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Streik in Italien: Dumping und unbezahlte Überstunden
In Italien wehren sich migrantische Arbeiter eines Möbelunternehmens gegen Ausbeutung
Die Arbeiterinnen und Arbeiter vor dem Depot des Möbel- und Einrichtungsunternehmens Mondo Convenienza sind wütend. »Mondo – Mafia!«, rufen sie und blockieren die Zufahrt zum Logistikzentrum in der Gemeinde Campi Bisenzio. Sie streiken bereits seit dem 30. Mai. Die meisten der 32 Beteiligten sind männlich, zwischen 20 und 30 Jahren alt und kommen aus Pakistan. Noch während der Tarifverhandlungen griffen am Nachmittag des 2. Oktober Angestellte des Unternehmens zwei Streikposten an. Nach diesem Vorfall brach die Gewerkschaft S.I. Cobas die Verhandlungen ab.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Streikposten vor den Lagerhallen waren zu diesem Zeitpunkt allein, da sich alle anderen Kollegen wegen der Verhandlungen in Florenz befanden. Der 56-jährige Mehdi Khan, einer der Angegriffenen, zittert, während er auf seinem Handy Bilder der Täter zeigt. Als er einen Transporter von Mondo Convenienza blockiert habe, sei dessen Fahrer ausgestiegen und habe sich mit Leuten im Depot verständigt. Khan berichtet, er habe den »capo grande«, den Chef des Lagerhauses, mit dem Fahrer reden sehen. Der Fahrer kam dann mit sechs weiteren Personen zu dem blockierten Eingang. Zu siebt schlugen sie auf Khan und seinen Genossen ein. Khan behauptet, dass der Chef des Depots die Aktion persönlich geleitet habe.
Am Morgen sind die Streikenden noch zuversichtlich, dass nach den vier Monaten, in denen sie sich gegen Lohndumping, unbezahlte Überstunden und fehlende Arbeitssicherheit wehrten, endlich eine Lösung gefunden wird. »Wir sind hoffnungsvoll«, sagt Ishtiaq Muhammad. Unterstützt von etwa 30 Menschen, die im Stadtzentrum von Florenz protestieren, setzen sich die Gewerkschafter Sarah Caudiero und Luca Toscano sowie Shoiab Saleem, der Delegierte der Streikenden, in der Präsidentschaft der Region Florenz an den Verhandlungstisch. Mit dabei sind Vertreter der Regionalverwaltung der Toscana und der Kommune Campi Bisenzio sowie Manager des Konzerns Mondo Convenienza, der Werkvertragsfirma RL2-Logistica und des Gewerkschaftsbundes CGIL.
Insgesamt vertreten die Streikenden die Interessen von 200 Angestellten in Campi Bisenzio. Der 31-jährige Luca Toscano erklärt: »Ein erfolgreicher Arbeitskampf in Campi Bisenzio hätte Folgen für alle Lagerhäuser und Produktionsstätten von Mondo Convenienza in Italien.«
Im Juni hatte das Unternehmen allen Streikenden in Campi Bisenzio gekündigt. Während des vergangenen Sommers breitete sich der Streik dann auf die Städte Turin, Bologna und den Hauptsitz Rom aus. Mondo Convenienza liegt in Italien mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro noch vor Ikea.
Der Streikende Ishtiaq Muhammad berichtet: »RL2 ist unsere Firma, aber wir arbeiten für Mondo Convenienza.« RL2-Logistica stellt die Arbeiter, die die Möbel montieren oder transportieren mit einem Werksvertrag an, der sie wie Reinigungskräfte einstuft. »Statt der 1400 bis 1500 Euro, die im Logistikbereich gängig sind, zahlt RL2 auf diese Weise nur 1180 Euro aus«, berichtet Khazifa Arshad. Die Streikenden berichten von zwölf bis 14 Stunden, die sie an sechs Tagen in der Woche arbeiten müssen. In schlechten Wochen kommen 84 Arbeitsstunden zusammen. Überstunden werden von RL2 nicht ausgezahlt.
40 Prozent des Lohns werden nur ausbezahlt, wenn in einem Monat an 22 Tagen oder mehr gearbeitet wurde. Wenn Beschäftigte wegen Krankheit oder aus anderen Gründen in einem Monat auf weniger als 22 Arbeitstage kommen, sinkt ihr Durchschnittsgehalt von 1180 Euro auf knapp 700 Euro. Dieses System ist illegal, wird aber von Mondo Convenienza und seinem Subunternehmen RL2-Logistica weiterhin praktiziert.
»Es wurden keine Logistikarbeitsverträge abgeschlossen. Zwar hat die Lokalpresse nach einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung berichtet, dass die Beschäftigen nun solche Verträge als Logistikarbeiter bekommen würden, aber das stimmt einfach nicht«, beschwert sich Gewerkschafter Toscano. »Die Meldung sollte in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, dass kein Grund zu streiken mehr besteht. Doch das ist eine Lüge.«
Der Frieden, den die Streikenden in den Städten Turin, Bologna und Rom bis Ende September mit dem Unternehmen vereinbart hatten, ist ausgelaufen. Luca Toscano rechnet nun mit einer Wiederaufnahme der Arbeitskämpfe. Für den Arbeiter Ishtiaq Muhammad zeigt das provisorische Holzhaus, das die Streikenden vor dem Lagerhaus in Campi Bisenzio errichtet haben, eines deutlich: »Auch im Winter geben wir nicht auf.«
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