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Bürgergeld in Brandenburg: Zwischen Neid und Mitgefühl

Brandenburgs CDU hält das Bürgergeld für zu hoch – die Linke nennt die Löhne zu niedrig

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Brandenburgs CDU kritisiert das zurzeit gezahlte Bürgergeld als »kleine Schwester des bedingungslosen Grundeinkommens« und fordert seine Abschaffung. Wie Landtagsfraktionschef Jan Redmann am Dienstag sagte, werde zu wenig deutlich, dass es sich hierbei um eine Unterstützung auf Kosten der Steuerzahler handele. Es entstehe der Eindruck, das Bürgergeld sei eine Zuwendung, »auf die jeder einen Anspruch hat, und das man, ohne ein schlechtes Gewissen zu entwickeln, mitnehmen kann«.

So ein Grundeinkommen führt Redmanns Worten zufolge »zu weniger Anstrengung« und das sei in der gegenwärtigen Situation fatal. Unter der Überschrift »Brandenburg – Heimat der Fleißigen« erklärt die CDU fest, dass »die Zahl inaktiver junger Menschen in den letzten Jahren erheblich gestiegen« sei, und dies, »obwohl der Fach- und Arbeitskräftebedarf riesig ist«. Mehr als eine halbe Million Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland arbeite nicht, lerne keinen Beruf und studiere auch nicht. In der Schule solle auf Noten und Hausaufgaben verzichtet und der Wettkampfcharakter bei den Bundesjugendspielen abgeschafft werden.

All dies nannte Redmann »eine bedrohliche Entwicklung«. Denn Erfolg und Wohlstand seien untrennbar mit Leistungsbereitschaft und Fleiß verbunden. »Doch gerade für diese fleißigen Menschen wird es immer schwieriger, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten, Vermögen aufzubauen oder sich den Traum vom eigenen Haus zu erfüllen.« Redmann zufolge macht es sich inzwischen am Lebensstandard kaum bemerkbar, ob einer morgens zur Arbeit geht oder sich alimentieren lässt. Aber: »Anstrengungsloser Wohlstand ist nicht möglich. Das war er in der Vergangenheit nicht und das wird er in der Zukunft auch nicht sein.« Die Kritik der Linken, solche Äußerungen seien populistisch, tat Redmann mit dem Hinweis ab, dieser Vorwurf werde immer dann laut, »wenn die Linken nichts einzuwenden haben«. Darin komme die Mentalität zum Ausdruck: »Wir wünschen uns ein Schlaraffenland.«

Linksfraktionschef Sebastian Walter warf der CDU vor, »nach unten zu treten, um höher steigen zu können«. Schon seit Jahren gelte der Grundsatz nicht mehr, dass man mit Fleiß und Einsatzbereitschaft Wohlstand aufbauen könne. Mehr als ein Drittel der Brandenburger arbeite im Niedriglohnsektor und komme mit Stundenlöhnen um die zwölf Euro bestenfalls »gerade so über die Runden«. Am niedrigen Lohnniveau in Brandenburg seien »nicht die Bürgergeldempfänger schuld«.

Der einzige Weg, zu Reichtum zu gelangen, ist laut Walter das Erben von Vermögen. Die von der CDU als faul bezeichneten Menschen sind ihm zufolge »krank und pflegebedürftig«. Sie unter Druck zu setzen oder Flüchtlinge weiter zu entrechten, »löst kein Problem und verschafft niemandem auch nur einen Cent mehr Lohn oder Rente«. Es sei problematisch, »Menschen gegeneinander auszuspielen, wie die CDU das macht«.

Wer den fleißigen Menschen in Brandenburg helfen wolle, der müsse beispielsweise die horrenden Stromkosten senken, forderte Walter. Dass man mit der Absenkung der Stromsteuer die Industrie entlaste, sei richtig, aber zu wenig. Auch Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen wie auch alle Haushalte müssten in den Genuss geringerer Stromkosten kommen. »Profitieren müssen auch die fleißige Friseurin und der fleißige Fliesenleger.«

Gesetzlich vorgesehen sei, dass ab 1. Januar die auf sieben Prozent abgesenkten Steuern für Gas und Fernwärme wieder auf 19 Prozent steigen. Ebenfalls ab Januar werde die Erhöhung der CO2-Steuer wirksam, der Liter Sprit koste dann sechs Cent mehr. Walter sagte: »Vom Klimageld für Ärmere redet kein Mensch mehr.« Es sei aber unbillig, der Pendlerin immer mehr Geld abzuverlangen, wenn sie im Pendlerland Brandenburg an ihren Arbeitsplatz gelangen wolle. »Für die lohnt sich Arbeit vielleicht wirklich bald nicht mehr.«

Nicht der Bürgergeld-Empfänger sei schuld daran, dass der Abstand zwischen seinem Einkommen zu dem eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten so gering sei, meinte der SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Scheetz. »Natürlich muss dieser Abstand größer werden.« Die Lösung seien höhere Löhne. Das wäre auch Sache der Tarifparteien. Angesichts des Fachkräftemangels »werden die Unternehmer nicht anders können, als den Abstand zu vergrößern«, sagte Scheetz. SPD-Fraktionschef Daniel Keller forderte die CDU auf, diesbezüglich Einfluss auf die Unternehmer zu nehmen.

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