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Jüdisches Leben hinter Panzerglas
Die neue Potsdamer Synagoge an der Schloßstraße nimmt sichtbar Gestalt an
»Ich teile Ihnen jetzt die Maße und Anforderungen für das Fensterglas nicht mit, aber Sie sehen: Es ist sehr dick.« Architekt Jost Haberland führt am Montag durch den fast vollendeten Neubau der Potsdamer Synagoge und deutet dabei an, was die Sicherheitslage einem solchen Gebäude im Zentrum einer Landeshauptstadt heute abverlangt. Vor 15 Jahren hatte sich Haberlands Entwurf für die Synagoge durchgesetzt. Im August 2021 begannen die Bauarbeiten.
Von einer Synagoge, die »zum Greifen nahe ist« und gegenüber vom Filmmuseum steht, »als habe sie schon immer dort gestanden«, spricht Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD). Aus dem Etat ihres Ressorts kommen die 16,5 Millionen Euro, die das Land Brandenburg für den Neubau bereitstellt.
Die alte Synagoge von Potsdam stand einige hundert Meter von diesem Standort entfernt neben der Hautpost. Sie wurde in der Reichspogromnacht 1938 schwer beschädigt und bei einem Bombenangriff im April 1945 vollends zerstört. Der Neubau erhebt sich nun in der Schloßstraße, dort, wo zu DDR-Zeiten ein Plattenbau der Wasserwirtschaft gestanden hatte. Der Plan, den Juden ein neues Gotteshaus zu errichten, stammt noch aus den frühen Regierungsjahren des inzwischen verstorbenen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), ist also schiere 30 Jahre alt.
Am 7. Oktober ist auch für die Juden Potsdams das »Leben stehen geblieben«, sagte Ministerin Schüle mit Blick auf die Terrorangriffe der palästinensischen Hamas gegen Israelis. Schüle verwies auf die starke Polizeipräsenz und die hohen Sicherheitsansprüche, die schon allein an eine Besichtigung der Baustelle der Synagoge geknüpft seien. Angesichts antisemitischer Ausschreitungen in Deutschland falle es schwer, uneingeschränkt Freude über das sich abzeichnende gelungene Werk zu empfinden. »Auf den Straßen unseres Landes erhebt der Antisemitismus sein Haupt.« Inzwischen frage sie sich: »Waren wir mit unserem Konzept der Erinnerungskultur auf dem Holzweg?«
Es gebe »starke Beunruhigung, um nicht zu sagen: große Ängste, was das Jüdischsein in Potsdam angeht«, erklärt Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland. Die Wohlfahrtsstelle wird sich zunächst um die fertige Synagoge kümmern. Sie hat dem Land Brandenburg als Ansprechpartner für das Bauvorhaben gedient und wird die ersten drei Jahre nach der Einweihung die Schlüsselgewalt besitzen. Auf eine solche Lösung musste zurückgegriffen werden, nachdem jahrzehntelang keine Einigung der verschiedenen, untereinander zerstrittenen jüdischen Gemeinden der Stadt über eine gemeinsame Nutzung der Synagoge erzielt werden konnte. Mit dem neuen vierstöckigen Haus, das eine Synagoge und ein Gemeindezentrum unter einem Dach vereint, sollen die jüdischen Menschen ein Zuhause finden, in dem sie sicher und geborgen sind, wünschte sich Lehrer. Noch vor den Sommerferien soll es die große Eröffnungsparty geben. Die Synagoge soll aller Vorsicht zum Trotz kein Bunker und kein Ghetto werden, sondern ein offenes Haus. Laut Lehrer wird es im großen Saal und im Gebetssaal nicht direkt Partys geben. Aber Konzerte könne er sich dort vorstellen.
Im Erdgeschoss wird ein Café Besucher empfangen, die allerdings zuvor durch eine Sicherheitsschleuse müssen. Der große Gemeindesaal mit einer zehn Meter hohen Kuppel schließt sich im ersten Stock an. Er bietet laut Architekt Haberland 150 Plätze, die Empore für die Frauen fasst noch einmal 49 Plätze, alles auf Eichenparkett. Auch ein Aufenthaltsraum für die Kinder und eine Bibliothek sind vorgesehen. Schon vom Rabbiner abgenommen: die koschere Küche des Hauses und das Ritualbad. Die Decke unter der Kuppel ist in Wellen gestaltet, bedeckt mit einem Bronze-Textilgeflecht. Bedingt durch die enge Bebauung im Stadtzentrum können Nachbarn aus nächster Nähe durch die Fenster hineinsehen. »Es werden Vorhänge angebracht«, erklärt Haberland.
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Dem Bauprojekt sei ein mühsamer Verständigungsprozess vorausgegangen. »Wir haben lange gerungen«, sagte der Architekt. Angesprochen auf die Streitigkeiten und die Kritik der gesetzestreuen Gemeinde sagt Lehrer, es habe ein Kompromiss der beiden anderen großen Gemeinden erzielt werden können. Vereinbart sei, den Sabbat abwechselnd zu feiern und die Angehörigen der jeweils anderen Gemeinde dazu einzuladen. Der Staat mischte sich nicht ein. Bei diesem Thema verbiete sich ein Eingreifen der deutschen Politik, sagt Kulturministerin Schüle.
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