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Rheinmetall: Wenn die Violinen schweigen

Kriege sichern dem deutschen Rheinmetall-Konzern traumhafte Gewinne

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

»Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen.« Diese Aussage wird dem Bankier Carl Mayer von Rothschild (1788–1855) zugeschrieben – die aktuellen Kriege in der Ukraine und in Nahost bestätigen diese Börsenweisheit auf traurige Weise.

Anfang kommenden Monats wird die deutsche Rheinmetall AG ihre jüngsten Quartalszahlen vorlegen. Diese werden all jene glücklich machen, die Aktien des Rüstungskonzerns besitzen. Experten erwarten einen Umsatz von 1,76 Milliarden Euro – das wäre ein Zuwachs von 24,53 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Derzeit beträgt der Börsenwert einer Aktie rund 253 Euro; die US-Bank JP Morgan nahm dieser Tage eine sogenannte Overweight-Bewertung vor und bestätigte ein mögliches Kursziel von 320 Euro.

Rund 28 000 Angestellte produzieren weltweit an 139 Standorten alles, was Tod und Verderben bringt. Allein aus den Mitteln des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens der Bundeswehr erwartet man am Firmensitz in Düsseldorf in diesem Jahr Aufträge im hohen einstelligen oder sogar zweistelligen Milliardenbereich. Unter anderem wegen des Munitionsbedarfs in der Ukraine will Rheinmetall zwischen 20 und 30 Prozent jährlich weiter wachsen.

So im Aufwind, zeigt sich der Konzern großzügig und signalisiert in einer ARD-Reportage erstmals die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung mit der Bundesregierung. Von der hatte man eine Entschädigung wegen eines geplatzten Rüstungsgeschäfts verlangt: Rheinmetall hatte damit begonnen, mit einem Auftragsvolumen von rund 130 Millionen Euro ein Gefechtsübungszentrum bei Moskau aufzubauen, in dem russische Heerestruppen den Angriff übten. Nach der russischen Krim-Annexion im Jahr 2014 wurde dies jedoch von der Bundesregierung gestoppt.

Nun holt man sich die entgangenen Gewinne – samt »Zinsen« – auf der anderen Seite der Front. Vor allem wegen der milliardenschweren Waffenlieferungen in die Ukraine, die von der rot-grün-gelben Bundesregierung befeuert werden, steuern die deutschen Rüstungsexporte insgesamt in diesem Jahr auf einen Rekord zu. Mehr als ein Drittel der deutschen Exportgenehmigungen von insgesamt 8,76 Milliarden Euro entfielen laut einer vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten Statistik mit 3,3 Milliarden Euro auf die Ukraine. Damit haben sich die Exportgenehmigungen in das von Russland überfallene Land im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als vervierfacht.

In dieser Woche ließ sich die deutsche Wirtschaft feiern, weil sie ungeachtet des andauernden Krieges stärker in der Ukraine investieren will. Viele Unternehmen hätten ein großes Interesse an einem Ausbau der Partnerschaft mit ukrainischen Firmen, sagte Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, am Dienstag beim 6. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte der Ukraine abermals die langfristige Unterstützung Deutschlands auch beim Wiederaufbau zu und versprach in Berlin: »Die Ukraine kann sich auf Deutschland verlassen.« Es sei nicht selbstverständlich, in einem Land zu investieren, das in einem Krieg sei, betonte auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und erwartete Lob dafür, dass man handelshemmende bürokratische Hürden abbaut.

Wohin die Reise wirklich geht, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem per Video an das Wirtschaftstreffen in Berlin übertragenen Grußwort. Oberste Priorität habe demnach der Verteidigungssektor. Selenskyjs Worte haben nicht nur damit zu tun, dass die Ukraine generell und dringend neue Waffen sowie mehr Munition für den Abwehrkampf gegen Russland benötigt. Kiew erwartet ein nachlassendes Interesse westlicher Regierungen an dem Abwehrkampf der Ukraine.

Spätestens wenn Donald Trump oder einer seiner Getreuen das Weiße Haus zurückerobert, dürfte die Großzügigkeit enden. Durch mehr Investitionen in die eigene Produktion will Kiew einem solchen drohenden Verlust vorbeugen. Auch die Konzentration westlicher Staaten auf den Krieg, den Israel gegen die Hamas in Gaza führt, bereitet in der Ukraine Sorgen.

Jedoch geht es auch um Profite: Bis 2040 will die Ukraine »die führende Nation in der Rüstungsindustrie sein«, erklärte Oleksandr Kamyschin. Er ist Minister für strategische Industrie und gibt zu: »Mit einem Kilogramm an Verteidigungsgütern kann man genauso viel Geld verdienen wie mit 20 Tonnen Getreide«, so Kamyschin. Was früher die Agrarindustrie gewesen sei, werde künftig die Rüstungsindustrie sein.

Bei solchen Gewinnerwartungen will Rheinmetall dabei sein. Bereits jetzt hat man mit der von der Bundesregierung finanzierten Lieferung von zumeist ausgedienten Leopard-Panzern, Marder-Schützenpanzern, Feldlazaretten, Militär-Lkw und Aufklärungssystemen sowie der Beteiligung an sogenannten Ringtausch-Aktionen große Gewinne erzielt.

Den Löwenanteil erwirtschaftet der Düsseldorfer Konzern im Ukraine-Krieg jedoch durch den Verkauf von Artilleriemunition. Nicht nur die Masse der verkauften Munition ist gewachsen, auch die Preise hat Rheinmetall deutlich erhöht. Laut Experten, die unter anderem Verträge der spanischen Rheinmetall-Tochter Expal analysierten, kosten dieselben Granaten inzwischen das Drei- bis Vierfache.

Bereits im Mai hatten Rheinmetall und der ukrainische Staatskonzern Ukroboronprom eine engere Zusammenarbeit auf den Weg gebracht. Seit einer Woche ist nun die Gründung einer Rheinmetall Ukrainian Defence Industry LLC vollzogen. Die Bundesregierung hält 51 Prozent, Kiew 49 Prozent der Anteile. Das Bundeskartellamt gab für den Deal bereits grünes Licht. Das Unternehmen wird seinen Sitz in Kiew haben und »Tätigkeiten in den Bereichen Service- und Wartungsdienstleistungen, Montage, Produktion und Entwicklung von Militärfahrzeugen übernehmen«.

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