährige nach dem Schlusspfiff ihren in den mintfarbenen Trikots jubelnden Mitspielerinnen gratulierte. Die Stürmerin vom FC Chelsea hatte schon das Aufwärmen an diesem kühlen Abend ausgelassen.

Die Ehrenrunde mit dem kompletten Staff verdeutlichte später den besonderen Zusammenhalt: Alle seien wichtig für eine erfolgreiche Weltmeisterschaft, wie Trainer Tony Gustavsson hervorhob: »Wir haben nicht das beste Team, nicht die besten Spielerinnen in den besten Ligen. Aber wir haben etwas anderes: einen Zusammenhalt und eine DNA.« Dazu passten ja auch die »Aussie, Aussie, Aussie«-Rufe und Standing Ovations nach Spielende.

Tim Chaill, Australiens Legende und Rekordtorschütze der Männer, gab sich auf der Tribüne eher als stiller Genießer. Sein weibliches Pendant, Superstar Kerr, musste das Spiel ebenso von außen anschauen. Die 29-Jährige war auch zum dritten Spiel noch nicht fit. Aber ohne Zutun »der weltbesten Stürmerin«, wie ihr Trainer Gustavsson sie nennt, schickte Australien den Olympiasieger in der Gruppe B klar geschlagen auf die lange Heimreise. Dass nach dem Ausscheiden von Neuseeland einen Tag zuvor nicht auch noch das zweite Heimteam verfrüht die Segel streichen muss, ist dem Turnier sicher zuträglich.

Immer wieder reckte Gustavsson im Laufe der Partie den Daumen in die Höhe. Seine Überfalltaktik war haargenau aufgegangen. Dem nach der 2:3-Niederlage gegen Nigeria scharf kritisierten Schweden glückte also auch ein persönlicher Befreiungsschlag. »Ich habe nie an meinen Spielerinnen gezweifelt. Ich wusste, dass wir für diesen großen Schritt bereit sind.« Vom 49-Jährigen fiel eine Menge Ballast ab. Anzumerken war es dem immer etwas akademisch wirkenden Fußballlehrer auch an der pathetischen Wortwahl: »Es ging hier um ein bisschen mehr als Fußball. Wir haben sehr viel mehr repräsentiert als nur die Matildas.« Auch Kerrs Anteilnahme im Teamcamp, in der Kabine oder auf der Bank wollte er nicht unerwähnt unterlassen: »Sie verhält sich wie eine ganz große Leaderin.«

Die Kommunikation in der Causa Kerr, um deren Wadenblessur auch Australiens Verband fast ein Staatsgeheimnis veranstaltete, hatte offenbar sogar das eigene Team irritiert. Jetzt ist der Beweis erbracht, dass die Offensive auch ohne die (Werbe-)Ikone ins Laufen kommen kann. 27 706 begeisterte Fans feierten vor allem die entschlossene Hayley Raso für ihre beiden Tore vor dem Halbzeitpfiff, ehe Mary Fowler und die sichere Elfmeterschützin Steph Catley zum Endstand trafen.

Die Matildas können sich nun im Achtelfinale gegen England, Dänemark, China oder Haiti mit großer Unterstützung weiter in einen Rausch spielen. 2007, 2011 und 2015 standen sie jeweils im Viertelfinale. Gustavsson wollte sich jetzt aber gar kein Limit mehr setzen: »Ich habe das Gefühl, dass wir uns jetzt Schritt für Schritt entwickeln. Wir können über uns hinauswachsen.« Da liebäugelt einer schon mit dem ganz großen Coup.

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