Frische Orangen im altbekannten Dauerstau

Berlins Linksfraktion und Brandenburgs Freie Wähler wollen vernünftige Ortsumfahrung von Ahrensfelde

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Auf der Bundesstraße B158 in Ahrensfelde (Barnim) ist immer Stau. Die Anwohner kennen es inzwischen nicht mehr anders. Fahren sie von ihren Grundstücken, müssen sie sich in den stockenden Verkehr einreihen. Seit 1991 ersehnt die Gemeinde eine Ortsumfahrung. Doch die verheißene B158n (das n steht dabei für neu) würde sich zwischen den Einfamilienhäusern von Ahrensfelde und den Wohnblöcken im angrenzenden Berlin-Marzahn hindurchzwängen und trotz Lärmschutzwänden Krach und Abgase nicht fernhalten.

Die Freien Wähler – allen voran ihr Landtagsfraktionschef Péter Vida – verteilten am Mittwoch Kaffee und Orangen an die im Stau stehenden Autofahrer und sprachen mit ihnen darüber, wie das Problem gelöst werden könnte. Diesen Freitag wollen die Freien Wähler ihre Aktion wiederholen. »Denn die Verkehrssituation auf der B158 in Ahrensfelde wird aufgrund der Tatenlosigkeit von Bund und Land immer schlimmer«, teilen sie dazu mit. Das Planfeststellungsverfahren für die B158n zieht sich schon seit 2011 hin. Zwischenzeitlich war es gestoppt worden, weil der Bundesrechnungshof einen gedeckelten Trog ablehnte. In diesen sollte aber ein Teil der Strecke nach unten abgesenkt werden.

Die Bevölkerung habe bereits mehrfach »bessere Varianten vorgeschlagen, die eine spürbare Entlastung für den Ort und die Region bringen würden«, erinnern die Freien Wähler. Sie fordern die Einsetzung eines Planungsbeirats – und damit stehen sie nicht allein.

Etwas in dieser Art, einen Bürgerbeirat, verlangt die Berliner Linke seit Jahren und bekräftigt das jetzt mit einem Antrag der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, der dem »nd« vorliegt. Damit soll der Senat aufgefordert werden, zur Verbesserung der Verkehrssituation fünf Maßnahmen umzusetzen. Punkt eins ist die Einberufung eines Bürgerbeirats, der Gelegenheit erhalten soll, »zum weiteren Vorgehen Stellung zu beziehen«. Auch soll ein Abbruch des Planfeststellungsverfahrens in Betracht gezogen werden, um »statt einer faktischen Ortsdurchfahrung eine tatsächliche Ortsumfahrung zu realisieren«. Eine Straßenbahn von der Wuhletalstraße nach Falkenberg und ein neuer S-Bahnhof Wuhletalstraße müssten in die Planungen einbezogen werden, steht außerdem in dem Antrag. Zusätzlich sollte die S-Bahnstrecke vom noch knapp auf Berliner Territorium gelegenen Bahnhof Ahrensfelde nach Werneuchen verlängert und die Bahnstrecke nach Wriezen reaktiviert werden. Auch mehr Busse und neue Buslinien ins Berliner Umland regt die Linksfraktion an, um den Autoverkehr zu reduzieren.

Denn ohne deutlich bessere Bus- und Bahnverbindungen sei dem Stau in Ahrensfelde nicht beizukommen, ist der Abgeordnete Kristian Ronneburg (Linke) überzeugt. In der Begründung des auch von ihm unterzeichneten Antrags heißt es: Die Variante der im Bundesverkehrswegeplan verankerten Ortsumfahrung werde dem wachsenden Verkehr und den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht. »Der geplante Knoten Märkische Allee, Dorfstraße, Ahrensfelder Chaussee ist ein Produkt veralteter Überlegungen. Er wird weder dem motorisierten Individualverkehr, dem Wirtschaftsverkehr noch dem wachsenden öffentlichen Nahverkehr gerecht. Der Verkehr aus Hohenschönhausen entlang der Ahrensfelder Chaussee wird auch weiterhin am Bahnübergang gestaut.« Darunter litten die Wohngebiete weiterhin.

Die Länder Berlin und Brandenburg haben sich mittlerweile geeinigt, die Mehrkosten für eine gedeckelte Troglösung zu übernehmen. Aber dennoch müssen die Planungen erheblich überarbeitet werden – unter anderem weil die Regionalbahn 25 ab dem Jahr 2024 in einem dichteren Takt verkehren soll und deswegen die Schranke in Ahrensfelde öfter geschlossen wäre als jetzt schon. Der Autoverkehr würde sich also noch mehr stauen.

Katharina Burkardt, Sprecherin des brandenburgischen Infrastrukturministers Guido Beermann (CDU), erklärt auf Anfrage: »Aktuell wird untersucht, ob der Knotenpunkt an der Berliner Stadtgrenze in der bislang geplanten Variante, auch mit der geplanten Taktverdichtung und den damit häufigeren Schrankenschließungen, noch ausreichend leistungsfähig ist oder ob eine andere technische Lösung möglich und erforderlich ist.« Der Zeitpunkt der Fortführung des Planfeststellungsverfahrens sei abhängig von den Untersuchungen und Entscheidungen zum Knotenpunkt und dem damit verbundenen Aufwand zur Umplanung.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.