Klage gegen deutsche Wasserwerfer bei Klimademonstrationen

Auch in Den Haag holt deutsche Polizei Menschen mit übermäßiger Gewalt von der Straße

Nicht nur in Deutschland geht die Polizei mit übertriebener Gewalt gegen Klimademonstrationen vor. Seit über drei Wochen setzt die Bundespolizei auf Anforderung der niederländischen Polizei Wasserwerfer ein, um Menschen in Den Haag von der Straße zu spritzen. Hunderte und manchmal sogar Tausende Demonstranten blockieren dort nach Aufrufen der niederländischen Sektion von Extinction Rebellion täglich die Autobahn zum Regierungsviertel; bislang sollen 7000 Menschen verhaftet worden sein. Auch die Letzte Generation aus Deutschland hat sich den Protesten angeschlossen.

Neben der Bundespolizei stellt auch die belgische Polizei dem Nachbarn an manchen Tagen Wasserwerfer samt Besatzung gegen den Klimaprotest zur Verfügung. Bei den Einsätzen wurden bereits mehrere Menschen verletzt. Deshalb hat das Legal Team von Extinction Rebellion am 25. September eine Klage im Eilverfahren wegen »völlig unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt« eingereicht, die am Dienstag vor dem Bezirksgericht in Den Haag verhandelt wurde.

Die niederländische Polizei verfügt derzeit nicht über eigene Wasserwerfer, ihre Flotte wurde wegen technischer Probleme stillgelegt. Allerdings hat sie sechs neue Fahrzeuge bestellt. Vorerst ist die Polizei auf die Ausleihe von Wasserwerfern aus Nachbarländern angewiesen, vor allem aus Deutschland. Seit 20 Jahren unterstützt die Bundespolizei deutsche Nachbarländer gegen linken Protest, vor allem die Schweiz und Frankreich. Seit 2010 wird dafür auch der neue Hochdruckwasserwerfer »Wawe 10 000« genutzt.

Extinction Rebellion argumentiert in der Klage, dass der Einsatz der Wasserwerfer gegen nationales und internationales Recht verstoße, und verweist dabei unter anderem auf Fälle in Deutschland. Beim gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten im Stuttgarter Schlossgarten im September 2010 verlor ein Demonstrant sein Augenlicht. In Südkorea wurde sogar ein Mensch durch den Einsatz eines Wasserwerfers getötet. In Den Haag erlitten die Aktivisten leichte Verletzungen oder auch sehr schwere Prellungen.

Laut Extinction Rebellion zielte die Besatzung der Wasserwerfer in Den Haag auch auf Köpfe von Demonstranten, was durch Videoaufnahmen belegt ist. Zudem habe die Polizei den Wasserstrahl in den letzten Wochen immer stärker eingestellt und schließlich auch mit hartem Strahl agiert. Dieser Hochdruck mit bis zu 20 Bar sei jedoch nur in einem Mindestabstand von 15 Metern erlaubt.

Vor Gericht beklagt Willem Jebbink, der Anwalt von Extinction Rebellion, dass es im Gegensatz zu Tränengas in den Niederlanden keine Richtlinien für Einsätze von Wasserwerfern gibt. Diese würden auch nicht unabhängig überprüft, was zu polizeilicher Willkür führe. So seien die deutschen und belgischen Wasserwerfer in drei Fällen auch gegen eingekesselte Personen eingesetzt worden – laut dem Anwalt eine Demütigung, die der Abschreckung diene. Schließlich habe der Einsatz der Wasserwerfer in keinem der Fälle zur erfolgreichen Räumung der Straße geführt.

Nach der mündlichen Verhandlung am Dienstag will das Bezirksgericht am 13. Oktober sein Urteil über die Eilklage verkünden.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.