Neue Eskalation im Marzahn-Hellersdorfer Baustreit

Grüne und Linke: CDU-Bezirksbürgermeisterin übergeht Beschlüsse von Bezirksamt und Bezirksparlament

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine der umstrittenen Bauflächen liegt an der Hohenwalder Straße in Marzahn
Eine der umstrittenen Bauflächen liegt an der Hohenwalder Straße in Marzahn

Von einem »einmaligen Vorgang in der Bezirkspolitik der vergangenen Jahre« spricht die Marzahn-Hellersdorfer Linke in einer Erklärung am Donnerstag. Der Vorwurf: Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) habe »ohne jede Absprache mit den weiteren Mitgliedern des Bezirksamtes dem Senat einen Brief geschrieben und darin Vorschläge für die Nutzung von ausgewählten bezirklichen Grundstücken unterbreitet«. Diese Vorschläge stünden »in komplettem Widerspruch« zu den bisherigen Beschlüssen heißt es in der gemeinsamen Erklärung von Bezirksstadträtin Juliane Witt, dem Bezirks-Fraktionschef Bjoern Tielebein sowie dem Kreisvorsitzenden und Abgeordnetenhausmitglied Kristian Ronneburg (alle Linke).

In dem Schreiben von Zivkovic an Bausenator Christian Gaebler (SPD) vom 21. Juli, das »nd« vorliegt, geht es um sechs Flächen. Bebaut werden sollen demnach zwei Grundstücke, die laut Beschlusslage als Grünflächen erhalten bleiben sollten. Es geht um den sogenannten Langhoffwald in Marzahn und den Buckower Ring 54 in Biesdorf.

Bei beiden Flächen plädierte bisher auch die Senatsumweltverwaltung für eine Freihaltung, das Biesdorfer Areal sollte in das Ökokonto für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen für andere Bauprojekte eingebracht werden. Zivkovic nennt nun eine Nutzung für Schulbau sowie für einen sozialen Träger.

Die Hoyerswerdaer Straße 15, 17 und 27 in Hellersdorf soll laut dem Schreiben von Zivkovic eine Ersatzfläche für die Unterbringung von Geflüchteten werden, um auf dem derzeitigen Standort an der Maxie-Wander-Straße Schulbau zu ermöglichen. Laut Beschlusslage des Bezirksamtes sollte an der Hoyerswerdaer Straße eigentlich eine Jugendfreizeiteinrichtung entstehen.

»Besonders verwunderlich« nennt es die Bezirks-Linke, dass die Bezirksbürgermeisterin dem Senat »eigenmächtig drei Vorschläge für neue Standorte für Geflüchtetenunterkünfte und Wohnungsbau dem Senat unterbreitet, obwohl die genannten Grundstücke dafür nicht zur Verfügung stehen«.

Konkret schlägt sie zwei modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) in Marzahn an der Hohenwalder Straße 15 und an der Ludwig-Renn-Straße 28 vor. Am Brebacher Weg in Biesdorf wünscht sich Zivkovic neue Wohnungen für Studierende und Auszubildende.

Laut Sozialamt seien diese Standorte völlig ungeeignet für den Bau von Unterkünften, heißt es von der Bezirks-Linken. Das Amt untersteht Sozialstadträtin Juliane Witt (Linke). Für den Brebacher Weg habe es von ihr bereits eine Vorlage zur Nutzung als Geflüchtetenunterkunft gegeben, die Zivkovic aufgehalten habe. Bereits früher sei der Bestandsbau entsprechend genutzt worden, jedoch sei nun eine Sanierung nötig, wofür das Landes-Wohnungsunternehmen Gesobau bereits Bereitschaft habe erkennen lassen. Die Linke vermutet ein Handeln im Interesse des CDU-Abgeordnetenhausmitglieds Christian Gräff mit Wahlkreis in Biesdorf.

»Ich kenne diese Vorwürfe nicht«, erklärt Gräff auf Anfrage von »nd«. Alle diskutierten Standorte für Flüchtlinge lägen in unmittelbarer Nachbarschaft zu vorhandenen Flüchtlingseinrichtungen. Das Bezirksamt habe auch hierzu abgestimmt.

Bürgermeisterin Zivkovic erklärt gegenüber »nd«: »Wie mit den Grundstücken umgegangen wird, ist im Bezirksamt abgestimmt. Es werden keine Ortsteile bevorteilt, sondern die Infrastruktur wurde berücksichtigt. Die Vermutungen, die dazu angestellt wurden, sind nicht richtig.«

Stadträtin Juliane Witt bleibt dabei: »Nein, das Schreiben, die Thematik und der Vorschlag von Geflüchteten-Unterkünften wurde keinesfalls und zu keiner Zeit mit den Mitgliedern des Bezirksamts vorher abgestimmt.«

Die Bezirks-Grünen stützen in allen Punkten die Darstellung der Linkspartei. »Wir sind schockiert über das Vorgehen der Bürgermeisterin und fordern sie dazu auf, sich so schnell es geht mit allen demokratischen Parteien zu diesem Vorgehen zu verständigen«, sagt Fraktionschefin Chantal Münster.

Bereits am kommenden Montag soll die Senatskommission Wohnungsbau zur Zukunft einiger Flächen tagen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.