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Nutzbare Abwärme von Rechenzentren: Nicht mehr als ein Zubrot
Die Abwärme von Rechenzentren trägt nur einen kleinen Teil zur Wärmewende bei
Um das Klima zu schützen, brauchen wir Dekarbonisierung und Digitalisierung. Auf dieses Wortpaar lassen sich Unternehmen, Politiker*innen und auch Klimaaktivist*innen gern ein. Während der unpopuläre CO2-Ausstieg eher beiseite geschoben wird, schmückt man umso mehr die schöne Welt des Digitalen aus.
Da laden sich E-Autos selbst, wenn Strom am billigsten ist, optimieren sich Gebäudeheizungen selbst dank digitaler Zwillinge oder die App zeigt, wie viel Klimaschmutz der Erwerb eines Produkts mit sich bringt. Künstliche Intelligenz soll bald entscheiden, welche resistenten Baumarten angepflanzt werden, sie soll Abfallsortierung und Güterverkehr optimieren und den Zustand gefährdeter Tier- und Pflanzenarten beurteilen.
Mehr Digitalisierung bedeutet einen Mehrverbrauch an Strom, vor allem in den Rechenzentren. Von 2010 bis 2020 stieg der Energiebedarf der Rechenzentren und kleineren IT-Installationen in Deutschland um 70 Prozent auf jährlich 17,9 Milliarden Kilowattstunden. Fürs Klima bedeutete das: Die CO2-Emissionen der deutschen Rechenzentren legten von etwa 5,7 Millionen Tonnen im Jahr 2010 zu auf 7,7 Millionen Tonnen im Jahr 2020. Die Rechenkapazitäten wuchsen so schnell, dass die CO2-Last weder durch den in dem Zeitraum grüner werdenden Strom noch durch eine ums mehrfache gestiegene Rechenleistung pro Kilowattstunde zu kompensieren war.
Eine Reihe von Rechenzentren wirbt damit, sie würden vor allem oder allein Ökostrom einsetzen. Das ist lobenswert, ändert aber nichts an der CO2-Bilanz der Branche. Die richtet sich am Ende nach der CO2-Intensität des deutschen Strommixes. Ob die Klimaemissionen der Rechenzentren künftig sinken, hängt denn auch wesentlich von der Art der Stromproduktion in Deutschland ab, schreibt der Branchenverband Bitkom in einer aktuellen Marktübersicht.
Einschränkungen durch geringe Temperaturen
Vom Strom ist in der Öffentlichkeit aber weniger die Rede, sondern viel mehr von der Nutzung der bei der elektronischen Rechnerei entstehenden Abwärme. Eine im Mai veröffentlichte Übersicht der Effizienz-Initiative Deneff listet bundesweit nahezu 50 Rechenzentren aus, bei denen die Hitze aus den Hochleistungscomputern genutzt wird oder künftig genutzt werden soll. Derzeit dient die Abwärme meist dazu, Büros, Labore oder Schulungsräume im Rechnergebäude selbst oder in nahen Häusern zu erwärmen. Eher selten gibt es eine Einspeisung in eine in der Nähe verlaufene Fernwärmeleitung. Noch seltener wird eine solch teure Leitung extra verlegt.
Die bisher originellste Lösung fand ein Rechenzentrum auf dem »GreenTec-Campus« in Enge-Sande (Nordfriesland). Die Abwärme lässt auf dem Gebäudedach eine Algenkolonie gedeihen. Die hier genutzte Abwärme ist – wie bei den meisten Rechenzentren – um die 35 Grad Celsius »heiß«. Das schränkt die Wärmenutzung in der Regel auf die Gebäudeheizung ein, aber auch dafür wird in Deutschland viel Energie benötigt. Für Raumwärme wenden wir etwa die Hälfte der gesamten Wärmeenergie auf oder mehr als 700 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Zum Vergleich: 2022 wurden in Deutschland »nur« rund 500 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht. Das verdeutlich die enorme Größe der Wärmewende.
Da erscheint es sinnvoll, die ohnehin anfallende Wärme aus den Rechenzentren zu nutzen. Das sei eines der wichtigen Zukunftsthemen der Branche, meint auch Bitkom. Um die Potenziale ausschöpfen zu können, fordert der Verband dabei, eine Reihe von Hemmnissen abzubauen – und zwar bis 2035. Die Jahreszahl ist nicht zufällig: In zwölf Jahren soll die deutsche Stromerzeugung hundertprozentig erneuerbar sein. Die Abwärme der Rechner wäre damit ebenfalls vollgrün.
Schwer erschließbare Abwärme
Als ein Hemmnis sieht der Digital-Verband, dass bereits existierende Rechenzentren nur mit hohem und sehr hohem Aufwand für eine Abwärmenutzung umrüstbar sind. Eine Untersuchung für den Raum Frankfurt/Main kam danach zum Ergebnis, dass aktuell fast drei Viertel der dort in Rechenzentren vorhandenen Abwärmeleistung nur schwer erschließbar sind. Viel Potenzial für Abwärmenutzung verortet der Digital-Verband dagegen bei neuen Rechenzentren, die schon entsprechend projektiert und gebaut werden können.
An der Stelle kommen die Kommunen mit ihren Wärmeplänen ins Spiel. Die kürzlich vom Kabinett beschlossene Wärmeplanung verlangt, dass bestehende Wärmenetze bis 2030 mindestens zu 30 Prozent und bis 2040 zu 80 Prozent mit Wärme zu betreiben sind, die aus erneuerbaren Quellen oder, so wörtlich, »unvermeidbarer Abwärme« kommt. Neue Wärmenetze müssen, so will es das Gesetz, von Anfang an mit einem Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energie und/oder mit unvermeidbarer Abwärme befüllt werden. Dass diese Abwärme aus Rechenzentren stammen kann, erwähnt die Vorlage sogar an einer Stelle wörtlich.
Dennoch wird die computergenerierte Abwärme auch künftig nur ein Zubrot der Wärmewende sein. Unter besten Bedingungen könnten 2035 bis zu sechs Milliarden Kilowattstunden Abwärme genutzt werden, schätzt der Bitkom-Verband. Das ist letztlich ein überschaubares Potenzial angesichts vor allem des oben angeführten Bedarfs von 700 Milliarden Kilowattstunden Wärmeenergie. Wie groß 2035 der genaue Wärmebedarf sein wird, weiß natürlich noch niemand. Voraussagen sind hier angesichts zunehmender milder Winter schwierig, auch für digitale künstliche Intelligenz.
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