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Unterbringung von Geflüchteten: Herausfordernd, aber machbar
Eine Umfrage unter Städten und Gemeinden hinterfragt das Narrativ von »Kommunen am Anschlag«
Die Kommunen in Deutschland seien am Limit und könnten keine weiteren Geflüchteten mehr aufnehmen. So lautet ein gängiges Narrativ, das politisch gerne für die Forderung nach verschärften Asylregelungen genutzt wird. Bislang gab es für diese Behauptung jedoch gar keine Daten.
Nun zeigt eine Umfrage der Forschungsgruppe Migrationspolitik der Universität Hildesheim und des Mediendienstes Integration: 58 Prozent der befragten Kommunen beschreiben die Lage als herausfordernd, aber immer noch machbar. Im Notfallmodus sehen sich 40,5 Prozent und gar keine Probleme haben 1,5 Prozent. Allerdings sei die Umfrage nicht repräsentativ, erläutert Studienautor Boris Kühn von der Uni Hildesheim in einem Pressegespräch am Donnerstag. 616 Kommunen hätten die Umfrage vollständig beantwortet, davon die Hälte aus Baden-Württemberg und besonders wenige aus den ostdeutschen Bundesländern. Dennoch erlaube diese Umfrage eine Einschätzung der Lage.
Diese hänge zum Teil von der Größe der Kommune ab: Unter den Großstädten sehen sich 30 Prozent der Befragten als überlastet, unter mittleren und kleinen Städten sind es 37 und unter Kommunen mit weniger als 5000 Einwohnenden sowie Landkreisen sind es 44 Prozent.
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Konkret geht es bei der Frage nach der Auslastung meist um die Unterbringung der Geflüchteten. Hier sei überraschend, dass über die Hälfe der Kommunen (55 Prozent) bislang gar keine Notunterkünfte nutzt. Wenn doch, dann handle es sich vor allem um Container (35 Prozent). Sporthallen (sechs Prozent) und Zelte (ein Prozent) spielen kaum eine Rolle. Fast die Hälfte aller Kommunen (46,5 Prozent) nutzt Sammelunterkünfte, der allergrößte Teil privat angemietete (86,5 Prozent) und kommunale (78 Prozent) Wohnungen.
Dabei seien Not- und Sammelunterkünfte in Kommunen mit bis zu 20 000 Einwohnenden deutlich seltener als in größeren Städten und es gelinge häufiger eine Unterbringung in richtigen Wohnungen. Überraschend sei dieses Ergebnis einerseits deshalb, so Kühn, weil das Bundesgesetz Sammelunterkünfte als Unterbringung favorisiere. Andererseits aber auch, weil die Selbsteinschätzung »Notfallmodus« nicht mit der Nutzung von Notunterkünften korrespondiere.
»Das macht deutlich, dass es sich bei der Beantwortung der Befragung um die Sicht der Verwaltungen handelt«, heißt es in der Studie. Für die Geflüchteten sei die Unterbringung in Notunterkünften vermutlich deutlich belastender als für die Kommunen, die mit deren Verwaltung weniger Arbeit haben als mit Anmietung und Betreuung vieler kleiner Wohneinheiten. Andererseits sei auch die Unterbringung in einer Wohnung nicht immer komfortabel: Nicht selten müsse diese von mehreren Familien geteilt werden.
Neben der Unterbringung nannte rund ein Drittel der Kommunen Kitas und Verwaltungen überlastet. Auf die Frage, was der eigenen Kommune helfen würde, seien vor allem drei Maßnahmen in ähnlicher Anzahl genannt worden: Begrenzung der Zuwanderung, bessere Finanzierung sowie staatliche Unterstützung bei der Unterbringung von Geflüchteten oder auch dem Wohnungsbau.
»Es fehlt an konkreten Zugeständnissen des Bundes, die Kommunen hinreichend zu unterstützen«, ergänzt Miriam Marnich, Referatsleiterin für Flüchtlingspolitik und Antidiskriminierung beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Die bisherigen Finanzhilfen und weitere staatliche Bemühungen würden nicht mehr ausreichen. »Wir fordern eine Neuausrichtung der Migrationspolitik«, so Marnich. Konkret gemeint ist damit eine Steuerung und Begrenzung der Migration auf »tatsächlich Schutzbedürftige«, eine stärkere Bekämpfung von Fluchtursachen sowie eine »faire Verteilung« der Geflüchteten auf die Kommunen zwecks besserer Planbarkeit.
»Wir brauchen ein Frühwarnsystem, das uns über ankommende Personen informiert, auch um Bürgerinnen und Bürger informieren zu können«, erläutert sie. Ansonsten drohe die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme zu schwinden – wie in den bayerischen und hessischen Wahlergebnissen bereits sichtbar geworden sei. Schließlich schlägt der Städte- und Gemeindebund eine Grundgesetzänderung vor. In den Artikel 91a, der eine Mitwirkung des Bundes an Aufgaben der Länder regelt, solle Unterbringung und Integration von Geflüchteten und Asylsuchenden aufgenommen werden.
Zu einer »sachlichen Migrationsdebatte« ruft auch die Brandenburger Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier auf. Gemeinsam mit Initiativen und zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen zeigt sie sich besorgt über »irreführende Behauptungen, populistische Vorschläge und eine zunehmend nach rechts driftende Rhetorik«. Es werde der Eindruck erweckt, als seien Flucht und Migration das einzige Problem. Dabei wiesen Migrant*innen vielmehr auf Probleme hin, die es zuvor schon gab, wie zum Beispiel fehlender Wohnraum. »Für all diese konkreten Probleme braucht es konkrete Lösungen. Was es nicht braucht, ist die Stigmatisierung von Menschen.«
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