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US-Wettbewerbshüter verklagen Google
Techkonzern soll eigene Suchmaschine auf Smartphones unzulässig gefördert haben
Welche Monopolmacht haben große Technologiekonzerne? Und bietet das US-Kartellrecht Möglichkeiten, sie in die Schranken zu weisen? Am Dienstag beginnen in den USA die Verhandlungen in einem der wichtigsten Verfahren seit Jahren zu diesen Fragen. Die Kartellwächter des US-Justizministeriums treffen sich dann mit Anwältinnen und Anwälten von Google in Washington vor Gericht. Doch die Klage gegen den Konzern ist nur die erste in einer ganzen Reihe von Verfahren, mit denen die US-Kartellbehörden ihre Befugnisse im Umgang mit Big Tech aufs Neue ausloten. EU-Behörden hatten Google bereits 2017 erfolgreich wegen Kartellverstößen verklagt.
Im Prozess geht es im Kern um die Frage, ob das Unternehmen mit Geräteherstellern unzulässige Vereinbarungen getroffen hat, um Mitbewerber vom Markt auszuschließen: Auf vielen Smartphones ist Google als Default-Suchmaschine bereits vorinstalliert. Dies gilt sowohl für Geräte mit dem von Google entwickelten Betriebssystem Android, in vielen Fällen aber auch für Apple-Produkte. Nach Ansicht der US-Behörden nutzt Google durch entsprechende Verträge seine Marktmacht auf unzulässige Weise aus: Konkurrierende Suchanbieter hätten keine hinreichende Chance, den Nutzerinnen und Nutzern ihre Dienste anzubieten. Bei der anstehenden Verhandlung sollen neben Führungskräften von Google auch hochrangige Apple-Manager in den Zeugenstand berufen und zu den Details der Übereinkünfte befragt werden.
Google widerspricht den Vorwürfen. Nach Berichten der »Financial Times« argumentieren Anwälte des Technologiekonzerns, bei den Verträgen mit den Geräteherstellern handle es sich um zulässige Werbemaßnahmen. Diese seien vergleichbar mit Abmachungen, die Hersteller von Konsumgütern mit Supermärkten abschließen, um ihre Produkte in den Regalen prominenter platzieren zu lassen.
Zur juristischen Vorgeschichte des Falls gehört ein Kartellverfahren gegen Microsoft, das inzwischen ein Vierteljahrhundert in der Vergangenheit liegt: Vor 25 Jahren verklagten US-Behörden den Entwickler des Betriebssystems Windows, weil er mit PC-Herstellern Verträge abgeschlossen hatte, die die Vorinstallation des Webbrowsers Internet Explorer auf verkauften Geräten vorsah. Die Anbieter konkurrierender Browser, wie etwa Netscape, sahen sich damals benachteiligt.
Erstinstanzlich wurde damals entschieden, dass Microsoft bestimmte Geschäftsbereiche abtreten muss. Doch in einem Berufungsverfahren unterlagen die Kartellbehörden größtenteils: Microsoft wurden nur relativ milde Auflagen gemacht. Seitdem haben die US-Kartellwächterinnen und -wächter gegen große Software- und Technologiekonzerne wenig Handhabe. Doch mit dem Status quo wollen sie sich nicht mehr zufriedengeben.
Die ursprüngliche Kartellklage gegen Google wurde 2020 noch unter der Präsidentschaft von Donald Trump initiiert. Unter dessen Vorgänger im Weißen Haus, Barack Obama, hatte es wenig politischen Willen gegeben, Silicon Valley zu regulieren: Der Tech-Sektor galt als Wachstumsmotor und wichtiges geostrategisches Instrument. Untermauert wurde diese laxe Umgehensweise mit der Konzernmacht von ökonomischen Theorien, denen zufolge wettbewerbsschädigende Praktiken im Internet ein wesentlich geringeres Risiko darstellen als in anderen Wirtschaftszweigen.
Trumps Verhältnis zu den Tech-Konzernen war deutlich gespaltener: Insbesondere zum Ende seiner Amtszeit beklagten sich immer mehr Konservative in den USA über »Zensur« im Internet, da Inhalte, insbesondere auf Social Media, den Regeln der Betreiber unterworfen sind – und etwa rassistische oder sexistische Posts gelöscht wurden. Die Macht der Konzerne über Plattformen lässt sich durchaus auch von links kritisieren, bei den konservativen Vorstößen handelte es sich jedoch zumeist um Rufe nach noch mehr staatlicher Kontrolle.
Der Streit zwischen der US-Rechten und Silicon Valley trug dazu bei, dass auch die US-Kartellbehörden den Sektor wieder genauer unter die Lupe nahmen – zum ersten Mal seit Jahrzehnten. Das Verfahren gegen Google könnte also auch den Präzedenzfall des Microsoft-Urteils in Frage stellen. Michael Carrier, Professor der Rechtswissenschaften an der Rutgers University in New Jersey, bezeichnete das Verfahren in der »Financial Times« deshalb als »die wichtigste Monopolklage seit der gegen Microsoft«.
Unter Joe Biden hat das härtere Vorgehen gegen die Tech-Konzerne nicht nachgelassen. Der »Harvard Business Review« listet eine ganze Reihe von Kartellverfahren auf, die die US-Behörden in den vergangenen Jahren gegen den Sektor angestrengt haben: Microsoft soll verboten werden, den Spieleentwickler Activision aufzukaufen, auch gegen Amazon ist ein Prozess in Vorbereitung. Das Urteil im Fall Google könnte Signalwirkung haben und die zukünftige Struktur des Marktes mitbestimmen. Das Verfahren fügt sich in eine insgesamt deutlich aktivere US-Kartellpolitik, mit der Lina Khan, Chefin der Wettbewerbsbehörde FTC unter Biden, auch zur Inflationsbekämpfung beitragen will.
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