- Politik
- Polizeiproblem
Angriffe auf Letzte Generation in Mannheim
Polizistin goss bei Straßenblockade Öl auf Demonstrierende, Autofahrer schlug Aktivisten ins Gesicht
Bei einem Protestmarsch der Letzten Generation am Mittwochabend in Mannheim trat ein Autofahrer mehrmals auf Aktivist*innen ein und schlug einem von ihnen brutal ins Gesicht. Die Szene ist in einem Video zu sehen, das die Gruppe auf der Plattform X geteilt hat. Der Marsch begann nach Angaben der Letzten Generation als langsame Gehdemonstration auf der B36, bis dahinter fahrende Autos anhielten und deren Insassen die Demonstrierenden belästigt haben sollen.
Als diese sich auf die Straße setzten, folgten die dokumentierten gewalttätigen Übergriffe. »Die Bundesregierung hat unseren Protest so lange ignoriert, dass es nun zu solchen Szenen wie gestern in Mannheim gekommen ist. Das betrübt und schockiert uns«, erklärt Aimée van Baalen, Sprecherin der Gruppe. Die Pressestelle der Mannheimer Polizei teilt auf nd-Anfrage mit, dass bislang keine Anzeigen zu dem Vorfall vorliegen. Die Kriminalpolizei Heidelberg habe jedoch Ermittlungen aufgenommen.
Die Mannheimer Polizei prüft derweil straf- oder disziplinarrechtliche Konsequenzen gegen eine Polizistin, die bei einer Straßenblockade der Letzten Generation am vergangenen Wochenende Pflanzenöl auf angeklebte Menschen geschüttet hat. Auch davon kursieren Videos im Netz, wie die Beamtin mit einem Kanister Öl über den Kopf einer Aktivistin verkippt. Das Pflanzenöl wird eigentlich genutzt, um die festgeklebten Hände möglichst verletzungsfrei abzulösen.
Die Letzte Generation teilt zu dem Vorfall mit, man habe auf der Konrad-Adenauer-Brücke in Mannheim mit der Sitzblockade dagegen protestiert, dass aktuell 27 Mitstreiter*innen aufgrund ihres zivilen Ungehorsams in bayerischen Gefängnissen seien.
Mehrere der angeklebten Aktivist*innen berichten von einem sehr groben bis gewalttätigen Vorgehen jener Polizistin. So habe sie vor dem Ablösen »besonders großzügig Öl auf meinen Arm« gekippt, »sodass ich die ganze Zeit in einer großen Lache aus Öl und Desinfektionsmittel saß«, sagt Sabine G. Danach habe die Beamtin heftig an ihrem festgeklebten Arm gerissen, um ihren Rucksack ausziehen zu können und diesen dann so aggressiv durchsucht, dass Sachen herausfielen.
Stefan Diefenbach-Trommer seien Desinfektionsmittel über die Hose gegossen und die Finger vom Asphalt abgerissen worden. Andere teilen mit, die Polizistin habe ihnen Kältespray weggenommen, mit dem sie ihre verletzten Hände kühlen wollten. Mehrmals habe sie gesagt: »Die sollen Schmerzen haben, die sind ja selber schuld.«
Weiter berichten sie von entwürdigenden Behandlungen im anschließenden Polizeigewahrsam. Sie hätten sich vor jener Beamtin nackt ausziehen müssen, Unterhosen, auch mit Damenbinden darin, seien durchsucht worden. »Als ich diese wieder anziehen wollte, Pobacken auseinandergezogen. Alles sehr demütigend, wortkarg und hämisch«, so Susanne Flender.
Sabine G. sei noch voller Öl gewesen und habe vor der Leibesvisitation keine Gelegenheit zum Waschen bekommen. Die Polizistin habe sie und eine andere Aktivistin mit den Worten empfangen: »Na, welche der Prinzessinnen wollen wir denn zuerst behandeln?« Als sie sich geweigert habe, ihre Unterwäsche auszuziehen, »riss sie mir die Unterhose selbst runter, ich empfand dies als sehr demütigend«. Anschließend habe G. längere Zeit halbnackt in der Zelle sitzen müssen und sei dabei auch von männlichen Polizisten gesehen worden. »Erst nach Schichtwechsel hat der Beamte am Abend festgestellt, dass dafür, dass ich meine Hose nicht zurückbekäme, ja offenbar kein Grund vorliege.«
Laut Raúl Semmler von der Letzten Generation in Rhein-Neckar habe man bislang guten Kontakt mit der Mannheimer Polizei gehabt, weswegen die Gruppe alle am Einsatz Beteiligten zu einem Gespräch bitte. Von der Polizei hingegen heißt es, das Angebot könne »aufgrund der damit verbundenen Beeinflussung der laufenden Ermittlungen nicht angenommen werden«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.