Vorsicht, Gesichtserkennung!

Sachsen betreibt Kamerasäulen in der Oberlausitz weiter

Neues Wahrzeichen in Görlitz: Videoüberwachung mit Gesichtserkennung an der Fußgängerbrücke zur Schwesterstadt Zgorzelec in Polen.
Neues Wahrzeichen in Görlitz: Videoüberwachung mit Gesichtserkennung an der Fußgängerbrücke zur Schwesterstadt Zgorzelec in Polen.

Die Polizeidirektion Görlitz will ihr auf Gesichtserkennung basierendes »Personen-Identifikations-System« (Peris) weiter nutzen und dieses sogar noch erweitern. Das bestätigte ein Sprecher auf Anfrage des »nd«. Zuvor hatte sich auch die sächsische Linke-Abgeordnete Jule Nagel in zwei Anfragen nach der möglichen Fortführung in der Oberlausitz erkundigt. In den Antworten schreibt das Innenministerium, das System könne auch nach Auslaufen einer entsprechenden Regelung im Polizeigesetz weiter betrieben werden.

Das »Peris« ist die einzige Anlage zur Videoüberwachung in Deutschland, die eine Erkennung von Gesichtsbildern ermöglicht. Eine Sonderkommission »Argus« verfolgt damit seit 2019 Straftaten im Bereich der Eigentumskriminalität an der deutsch-polnischen Grenze. Über einen Abgleich mit Polizeidatenbanken können zur Fahndung oder Beobachtung ausgeschriebene Personen und Fahrzeuge entdeckt werden. Bislang wurden auf diese Weise aber nur ein Treffer mit Gesichtern und zwei Treffer mit Kennzeichen erzielt.

In Görlitz besteht das »Peris« aus zehn Säulen an Kreuzungen sowie an Grenzübergängen zu Polen. Außerdem werden zwei mobile Kameras in Polizeifahrzeugen genutzt. Das System sollte 5 Millionen Euro kosten, laut der Landesregierung ist die Hälfte davon bereits »abgeflossen«.

Nun sollen auch in Zittau sowie »grenznah« an der Bundesstraße 178 sieben Kamerasäulen errichtet werden. Bauliche Erschließungsarbeiten und »Beschaffungsmaßnahmen« seien veranlasst, sagte der Sprecher. Zudem würden für Zittau zwei mobile »Peris«-Systeme gekauft.

Als rechtliche Grundlage für das »Peris« hatte die Landesregierung Paragraf 59 des sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes geändert. Damit darf die Polizei schwerer grenzüberschreitender Kriminalität mit dem »Einsatz technischer Mittel« begegnen. Die Gesetzesnorm dient der Strafverfolgung und gilt nur noch dieses Jahr.

Nach einer Evaluierung hatte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) im Kabinett erklärt, die Technik werde nicht weiter genutzt. Der »technische und personelle Aufwand« sei zu groß, zudem habe sich »der fachliche Erfolg im Praxisbetrieb nicht eingestellt«. Die auslaufende Gesetzesnorm werde daher nicht verlängert.

Die nun erfolgte Kehrtwende begründet die Polizei gegenüber dem »nd« nicht. Jedoch nennt sie einen anderen Zweck für die anlasslose Videoüberwachung, die demnach »maßgeblich zur Strafverfolgungsvorsorge« eingesetzt werde. Täter würden auf diese Weise »von der Tatbegehung abgeschreckt«.

Möglich ist diese »Gefahrenabwehr« gemäß Paragraf 57 des Polizeigesetzes. Das so entstandene Videomaterial solle anschließend aber auch zur Strafverfolgung genutzt werden, so der Sprecher.

»Die immer größer werdende Zahl an Kamerasäulen bleibt ein teures Spielzeug«, kritisiert der Linke-Landtagsabgeordnete Mirko Schultze die Fortführung des »Peris« in der Oberlausitz. Die Anlagen sollten wohl die Bevölkerung beruhigen, sagte der Sprecher für Kommunalpolitik und Bevölkerungsschutz zu »nd«.

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