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1. FC Union Berlin in Neapel: Die Sorgen mit der Champions League

Die Köpenicker sollten die Spiele in der Königsklasse nicht mehr allzu ernst nehmen

Ohne Worte: Enttäuschung und Verzweiflung sind Unions Kapitän Christopher Trimmel ins Gesicht geschrieben.
Ohne Worte: Enttäuschung und Verzweiflung sind Unions Kapitän Christopher Trimmel ins Gesicht geschrieben.

Diego Maradona erwartet den 1. FC Union: Im Stadion des SSC Neapel treten die Berliner Fußballer an diesem Mittwoch gegen Italiens Meister an. Von Vorfreude auf einen großen Abend in der Champions League war bei Christopher Trimmel rein gar nichts zu spüren. Kein Wunder nach zwölf Niederlagen in Folge. »Wir haben die Chance, uns in vier Tagen wieder beweisen zu können.« Das war das einzig Positive, das der Kapitän der Köpenicker nach dem 0:3 gegen Eintracht Frankfurt am vergangenen Sonnabend der kommenden Aufgabe abgewinnen konnte.

Mit sorgenvoller Miene sagte Trimmel: »Wir sind gerade einfach nicht gut genug.« Erstaunlicherweise gilt das nur bedingt für die Champions League. Bei Rekordsieger Real Madrid verlor Union 0:1 in der Nachspielzeit. Mit dem gleichen Ergebnis endete das Hinspiel im Olympiastadion gegen Neapel. Und beim 2:3 gegen den SC Braga verspielten die Berliner einen 2:0-Vorsprung. In der Gruppe C ist vor den Rückspielen sogar noch Platz zwei und damit das Weiterkommen möglich – oder als Dritter das Überwintern in der Europa League. Aber genau das scheint in vielerlei Hinsicht ein Teil der Krise zu sein: Was als einzigartige Erlebnisreise durch Europa gedacht war, ist zu einer großen Last geworden.

»Wir versuchen seit Wochen, den Abstiegskampf in die Köpfe der Mannschaft zu bekommen«, gestand Trimmel. Das sei jedoch angesichts des frühen Saisonzeitpunkts schwierig, erklärte der Kapitän und forderte, dass sich jetzt jeder mal die Tabelle anschauen solle: »Dann wissen alle, wo wir stehen.« Nach acht verlorenen Bundesligaspielen in Serie sind die Berliner auf den Relegationsrang abgerutscht, nur noch das bessere Torverhältnis trennt sie von einem Abstiegsplatz. Ob die ersten Punkte seit August am kommenden Sonntag ausgerechnet gegen den bislang ungeschlagenen Tabellenführer Bayer Leverkusen geholt werden können?

Spiele wie im Stadio Diego Armando Maradona machen den Ligaalltag nicht leichter. Mit der zusätzlichen Belastung sollte Union nach den Erfahrungen in der Europa League und Conference League umgehen können. Es ist wohl eher der Klang der Champions League mit Gegnern wie SSC Neapel oder Real Madrid, der die Konzentration von Spielen gegen Hoffenheim oder in Heidenheim ablenkt. Der Mannschaft kann in Sachen Einsatz, Kampf und Leidenschaft kein Vorwurf gemacht werden, aber die Ergebnisse und Leistungen nach jeweils guten Auftritten in der Königsklasse lassen durchaus die Vermutung zu, dass die Köpfe der Spieler in der Bundesliga nicht ganz so frei wie nötig sind.

Es ist jedoch auch immer eine Frage der Einstellung. Dafür ist Trainer Urs Fischer verantwortlich. Jeder Wechsel in der Startaufstellung lässt sich mit dem Hinweis auf die Belastungssteuerung rechtfertigen. Spätestens jetzt sollte jedoch die Bundesliga oberste Priorität haben. Das schien beispielsweise vor dem Hinspiel gegen Neapel nicht der Fall gewesen zu sein: Gegen den VfB Stuttgart spielten Lucas Tousart und Kevin Volland von Beginn an. Ein Fehler? Ja, wenn man die Leistung des Teams und die Auswechslung beider Spieler nach Halbzeit eins als Antwort nimmt. Gleiches gilt für die jüngste Partie gegen Frankfurt: Benedict Hollerbach blieb bis zu seiner Auswechslung in der 56. Minute vollkommen wirkungslos. Mit Kevin Behrens kam sofort Schwung ins Angriffsspiel.

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Hier soll keine Trainerdiskussion geführt werden. Fischer und Union, das passt – in guten wie in schlechten Zeiten. »Vom Zusammenhalt wird nicht nur erzählt, hier wird er gelebt«, kommentierte der Trainer die Treuebekundungen der Fans beim Spiel gegen Frankfurt. Nach dem Abpfiff sprach Fischer von Fehlern, »die wir immer wieder wiederholen«. Da niemand fehlerfrei ist, gilt das auch für den Schweizer, der den Fokus nun komplett auf die Bundesliga richten sollte. Hilfreich ist in jedem Fall, dass auch der Verein bedingungslos zum Schweizer steht.

Fischers Frankfurter Kollege Dino Toppmöller erwähnte das »Spielglück« seines Teams. Ein Wort, mit dem Unions Trainer den Erfolg in den vergangenen Jahren immer wieder beschrieben hatte. Nicht ohne Grund. Denn sein Team spielte meist am Limit. Wenn nicht alles richtig zusammenpasst, können die Ergebnisse plötzlich ganz anders aussehen. Im Gegensatz zum Glück, ist es nicht nur Pech, was die Berliner jetzt verfolgt. Bei nun fünf Pflichtspielen hintereinander ohne Torerfolg ist auch Unvermögen im Spiel. Bestes Beispiel: Kevin Behrens. So sehr der Stürmer Unions Offensive nach seiner Einwechslung gegen Frankfurt belebte, so erschreckend schwach blieb er im Abschluss. Aus sieben Metern, frei vor Keeper Kevin Trapp, setzte er einen Kopfball neben das Tor.

Letztlich kann Fischer aber auch nur das aufstellen, was er hat. Einerseits fehlten und fehlen immer wieder wichtige Fixpunkte im Team, durch Verletzungen oder Sperren. Andererseits konnte bislang kaum ein Neueinkauf wirklich überzeugen. Selbst Nationalspieler Robin Gosens kann in der Krise keinen Unterschied machen. Die Champions League scheint auch auf dem Transfermarkt zu ungewohnten Schwierigkeiten bei Union geführt zu haben. Noch weniger als Gosens rechtfertigen bislang Leonardo Bonucci oder Kevin Volland ihren Ruf. Mittelfeldspieler Lucas Tousart kommt im anspruchsvollen Fischer-System überhaupt nicht zurecht. Und Offensivtalent David Fofana zeigt charakterliche Schwächen. Seine Arbeit in der Zeit vor der Champions League beschrieb Kaderplaner Oliver Ruhnert so: »Wir mussten Sachen machen, um konkurrenzfähig zu sein.« Diese Sachen hat er herausragend gut gemacht. Bei der Herausforderung Königsklasse scheint auch er Fehler gemacht zu haben.

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