Berliner Polizeigesetz: Taser für die Weltmetropole

Bündnis fordert nachhaltige Sicherheit statt Symptombekämpfung

  • Moritz Lang
  • Lesedauer: 3 Min.
Protest gegen die Verschärfung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor dem Abgeordnetenhaus Berlin am Donnerstagmorgen
Protest gegen die Verschärfung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor dem Abgeordnetenhaus Berlin am Donnerstagmorgen

Trotz Regens und herbstlicher Temperaturen standen am Donnerstagmorgen etwa 50 Menschen zur Auftaktkundgebung des Bündnisses für soziale Sicherheit vor dem Abgeordnetenhaus Berlin. Zivilgesellschaftliche Gruppen wie Wrangelkiez United, der Arbeitskreis kritischer Jurist*innen und Bizim Kiez wollen zusammen neue Perspektiven in der Diskussion über den Sicherheitsbegriff eröffnen. Der Grundgedanke: Soziale Probleme seien vor allem durch soziale Sicherheit zu lösen, was ein Umdenken in der Wohnungs-, Drogen- und Asylpolitik erfordere.

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Anlass ist der Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog), der am Donnerstag in die erste Lesung im Abgeordnetenhaus ging. CDU und SPD begründen die Verschärfung des Gesetzes mit den »gewandelten Anforderungen sicherheitsbehördlicher Tätigkeit in einer Weltmetropole«. Übersetzt heißt das: Die Polizei soll über mehr Instrumente verfügen, um Berlin von den Symptomen von Armut, Austerität und restriktiver Asylpolitik zu säubern und die Stadt für Investoren attraktiver zu machen. Die jetzigen Maßnahmen würden nur die ersten einer »umfassenden Modernisierung des Berliner Polizeirechts« sein, wie Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, betonte.

Dauerhaft eingeführt werden sollen Kameras an Uniformen (Bodycams) und Distanzelektroimpulsgeräte (Taser). Auch soll der Präventivgewahrsam bei Verdacht auf schwere und terroristische Straftaten von bisher zwei auf fünf und sieben Tage erhöht werden. Der Unterbindungsgewahrsam gegen Ordnungswidrigkeiten wird zwar nicht verlängert, doch die Hürden sinken: Schon die Ankündigung der Tat, mehrfache Taten in der Vergangenheit oder das Auffinden von »Waffen, Werkzeugen oder sonstigen Gegenständen« zur Tatbegehung sollen dafür ausreichen.

David Kiefer, Sprecher des Bündnisses, kritisiert gegenüber »nd« an den Verschärfungen ein offensichtlich falsches Verständnis von Sicherheit: »Es wird schon lange mehr Polizei und Überwachung gefordert, aber es ändert sich nichts«. Man müsse Menschen eine Perspektive geben, anstatt sie zu kriminalisieren, ansonsten würden sich die Probleme nur an andere Orte verlagern. Als Beispiel nennt er den Effekt der Null-Toleranz-Politik im Görlitzer Park – in umliegenden Kiezen würden mittlerweile dreimal so viele Straftaten festgestellt. Die Verschärfung des Gesetzes treffe vor allem marginalisierte Gruppen wie Obdachlose, Suchtkranke und Menschen in psychischen Ausnahmesituationen.

»Taser sind gefährliche Waffen. Bei Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme oder Drogenkonsum kann der Einsatz lebensgefährlich sein«, warnt Kiefer. Die Elektroschocker dürfen zwar nicht gegen Kinder und Jugendliche unter 14, herzkranke oder schwangere Personen eingesetzt werden. So eine Bewertung basiert jedoch auf dem äußeren Eindruck, kann also leicht falsch sein. Vergangenes Jahr zeigte sich das allzu deutlich, als in Dortmund ein Mann vermutlich durch einen Taser-Einsatz starb. Bei der Obduktion wurden eine schwere Herzerkrankung und Anhaltspunkte für starke Alkoholisierung festgestellt.

Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, begrüßt gegenüber »nd« die Formierung des Bündnisses. Det Senat stecke zu wenig Geld in Prävention und soziale Sicherheit, während es bei Repression und Grundrechtseinschränkung nicht schnell genug gehen könne.

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