FC Bayern: Bestleistung nach der Blamage von Saarbrücken

Der FC Bayern zeigt sich beim 4:0 in Dortmund stärker denn je

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

Als der dreifache Torschütze Harry Kane hinterher mit dem Spielball in der Hand glückselig ein Selfie knipste und die Mannschaft des FC Bayern ausgelassen vor den eigenen Fans im Takt der Triumphgesänge hüpfte, schien die Welt der Münchner wieder in Ordnung zu sein. Drei Tage nach dem peinlichen Aus im DFB-Pokal durch die 1:2-Niederlage beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken hatten die Bayern bei Borussia Dortmund eine 4:0-(2:0)-Machtdemonstration zur Aufführung gebracht und ihre Erfolgsserie im deutschen Klassiker fortgesetzt. Zehn der vergangenen elf Vergleiche haben sie gegen den BVB gewonnen, unterbrochen nur von einem Remis.

Vor allem aber war es diesmal ein Klassenunterschied gewesen, mit dem die Münchner über die Dortmunder hinweggefegt waren und die sportlichen Debatten nach ihrer verpassten Titelchance im Pokal vorerst beruhigten. Man wisse ja, wie die »Geräuschkulisse dann bei Bayern ist«, sagte Trainer Thomas Tuchel am Samstagabend in einer Rückblende zum Mittwoch, »mit der Narbe müssen wir jetzt leben. Aber es gibt auch ein Leben nach dem Pokal-Aus, und die Reaktion war absolut top.«

Mit seinen weiteren Auftritten in den Interviews bei Sky vor und nach dem Spiel sowie zu Beginn der Pressekonferenz hatte Tuchel allerdings für neue Diskussionen gesorgt. Immer wieder arbeitete er sich an der jüngsten Kritik der Sky-Experten Lothar Matthäus und Dietmar Hamann ab. Zudem nahm er Bezug auf einen Bericht von Sport1, in dem von Rissen zwischen ihm und der Mannschaft die Rede gewesen war. Tuchel sagte mit beißender Ironie: »Für eine Mannschaft ohne Weiterentwicklung und mit schlechtem Innenverhältnis zwischen Spielern und Trainer sah es ganz okay aus.«

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Bemerkenswert dünnhäutig wirkte Tuchel. Dafür traten seine Spieler in Dortmund sehr souverän und sehr konzentriert auf. Es war ihre wohl beste Leistung dieser Saison. Dazu beigetragen hatte die frühe Führung durch Dayot Upamecanos Kopfball nach Leroy Sanés Eckball (4.). Kurz darauf schloss Kane einen Konter zum gefühlt schon vorentscheidenden 2:0 ab, obwohl da erst die neunte Minute lief. Später ließ der 30 Jahre alte Mittelstürmer noch das 3:0 (72.) und 4:0 (90.+3) folgen.

Bei 15 Ligatoren nach zehn Spieltagen steht der Engländer nun, insgesamt haben die Bayern in der Bundesliga schon 38 Tore angehäuft. Es sind zu diesem Zeitpunkt zwei Rekorde, die, hochgerechnet auf die gesamte Saison, zu 51 (Kane) und 129 Toren (insgesamt) führen würden. Pulverisiert wären damit die bisherigen Bundesligarekorde von 41 Toren (Robert Lewandowski beim FC Bayern in der Saison 2020/21) und insgesamt 101 Toren (FC Bayern in der Saison 1971/72). Am Mittwoch kann sich Tuchels Mannschaft zudem in der Champions League mit einem Sieg gegen Galatasaray Istanbul schon nach vier von sechs Gruppenspielen vorzeitig fürs Achtelfinale qualifizieren. Und in der Bundesliga bleibt sie Tabellenführer Leverkusen mit zwei Punkten Rückstand auf den Fersen.

Die vermeintliche Krise, die nach der Blamage im Pokal aufzuziehen schien? War nach der Bestleistung in Dortmund nicht mehr erkennbar, obwohl die Münchner personell geschwächt und mit den angeschlagenen Upamecano (nach Muskelblessur), Leon Goretzka (Handbruch) und Noussair Mazraouzi (Erkältung) angetreten waren. Man habe die Dortmunder auch über die immer wieder schnell vorgetragenen Konter »plattgemacht«, sagte Goretzka später stolz, nachdem er nach Upamecanos Auswechselung vom Mittelfeld in die Innenverteidigung umgezogen war. »Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt, dass wir da sind und große Spiele machen können, wenn es drauf ankommt«, befand der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen.

Die Dortmunder blieben extrem enttäuscht und ratlos zurück, nachdem sie zuvor 17 Bundesligaspiele nicht verloren hatten. Nun aber musste Trainer Edin Terzic feststellen: »Wir waren in allen Bereichen die schlechtere Mannschaft.« Dabei hatte er vor dem Spiel noch hoffnungsfroh den nächsten Schritt in der Entwicklung in Auftrag gegeben. Stattdessen hatte er einen Rückschritt gesehen – oder einfach nur eine weitere Bestätigung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse.

Tuchel platzierte derweil weitere Spitzen gegen die Kritiker. Er sagte: »Wir haben viele Dinge gehört, was bei uns angeblich alles nicht stimmt. So schlimm kann es wohl nicht sein.« Als sich Matthäus neben ihm einschaltete, sagte Tuchel: »Ich möchte gar nicht in die Diskussion. Wenn ich durch bin, möchte ich gehen.« Dann brach er das Interview ab: »Wir haben 4:0 gewonnen, jetzt müsst ihr eine 180-Grad-Wende machen. Viel Spaß.« Alle Debatten hatte Tuchel damit nicht beruhigt. Auch nicht die internen beim FC Bayern über die Außendarstellung des Trainers.

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