Deutsche Einheit: Kein Grund zum Feiern!

Der 33. Tag der deutschen Einheit ist vorbei, immerhin

  • Kirsten Achtelik
  • Lesedauer: 3 Min.

Jetzt sollte man es natürlich erst recht sagen: »Deutschland, du mieses Stück Scheiße!« Die linksradikale Demonstration gegen die Einheitsfeierlichkeiten in Hamburg durfte diesen Spruch auf einem Transparent nicht verwenden, weil der Anfangsverdacht einer Verunglimpfung des Staates bestand.

33 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und der sogenannten Wiedervereinigung redeten die Offiziellen in Hamburg von Gemeinsinn und Zusammenhalt. Stephan Harbarth (CDU), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, mahnte, zwar sei Deutschland nicht gespalten, aber auseinandergerückt.

Der offizielle »Event-Kanal« zum Tag der Deutschen Einheit auf X (vormals Twitter) verkündete: »Gemeinsam wollen wir HORIZONTE ÖFFNEN! Für eine Zukunft, die Grenzen überwindet!« Und Carsten Schneider, der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland möchte »Zerrbilder aus den Köpfen bekommen«. Es sei wichtig, Neugier und Interesse zwischen Ost und West zu wecken. Sollen »wir« nun alle wieder zusammenrücken und uns vertragen, um Einheit, Demokratie und – den wichtigsten Wert von allen – »Wohlstand« nicht zu gefährden?

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Welche Politikberatung war da am Werk? Diese unangenehme Süßholzraspelei wäre beinahe schon wieder lustig, wenn es nicht gleichzeitig so brutal zuginge: Die Grenzen um die Festung Europa werden immer höher gezogen, der Wassergraben Mittelmeer wird mit mehr Krokodilen bestückt, es wird immer deutlicher zwischen »wir« und »den anderen« unterschieden.

Was für ein Feiertag: Vor zehn Jahren, am 3. Oktober 2013, starben vor Lampedusa mindestens 366 Menschen, als ihr Schiff auf dem Weg Richtung Europa unterging. Seitdem sind Tausende Menschen auf der Flucht ertrunken, Tausende sind in der Sahara verdurstet, andere sind in Lkw erstickt oder in Wäldern erfroren. Sie hatten Gründe, nicht mehr da zu bleiben, wo sie herkamen. Sie waren auf dem Weg nach Europa, weil es in ihren Herkunftsländern und unterwegs noch schlimmer ist als hier.

All diese Menschen sind mit Gemeinsinn, Zusammenrücken und »Grenzen überwinden« nicht gemeint, sie sollen draußen bleiben, koste es was es wolle. Am Tag der Einheit drängte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf stärkere Grenzkontrollen, an den EU-Außengrenzen, aber auch innerhalb, beispielsweise nach Polen.

Während die Rufe nach Abschottung lauter werden, geht die gefährliche Gewalt scheinbar von einer Demonstration mit gerade einmal 1000 Linksradikalen aus, die den Staat möglicherweise verunglimpfen. Dabei waren und sind es die radikalen Linken, die sich dem Verrat der demokratischen Werte, der Gewalt und Diskriminierung entgegenstellen, die sagen, dass »die« auch »wir« sind. Es gibt nichts zu feiern, aber sehr viel zu fluchen.

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