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Sparkassen-Abdeckung in Berlin: Osten ohne Bargeld
Linke-Abgeordnete Katalin Gennburg fordert mehr Banken für Menschen am Stadtrand und wirft Schwarz-Rot Untätigkeit vor
Wer in Berlin an Bargeld kommen möchte, der muss unter Umständen eine kleine Reise auf sich nehmen: Auf 25 000 Menschen in der Hauptstadt kommt im Schnitt eine Bankfiliale der Berliner Sparkasse. Nicht genug, um das Grundrecht auf Bargeld zu sichern, findet die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus Katalin Gennburg.
Eben doch genug, findet der Senat. »Eine Anpassung des Berliner Sparkassengesetzes ist angesichts dessen, dass eine flächendeckend angemessene Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit Bankangeboten gewährleistet ist, derzeit nicht geplant«, erklärt die Wirtschaftsverwaltung des CDU-Senators Stefan Evers auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten. Die Antwort liegt »nd« vor Veröffentlichung vor.
Die Berliner Sparkasse überprüfe ihr Netz der Kontaktpunkte laufend, heißt es weiter. So werde festgestellt, wo Anpassungen nötig seien, um dem Bedarf der Kundschaft gerecht zu werden. Würden Filialen geschlossen, blieben zumindest Geldautomat, Überweisungsterminal und Kontoauszugdrucker vor Ort, beruhigt die Senatsverwaltung.
Gennburg stellt das nicht zufrieden. »Der Senat zieht sich aus der Verantwortung«, teilt das Büro der Abgeordneten »nd« mit. »Im gesamten Ortsteil Plänterwald in Treptow-Köpenick gibt es beispielsweise keine einzige Bankfiliale bei einer durchschnittlich überalterten Bevölkerung, die eben kein Online-Banking nutzen kann.«
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Für fatal hält die Abgeordnete, dass sich die Verteilung der Berliner Sparkassen dem Senat zufolge an Nahversorgungsstrukturen, dem öffentlichen Personennahverkehr und an Bündelorten für Kundenströme aus verschiedenen Kiezen orientiert. »Ergo: Wenn der Kiez eh schon abgehängt ist, wird dort auch keine Bankfiliale entstehen und es geht weiter abwärts«, lautet die Schlussfolgerung aus Gennburgs Büro.
Probleme gebe es nicht nur bei den Sparkassen, sondern bei der Abdeckung insgesamt: »In ganz Treptow gibt es beispielsweise keine einzige Postbankfiliale, wo viele ältere Menschen ihre Rente abholen können.« Die Bezirke Steglitz-Zehlendorf und Spandau hätten deshalb Initiative ergriffen und die Postbank direkt kontaktiert. Der Senat, kritisiert Gennburg, halte sich heraus, überlasse das Problem den Bezirken.
Das Land hingegen erklärt, die Initiative der Bezirke spiegle »das Engagement der Bezirksverwaltung wider, die Ziele der Versorgung mit Bankdienstleistungen zu gestalten«. Zudem verweist die Wirtschaftsverwaltung auf den Einsatz von Sparkassenbussen, die Bankdienstleistungen mit neun Stopps am Stadtrand anbieten. Auch hier gilt: »Da das Angebot den Bedarf abdeckt, plant die Berliner Sparkasse derzeit keinen Ausbau des Angebotes der Sparkassenbusse.«
Gennburg hält das für selbstentlarvend. Der Sparkassenbus werde eingesetzt, um Versorgungslücken auszugleichen, die es dem Senat zufolge gar nicht geben dürfe. Neun Stopps seien schlichtweg unzureichend, heißt es aus dem Büro der Abgeordneten. Und: »Acht der Stopps befinden sich im ehemaligen Ostteil der Stadt, was verdeutlicht, dass der Berliner Osten stärker unterversorgt ist.«
An einer Möglichkeit, selbst einzugreifen, mangelt es Schwarz-Rot rein theoretisch nicht. In Brandenburg wird bereits darüber diskutiert, eine flächendeckende Versorgung im Sparkassengesetz vorzuschreiben, das für die Marktregulierung der öffentlich-rechtlichen Banken zuständig ist. Doch der Senat lehne dieses »einfach zugängliche Steuerungsmittel« schlichtweg ab, bedauert Gennburg. Stattdessen werde der Versorgungsauftrag an das Land Berlin einmal mehr der Privatwirtschaft überlassen.
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