- Kommentare
- Ukraine
Marschflugkörper: Verweigert Deutschland Solidarität?
Daniel Lücking zu geforderten Marschflugkörpern
Angeblich nur zentimeterweise gehe es vorwärts mit der ukrainischen Offensive, überspitzt ein Interviewer im Gespräch mit Außenpolitiker Ralf Stegner (SPD) und baut sogleich den Vorwurf aus, die Bundesregierung verweigere der Ukraine Solidarität und Unterstützung. Die Waffensysteme sind austauschbar. Mal ist es der Panzer Leopard, der unbedingt in der Ukraine gebraucht wird. Dann sind es Raketen. Dieses Mal sogar solche mit einer Reichweite von über 500 Kilometern, die theoretisch tief in das russische Staatsgebiet vordringen können.
Stets geht es um Menschenleben, die zu retten seien. Zu schnell täuscht das darüber hinweg, dass westliche Waffensysteme nach Einschätzung von Militärexpert*innen bislang kaum Erfolge erzielten. Die Schnellkurse, in denen die meist jungen Soldat*innen an den Waffensystemen trainiert worden sind, reichen nicht aus, um komplexe Waffensysteme auch taktisch wirkungsvoll einzusetzen.
Dass die deutsche Vorsicht angesichts der großen Reichweite der Raketen nicht akzeptiert wird, weil Frankreich und Großbritannien vergleichbare Marschflugkörper liefern, ist in doppelter Hinsicht nicht hinnehmbar. Zunächst, weil Frankreich und Großbritannien über größere Bestände verfügen, während in Deutschland nur 150 der 600 deutschen Taurus-Waffen einsetzbar sind. Wesentlicher aber ist, dass die Raketenlieferung eine Bestätigung für Wladimir Putin wird. Schlagen Nato-Raketen erst auf russischem Gebiet ein, bewahrheitet sich seine Darstellung des aggressiven Nato-Angriffsbündnis. Das Vertrauen der russischen Bevölkerung in Putin kann dadurch noch weiter wachsen. Einem Waffenstillstand oder der Beilegung des Konfliktes kämen die verfeindeten Blöcke so dann auch keinen Zentimeter näher.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.