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Trotamar III: Hilfsaktion im Mittelmeer
Segelboot aus dem Wendland rettet 20 Geflüchtete
Die Besatzung des aus Niedersachsen kommenden Segelbootes Trotamar III hat am Montag im südlichen Mittelmeer 20 Flüchtlinge aus akuter Seenot gerettet. Es handele sich um 14 Menschen aus Eritrea, vier aus Ägypten und zwei aus dem Südsudan, teilte die Initiative »Compass Collective« aus dem Wendland am Dienstag mit.
Die Geretteten waren demnach Ende vergangener Woche mit einem Boot in Libyen aufgebrochen. Schon bald hätten die Motoren versagt, der Kahn sei im Wellengang gedriftet. Ein Frachter habe einen Notruf abgesetzt, das Boot habe in dessen Windschatten die Nacht überstehen können. Doch dann sei das Wetter rauer geworden. »Um acht Uhr morgens bei Windstärken um 5 Beaufort und Wellen von zwei Metern Höhe nahm die Crew der Trotamar III in Absprache mit dem Kapitän des Frachters die 20 Schiffbrüchigen an Bord«, berichtete Katja Tempel vom »Compass Collective«. Gleichzeitig seien die Seeschifffahrtsbehörden informiert und gebeten worden, Hilfe zu schicken.
Die nur 13 Meter lange Segelyacht Trotamar III ist erst seit August 2023 im Einsatz auf der sogenannten Tunesienroute zwischen der zu Italien gehörenden Insel Lampedusa und dem nordafrikanischen Land. Die selbst gestellte Aufgabe ist eigentlich das »Boat Spotting«. Das heißt, dass die Besatzung die Region nach Notfällen absucht. Zudem sollen staatliche Übergriffe auf Geflüchtete wie zum Beispiel illegale »Pushbacks« dokumentiert werden. Nur in akuten Notfällen rettet das »Compass Collective« auch selbst. An Bord des Segelbootes befinden sich 230 Rettungswesten, zwei Rettungsschläuche und Rettungsinseln, um im schlimmsten Fall Menschen über Wasser halten zu können.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
»Am Montag blieb der Crew keine andere Wahl, als die Menschen direkt auf ihr Boot aufzunehmen«, berichtet Tempel. Die Geretteten seien zunächst mit Wasser, Tee, warmen Essen und Rettungsdecken versorgt worden. Auch einfache medizinische Fälle konnten an Bord behandelt werden.
Bereits am Sonntag hatte die Besatzung der Trotamar III ein seeuntaugliches Boot mit 40 Menschen an Bord entdeckt. Sie verteilte Rettungswesten, Wasser, Müsliriegel und Schöpfbecher. Um das Boot gewichtsmäßig zu entlasten, wurden bereits vier Personen an Bord der Segelyacht genommen. Die italienische Küstenwache traf erst sieben Stunden nach Absetzen eines Notrufs ein und übernahm die Geretteten.
Tempel erinnerte daran, dass seit 2014 mehr als 28 000 Menschen bei dem Versuch ertrunken sind, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, rund 2500 allein seit Anfang dieses Jahres. Die Aktiven des Compass Collective sind überzeugt, dass die Zahl derer, die sich auf diesen gefährlichen Weg machen, vor allem wegen der sich rasant verschärfenden Klimakrise in Afrika und Asien, weiter zunehmen wird – und damit auch die der Toten. Denn es existierten keine legalen Wege, über die Menschen in die EU gelangen können, so Tempel. Europa trete die Würde Flüchtender »und damit auch unsere eigene« mit Füßen. Deswegen habe sich auch die kleine wendländische Gruppe entschieden, ein Boot ins Mittelmeer zu schicken.
Seit 2015 engagieren sich private zivilgesellschaftliche Initiativen bei der Rettung von Geflüchteten aus Seenot im Mittelmeer. Damals hatte es besonders viele Todesfälle gegeben. Zu den ersten Organisationen gehörte der deutsche Verein Sea-Watch. Im Compass Collective engagieren sich Menschen aus jener Region, die seit 45 Jahren durch den Widerstand gegen die Atomenergie geprägt ist. Bevor die sechsköpfige Crew der Trotamar III im August von Sizilien aus in ihr Einsatzgebiet aufbrechen konnte, waren monatelange Vorbereitungsarbeiten nötig.
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