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Union hofft auf schwarze Magie bei Real Madrids »weißem Ballett«
Union Berlin will bei seinem Champions-League-Debüt in Madrid eine kleine Sensation erreichen.
Madrid ist für Anhänger des 1. FC Union Berlin derzeit der Mittelpunkt der Erde. Die ersten Berliner Fans sind schon Anfang der Woche in der spanischen Hauptstadt aufgeschlagen. Sie posten in den sozialen Netzwerken Videos und Fotos von allem, was mit Real Madrid und dem ebenso sagenumwobenen Estadio Santiago Bernabeu zusammenhängt. Ausgerechnet dort wird der Berliner Verein an diesem Mittwoch (18.45 Uhr) sein erstes Spiel in der Champions League bestreiten.
Real gilt neben dem FC Barcelona als berühmtester Fußballverein der Welt. Madrid steht mit 14 Titeln in der Champions League beziehungsweise deren Vorgänger, dem Europapokal der Landesmeister, sportlich sogar noch eine Stufe höher. Zuletzt gewann das »weiße Ballett«, wie das Team wegen seiner traditionellen Spielkleidung genannt wird, das Finale der Champions League 2022. Insofern konnte Union wahrlich keinen prominenteren Gegner für das Debüt in der Königsklasse erwischen.
Rund 4000 Unioner werden ihre Mannschaft bei den Königlichen unterstützen. Der noble Betriebsausflug hätte weitaus größer ausfallen können. Schließlich lagen dem Bundesligisten rund 15 000 Ticketanfragen, die ausschließlich Vereinsmitglieder stellen durften, für das größte Spiel der Klubhistorie seit 1966 vor. Versuche von Berliner Fans, sich direkt in die Heimbereiche einzukaufen, waren zum Scheitern verurteilt. Mit einer deutschen IP-Adresse gab es keinen Zugang zum Online-Shop von Real. Deutsche Zahlungsmittel werden ohnehin nicht akzeptiert. Der Weltverein aus Madrid hat offensichtlich Respekt vor dem unternehmungslustigen Reisekader aus dem Köpenicker Kiez.
Es soll anscheinend kein zweites Barcelona geben. Im Camp Nou hatten am 14. April 2022 im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League rund 25 000 Anhänger der Eintracht auswärts beim FC Barcelona für Frankfurter Heimatmosphäre gesorgt. Das trug entscheidend zum Weiterkommen ihrer Mannschaft nach einem 3:2-Sieg (Hinspiel 1:1) bei.
Die Vorfreude ist dennoch riesig bei den Eisernen, die es in der Gruppe C noch mit Italiens Meister SSC Neapel und dem portugiesischen Tabellendritten Sporting Braga zu tun haben werden. »Real Madrid ist die größte Mannschaft der Welt. Dort zu spielen, da geht auch für den Trainer ein Traum in Erfüllung – im neuen Bernabeu-Stadion«, sagte Chefcoach Urs Fischer. Das Bernabeu wird seit 2019 modernisiert. Die Renovierung des Fußballtempels, dessen Dach bei Bedarf nun geschlossen werden kann, befindet sich in den letzten Zügen. Sie soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Trainer Carlo Ancelotti will seine Zeit bei Real nach dem Pokalsieg 2023 mit einem weiteren Erfolg abrunden, bevor er im Sommer 2024 die brasilianische Nationalelf übernehmen wird. Seinem Starensemble, zu dem allen voran die Mittelfeldspieler Luka Modric, Toni Kroos und Jude Bellingham gehören, ist wieder einmal einiges zuzutrauen. Auch andere ehemalige Bundesligaprofis wie David Alaba und Antonio Rüdiger sind noch nicht satt. Nach fünf Spieltagen ist Madrid in Spanien Tabellenführer und als einzige Mannschaft noch verlustpunktfrei.
Natürlich hat Real die Eisernen trotzdem gewissenhaft studiert. »Union ist ein Gegner mit guter Organisation. Wir werden mit großer Intensität spielen müssen«, sagte Ancelotti nach dem Abschlusstraining. »Es ist eine neue Mannschaft in der Champions League. Das bedeutet, dass sie es in der letzten Saison sehr gut gemacht haben. Sie spielen im Kollektiv, haben keine großen Individualisten, aber ein sehr gutes Mannschaftsspiel.«
Dennoch bleibt Union – nicht nur aufgrund der beiden jüngsten Niederlagen in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg (1:2) und gegen RB Leipzig (0:3) – krasser Außenseiter. Etwas Erfahrung in der Champions League bringen nur Angreifer Kevin Volland, Mittelfeldspieler Lucas Tousart sowie die Verteidiger Robin Gosens und Leonardo Bonucci mit. Letztgenannter hat aber seit seiner Verpflichtung noch keine einzige Pflichtspielsekunde für Union absolviert. Dennoch hoffen die Gäste, die in extra für die Königsklasse aufgelegten schwarzen Trikots antreten werden, auf eine magische Nacht. »Zwei Dinge sind ganz wichtig: zum einen, dass man nicht vergisst, das Spiel zu genießen. Das sind einmalige Erfahrungen, auf so einer Bühne im Bernabeu zu spielen. Das darf nicht jeder«, sagte Nationalspieler Gosens. »Zum anderen sind es 90 Minuten Fußball, in denen der kleine Gegner dem großen Gegner auch mal wehtun kann. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele im Fußball.«
Die Fans hatten die Spieler schon unmittelbar nach dem Abpfiff in Wolfsburg aufgerichtet, indem sie ein in Deutschland weitverbreitetes Lied sangen. Es drückt den Respekt vor dem »Lebenswerk« der eigentlich unerreichbaren Madrilenen aus. Der Text beginnt mit: »Eine Abwehr aus Granit, so wie einst Real Madrid.« An diesem Mittwoch müssen die Berliner eine eiserne Defensive vorweisen. Defensivspezialist Rani Khedira fehlt allerdings weiterhin verletzt. Wie alle verletzten oder gesperrten Akteure wird aber auch er in Madrid die Daumen drücken, dass es mit der Sensation trotzdem klappt.
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