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Linke-Fraktionschefin Mohamed Ali gibt Amt ab
Amira Mohamed Ali wird wegen Streit um Wagenknecht und die Parteilinie nicht mehr kandidieren
Berlin. Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali zieht sich wegen des Umgangs ihrer Partei mit Sahra Wagenknecht von ihrem Amt zurück. »Ich habe mich entschieden, bei der kommenden Vorstandswahl nicht mehr für den Fraktionsvorsitz der Linken im Bundestag zu kandidieren«, heißt es in einer Erklärung Mohamed Alis. »Diese Entscheidung hat politische Gründe.« Den letzten Ausschlag habe die Distanzierung der Parteispitze von Wagenknecht Anfang Juni gegeben.
Mohamed Ali, die die Fraktion seit 2019 gemeinsam mit Dietmar Bartsch führt, gilt als Vertraute von Wagenknecht. Diese hat sich mit der Parteiführung um die Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan überworfen und diese mehrfach als unfähig bezeichnet und erwägt die Gründung einer eigenen Partei. Eine Entscheidung will Wagenknecht bis zum Jahresende treffen.
Mohamed Ali nennt in ihrer Erklärung mehrere Gründe für den Rückzug von der Fraktionsspitze, die Anfang September neu gewählt wird. So falle es ihr zunehmend schwer, den Kurs der Parteiführung in der Öffentlichkeit zu vertreten. Dieser widerspreche an vielen Stellen ihren politischen Überzeugungen. Sie wirft der Parteispitze unter anderem vor, kein »grundsätzliches Nein zum falschen Kurs der Ampel-Regierung« zu formulieren, so etwa zur Klimapolitik, die die Menschen finanziell belaste. Auch fehle es »an einem klaren Ja zu konsequenter Friedenspolitik«. Die Parteiführung wolle enttäuschte Grünen-Wähler gewinnen. Doch könne man so nicht diejenigen erreichen, für die linke Politik gemacht werden solle, auch nicht AfD-Wähler, die noch zurückgewinnbar seien.
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»Den letzten Ausschlag für meine Entscheidung hat der einstimmige Beschluss des Parteivorstandes vom 10. Juni 2023 gegeben und der Umstand, dass sich die große Mehrheit der Landesvorstände diesen Beschluss zu eigen gemacht hat«, heißt es in der Erklärung. »Darin wird gesagt, Sahra Wagenknecht habe in der Linken keine Zukunft mehr und solle zusammen mit anderen Abgeordneten ihr Mandat niederlegen. Dies zeigt in bis dahin noch nicht gekannter Deutlichkeit den Wunsch und das Ziel, einen Teil der Mitgliedschaft aus der Partei zu drängen.«
Tatsächlich hatte Wagenknecht zuvor mehrfach erklärt, mit grundlegenden Position der Linke-Führung nicht mehr übereinzustimmen. Die Unterschiede seien inzwischen so groß, »dass die Vorstellung, wie das noch einmal zusammenfinden soll, meine Fantasie überfordert«, sagte Wagenknecht schon im Frühjahr.
Für die Bundestagsfraktion ist die interne Spaltung ein Risiko. Sie könnte ihren Status und damit finanzielle Mittel und Einfluss verlieren, falls auch nur wenige Abgeordnete in eine Wagenknecht-Partei wechseln und aus der Fraktion ausscheiden würden. Wie Mohamed Ali sich verhalten würde, ließ sie offen. Sie schrieb nur: »Ich werde mich im Bundestag weiterhin für die Ziele und Überzeugungen einsetzen, die meine politische Arbeit bisher getragen haben.«
Erst kürzlich hatte sich der frühere Partei- und Fraktionschef Gregor Gysi in einem Beitrag für »nd« dafür ausgeprochen, dass Dietmar Barsch als stabiler Ausgangspunkt die Bundestagsfraktion weiter führt. Zu Mohamed Ali hatte sich Gysi nicht geäußert. dpa/nd
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