Nichtschwimmer-Quote: Ein Viertel strampelt weiter

Der Anteil an Kindern in Berlin, die noch nicht schwimmen können, sinkt leicht – bleibt aber nach wie vor hoch

»Es ist ein bisschen anstrengend, aber es macht viel Spaß«, sagt Kira am Dienstag zu »nd«. Die 11-jährige Neuköllnerin hat am Morgen ihren Badeanzug eingepackt und ist aus Alt-Rudow nach Gropiusstadt gekommen. Denn im dortigen Kombibad findet einer der begehrten Schwimmkurse statt, die der Landessportbund Berlin über die Sommerferien in der ganzen Hauptstadt anbietet.

Obwohl es erst Kiras zweiter Tag ist, resümiert sie schon jetzt: »Ich kann auf jeden Fall besser schwimmen.« Im Unterschied zum Schwimmunterricht an der Schule, erzählt sie, gebe es beim Kurs in der Gropiusstadt mehr Trainer*innen, die sie um Unterstützung bitten könne. Auch für sonstige Hilfsmittel ist gesorgt: Am Beckenrand und im Wasser selbst sind viele Schwimmnudeln und -bretter zu sehen.

Der Landessportbund berichtet von über 2000 Berliner Kindern, die in den ersten drei Wochen der Sommerferien bereits an den Zusatzkursen teilgenommen hätten. 440 der Kinder sollen dabei das Seepferdchen, 811 das Bronze- und 251 das Silberabzeichen erlangt haben. Es sind Zahlen, die Familiensenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) gerne hört. Auch sie ist am Dienstag im Kombibad, um über den Stand der vom Land geförderten Schwimmintensivkurse zu berichten.

»Ich als ehemalige Leistungsschwimmerin freue mich immer sehr, wenn wir Schwimmsicherheit herstellen«, sagt die CDU-Politikerin. Bei den Berliner Schüler*innen haben die Corona-Jahre tiefe Spuren hinterlassen: Noch im Sommer 2022 hat man laut Günther-Wünsch einen Anstieg der Nichtschwimmer*innen-Quote unter Berliner Drittklässler*innen auf rund 37 Prozent feststellen müssen. »Das ist eine Katastrophe«, führt die Senatorin aus. Doch: »Wir haben mit vielen Schwimmvereinen und Ehrenamtlichen reagiert.«

Mittlerweile liegt die Quote bei rund 24 Prozent – immerhin noch jedes vierte Kind. Auf Maßnahmen des noch jungen schwarz-roten Senats dürfte der Rückgang weniger zurückzuführen sein. Günther-Wünsch will aber nachlegen: Auf längere Sicht solle mit 16 Prozent der Wert vor Beginn der Pandemie erreicht werden. »Als Mutter würde ich natürlich sagen, dass wir auf null Prozent kommen müssen. Aber wir sind auf einem guten Weg.«

Dementsprechend will die Große Koalition die Intensivkurse in den Oster-, Sommer- und Herbstferien fortsetzen. Mit 3000 verfügbaren Plätzen findet die Hochphase im Sommer statt, in dem wegen der zugleich geöffneten Freibäder auch mehr Kapazitäten verfügbar sind. Wie der Sportbund erklärt, waren die Kurse auch in diesem Jahr nach nur wenigen Tagen ausgebucht. Das Angebot wird in den Schulen beworben, zur Anmeldung müssen Eltern ein entsprechendes Formular ausfüllen und einreichen.

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Besonders mit Intensivkursen unterstützen will der Senat ältere Schüler*innen, die aus verschiedenen Gründen noch nicht genügend Erfahrung im Wasser sammeln konnten. Sie sollten in separaten Schwimmkursen auf ihre Kosten kommen, so Günther-Wünsch. »Es ist für Kinder mit 16 Jahren nicht erquickend, mit Sieben-, Acht- und Neunjährigen schwimmen zu lernen.«

Zudem sollen weitere Schulschwimmzentren dabei helfen, die Nichtschwimmer*innen-Quote weiter zu senken. »In den Haushaltsverhandlungen haben wir erreicht, dass es bis zum Ende des kommenden Schuljahres in allen Bezirken ein Schwimmzentrum geben wird«, sagt Günther-Wünsch. In diesen ausgewählten Schwimmbädern sollen zusätzliche Pädagog*innen zur Verfügung stehen, um Berliner Lehrer*innen mit ihren Schulklassen zu unterstützen und für mehr Wasserzeit pro Kind zu sorgen. Bisher gibt es Schulschwimmzentren in acht von insgesamt zwölf Bezirken. Das Kombibad in Gropiusstadt ist eines von ihnen.

Wie all das in der Praxis aussieht, weiß Schwimmtrainerin Daniela von Hoerschelmann. Wie sie »nd« aufzählt, ist sie in diesem Sommer in gleich neun Hauptstadtbädern unterwegs. »Drei Lehrkräfte können auch drei differenzierte Gruppen anbieten. Man kann den Unterricht dann ganz anders gestalten«, sagt sie. Rein theoretisch erhalten Schüler*innen in der dritten Klasse eine Stunde Schwimmunterricht pro Woche. Ohne Unterstützung wie in den Schulschwimmzentren bleibe davon laut von Hoerschelmann allerdings nicht mehr übrig als fünf bis zehn Minuten Wasserzeit pro Kind.

Die Schwimmtrainerin sieht nach wie vor große Probleme: »Wir haben immer noch Fachkräftemangel.« Zudem stünden Fehlzeiten der Kinder, und zwar nicht nur krankheitsbedingte, an der Tagesordnung. Bei den begehrten Intensivkursen, so schätzt von Hoerschelmann aus eigener Erfahrung, sind es pro Unterrichtseinheit durchschnittlich fünf von 40 Schüler*innen, die letztlich doch nicht auftauchen. »Das ist so die Mentalität des heutigen Lebens«, sagt die Schwimmtrainerin. »Die sagen auch nicht ab oder irgendetwas.«

Für die Intensivkurse nimmt der Landessportbund neben Honorarkräften großteils die Dienste von Ehrenamtlichen in Anspruch. Diese würden dafür jedoch häufig parallel ausgebildet. Was wiederum die Fehlzeiten angeht, sieht der Verbund die ökonomisch-sozialen Verhältnisse in den jeweiligen Familien als Hauptursache. Auch kulturelle Hintergründe könnten eine Rolle spielen.

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