Freiburg: Erneut Razzien wegen Indymedia Linksunten

Fünf Verdächtige sollen Archiv der Webseite online gestellt haben

Das Transparent von 2017 kann wieder ausgepackt werden: Die Staatsanwaltschaft hat erneut Razzien gegen angebliche Betreiber von Linksunten veranlasst.
Das Transparent von 2017 kann wieder ausgepackt werden: Die Staatsanwaltschaft hat erneut Razzien gegen angebliche Betreiber von Linksunten veranlasst.

Die Freiburger Polizei hat heute Hausdurchsuchungen bei fünf Personen durchgeführt, die wegen des Weiterbetriebs von Indymedia Linksunten verdächtigt werden. Die bei Linken beliebte Webseite hat der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am 25. August 2017 verboten. Anlass war der G20-Gipfel in Hamburg im gleichen Jahr. Nach Ansicht des Ministers soll die Internetplattform bei den militanten Protesten in der Hansestadt eine wesentliche Rolle gespielt haben.

Nach der Verbotsverfügung war die Webseite nicht mehr erreichbar. Allerdings haben Unbekannte drei Jahre später ein Archiv von Linksunten online gestellt. Die Staatsanwaltschaft will mit den neuerlichen Razzien ermitteln, wer für diesen Upload verantwortlich ist. Bei dem auch auf anderen Webseiten gespiegelten Archiv handelt es sich nicht um ein Open-Posting-Prinzip, es können also keine neuen Beiträge mehr verfasst werden. Alle Artikel bis zum Verbot im Jahr 2017 sind jedoch darüber abrufbar.

Die nun betroffenen vier Männer und eine Frau im Alter zwischen 32 und 47 Jahren wurden schon 2017 als Betreiber verdächtigt, aber nie verurteilt.

In ihrem heutigen Durchsuchungsbeschluss bezieht sich die Staatsanwaltschaft nach Informationen des »nd« auf einen jüngst ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) in Stuttgart. Entgegen den Erwartungen hatten die Richter im Juni entschieden, eine Anklage gegen einen Redakteur des Freiburger Radio Dreyeckland zur Verhandlung zuzulassen. Dieser hatte in einem Artikel vor einem Jahr zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen »Bildung einer kriminellen Vereinigung« gegen die vermeintlichen Betreiber von Linksunten berichtet und darin auf das Archiv verlinkt. Damit habe er eine verbotene Organisation unterstützt, so der zuständige Staatsanwalt Manuel Graulich.

Das Landgericht hatte eine diesbezügliche Anklage zunächst nicht annehmen wollen und sogar eine Entschädigung für die Durchsuchten angeordnet. Ein nicht mehr existenter Verein könne auch nicht unterstützt werden, urteilten die Richter. Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft muss der Redakteur nun aber vor Gericht. Das OLG argumentierte indes, es sei angesichts des online stehenden Archivs »überwiegend wahrscheinlich«, dass Linksunten doch noch existiere, die Plattform also auch verbotenerweise unterstützt werden könne.

Die Verbotsbegründung gegen die fünf angeblichen Betreiber von Linksunten erfolgte 2017 nach dem Vereinsrecht. Dieselben Personen haben schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen die Abschaltung der Webseite geklagt. Diese Klage wies das Gericht im März aus formalen Gründen zurück: Denn die fünf Verdächtigen hatten bestritten, dem von de Maiziére konstruierten Verein anzugehören. Deshalb seien sie nicht klageberechtigt, so die Richter. Ungeklärt bleibt damit weiterhin, ob das Verbot überhaupt juristisch gerechtfertigt war.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.