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Frauen von RB Leipzig verlieren vor Rekordkulisse gegen Wolfsburg
Der Bundesliga-Aufsteiger ist in einer »Lehrgeld-Phase«, will in Zukunft aber um Titel spielen
Als die Zuschauerzahl verkündet wurde, brandete Applaus auf im großen Leipziger Stadion. Schließlich war diese Zahl am Sonntagnachmittag fast wichtiger als das Ergebnis des Duells zwischen den Fußballerinnen von Bundesliga-Aufsteiger RB Leipzig und dem VfL Wolfsburg. 10 269 Fans – so viele waren auf Klubebene noch nie zu einem Frauenspiel in Sachsen gekommen. Der Rekord lag bisher bei 1800 – aufgestellt von Leipzig im DFB-Pokal der Vorsaison.
Zwar verloren sich davon nur 1200 Fans auf der 13 500 Anhänger fassenden Stehplatztribüne, die bei den Spielen der Männer immer rappelvoll ist. Obwohl sich Vertreter der Fans des Männerteams und der der Frauen vorher abgesprochen hatten, fiel der Zuspruch der aktiven Fanszene der Männer mau aus. Doch vor allem in der zweiten Hälfte war der Support derer, die gekommen waren, durchaus stimmungsvoll. Auch die 300 Mitgereisten aus Wolfsburg sorgten mit Trommeln und Sprechchören für eine gute Bundesliga-Atmosphäre. Dass überhaupt so viele Neugierige ins Stadion gefunden hatten, ist ein Meilenstein für die Sportart und das Engagement für den Fußball der Frauen von RasenBallsport.
Dass die Gastgeberinnen gegen das europäische Spitzenteam aus Niedersachsen verlieren, war zu erwarten gewesen. Beim 0:2 (0:1) erzielten Ewa Pajor in der 38. Minute und Vivien Endemann in der 79. Minute jeweils nach Kontern die Tore. Wichtiger aber war den Verantwortlichen die Art und Weise, wie sich RB beim ersten und zunächst einmaligen Ausflug in die Leipziger Arena präsentierte. Nach nervösem Start mit guter Pressingarbeit, aber viel zu schnellen und vielen Ballverlusten machten die Gastgeberinnen in der zweiten Hälfte couragiert Druck und erspielten sich gegen den Favoriten Vorteile und Chancen. »Wir erhoffen uns, dass die, die vielleicht vorher noch nicht mit dem Frauenfußball in Berührung gekommen sind, dabeibleiben«, hatte Sportdirektorin Viola Odebrecht vor der Partie betont.
Kein Zweifel, in Leipzig soll ein neuer Leuchtturm für den Fußball der Frauen entstehen. Und wie immer, wenn Red Bull in etwas investiert, soll es zum einen nachhaltig sein und zum anderen ganz nach oben gehen. Deswegen ließ sich der Klub dieses Spiel samt Marketingkampagne mit Dutzenden Plakaten in der Stadt – Slogan: »Mutig nach vorn« – auch einiges kosten. Ein Zuschussgeschäft als Anschubfinanzierung. Auch Bremen und Bayern München nutzten die Länderspielpause, um ihren Frauenteams die Bühne in den großen Stadien zu geben.
Aktuell soll der Etat in Leipzig lediglich gut eine Million Euro betragen. Doch perspektivisch will RB um Meisterschaft, Pokal und Champions-League-Teilnahme spielen und den Vorreitern Bayern München und Wolfsburg Konkurrenz machen. »Leipzig ist eine Sportstadt und bereit für den Frauenfußball«, sagt Odebrecht. Die erfahrene Stürmerin Sandra Starke, die im Sommer aus Wolfsburg kam, meint: »Hier wird sehr viel getan für den Frauenfußball. Wir werden sehr gut unterstützt. Man merkt: Das ist ein Verein, die Frauenabteilung ist keineswegs nur für sich. Das ist harmonisch.« Und: »RB Leipzig hat die Möglichkeiten, Frauenfußball langfristig voran zu bringen.«
Dabei emanzipieren sich die Frauen durchaus von den erfolgreichen Männern. »Wir wollen Einblicke geben – Fans wie den Medien –, damit sie mehr in unseren Sport eintauchen können«, erklärt Odebrecht. »Es ist zwar auch Fußball, aber doch irgendwie ein anderer Sport. Wir erzählen andere Geschichten als die Männer; die Nahbarkeit im Frauenfußball ist sehr viel mehr gegeben.«
Dieses immense Potenzial mit der Unterstützung von Großsponsor Red Bull, um das auch jeder Gegner weiß, macht es Trainer Saban Uzun aktuell nicht leichter. Der gebürtige Tübinger muss einen »mittelgroßen Umbruch« im Team mit acht neuen Spielerinnen managen und dazu die neuen Ansprüche und Gegebenheiten in der 1. Liga moderieren. Hinzu kommt das schwerst mögliche Auftaktprogramm mit Spielen in Frankfurt (1:3), Wolfsburg und Meister Bayern München am kommenden Sonntag.
»Man darf das nicht mit den Männern vergleichen, als die in die 1. Liga aufgestiegen und einfach durchmarschiert sind«, sagt der 36 Jahre alte Aufstiegstrainer. »Es gibt allein innerhalb der 1. Liga der Frauen nochmal drei unterschiedliche Leistungsklassen.« RB wäre mit drei Punkten aus vier Spielen wohl froh, im ersten Jahr im gesicherten Mittelfeld der Zwölfer-Liga zu landen. Die gesamte Hinrunde bezeichnet Uzun als »Lehrgeld-Phase«, um sich an höheres Tempo, mehr Qualität und Körperlichkeit zu gewöhnen. Der Trainer wünscht sich: »Wir wollen zu Hause eine Festung entwickeln, mit den Fans eine verschworene Einheit werden.« Das soll mit aggressivem RB-Fußball gelingen, der auch die Männer groß gemacht hat. »Wir als Klub haben eine Identität – Intensität, Aggressivität, Dynamik, Tempo –, und das wollen wir neu in die Bundesliga mit hineintragen«, betont Uzun. Trotz der Niederlage gegen Topteam Wolfsburg nutzten die RB-Frauen ihre erste Chance vor großer Kulisse.
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