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974 Unterschriften für sachliche Asyldebatte
Brandenburgs Integrationsbeauftragte freut sich über große Unterstützung ihres Aufrufs
»Ich bin überwältigt von der Resonanz unseres Aufrufs«, sagt Brandenburgs Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier. »Damit wird ein deutliches Signal gesetzt, dass viele Menschen in unserem Bundesland mit der zunehmend populistischen Rhetorik nicht einverstanden sind. Sie wünschen sich einen sachlichen Diskurs zum Thema Migration und Flucht und nicht, dass der Wahlkampf auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen wird.«
Zeitgleich mit der Europawahl ist am 9. Juni 2024 in Brandenburg Kommunalwahl und drei Monate später, am 22. September, ist Landtagswahl. Schon 974 Einwohner haben mit Stand 8. November einen »Aufruf für eine sachliche Migrationsdebatte« unterzeichnet, den Doris Lemmermeier am 1. November gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden, Migrantenorganisationen und Politikern gestartet hatte. Unterschrieben haben etliche Landtagsabgeordnete der Linken und der Grünen sowie auch Kommunalpolitiker dieser beiden Parteien. »Seit Wochen beobachten wir, wie sich die Debatte um Migration immer mehr in den Mittelpunkt schiebt, fast so, als gäbe es keine anderen Probleme in diesem Land«, hatte Lemmermeier am 1. November erklärt.
Und Imma Chienku vom Flüchtlingsselbsthilfeverein Refugees Emancipation hatte hinzugefügt: »Das derzeitige Klima führt dazu, dass sich die Menschen nicht mehr sicher fühlen, ja sogar Angst haben. Die Diskriminierung, der Alltagsrassismus nehmen spürbar zu.« Die aktuelle Betonung illegaler Übertritte von Geflüchteten über die polnische Grenze verkenne, »dass es keinen legalen Weg der Einreise für sie gibt«.
Für die Grünen, die in Brandenburg mitregieren, geben die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke und die CDU von Innenminister Michael Stübgen derzeit ein trauriges Bild ab. »CDU und SPD überbieten sich mit aktionistischen Forderungen und Scheinlösungen, sie laufen der Rhetorik des rechten Randes hinterher, statt mit nüchterner Sprache und ruhiger Sachpolitik einen Kontrapunkt zu setzen«, kritisiert die Grünen-Landesvorsitzende Hanna Große Holtrup. »Nach Grenzkontrollen und Bezahlkarte bekommt diese ohnehin schon schiefe Debatte mit dem Vorschlag zu kommunalen ›Ausreisezentren‹ weiter Schlagseite.« Große Holtrup stellt klar: »Die Ankündigung des Innenministers, kommunale Abschiebezentren einrichten zu wollen, war nicht abgestimmt. Selbstverständlich sehen wir Bündnisgrünen diesen Schnellschuss kritisch.«
Obendrein entfiel nun auch ein Sperrvermerk im Haushalt des Innenministeriums für eine Summe für den geplanten Bau eines Behördenzentrums am Flughafen BER in Schönefeld. Für dieses Projekt hat die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige den Begriff »Abschiebedrehkreuz« geprägt. In dem Gebäudekomplex sollen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Bundespolizei und die Ausländerbehörden des Landes Brandenburg und des Landkreises Dahme-Spreewald zusammenwirken. Auch ein Amtsgericht und ein Verwaltungsgericht sollen dort unterkommen und zum Beispiel Eilanträge gegen Asylbescheide und Abschiebungen verhandeln. Von zusammen 200 Stellen ist die Rede.
Rosa Hurm, Landessprecherin der Grünen Jugend, ist deswegen sauer auf Finanzministerin Katrin Lange (SPD). Lange betone immer wieder, wie angespannt die Haushaltslage sei. Wenn es aber darum gehe, mit einem überdimensionierten Abschiebezentrum menschenunwürdige Praktiken in Beton zu gießen, dann greife die Finanzministerin plötzlich gönnerhaft in die Tasche und lasse Hunderte Millionen Euro springen.
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