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Union startet mit neuem Trainer in die Champions League
Nenad Bjelica soll den 1. FC Union Berlin aber vor allem in der Bundesliga vor dem Abstieg bewahren
Am Montagvormittag um 10.23 Uhr betrat Nenad Bjelica bei Temperaturen um den Gefrierpunkt erstmals das Trainingsgelände des 1. FC Union Berlin, um eine Einheit der Köpenicker Bundesliga-Fußballer zu leiten. Begleitet wurde der 52 Jahre alte Kroate dabei von seinem Sohn Luka, der für Außenstehende etwas überraschend zum scharfen Start des Vaters gleich mal als Hospitant in offizieller Union-Kluft erschien. Laut Transfermarkt.de war der Junior bei Trabzonspor, der letzten Station seines Vaters, Mentaltrainer.
Vielleicht lässt sich Nenad Bjelica vom Junior auch in Köpenick beraten. Denn vor seiner Premiere als Union-Trainer am Mittwochabend (21 Uhr) in der Champions League bei Sporting Braga bleibt kaum Zeit, an taktischen Feinheiten zu feilen. »Ich will die Mannschaft einfach psychologisch aufbauen und versuchen, mit den Jungs positiv zu reden und sie auf eine positive Spur zu bringen«, hatte Bjelica bei seiner Vorstellung am Sonntag gesagt.
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Aus der Champions League ist Union schon ausgeschieden. Wenn die Eisernen bei Sporting Braga punkten können, bleibt aber zumindest die Chance erhalten, in der Europa League zu überwintern. Aber auch ohne diese Zusatzmotivation sucht der Trainer keine Ausreden: »Bei mir wird man selten Alibis hören. Wir wollen in Braga gewinnen.«
Für die Fans und Vereinsmitarbeiter ist es eine Umstellung, dass nach fünfeinhalb größtenteils sehr erfolgreichen Jahren unter Urs Fischer nun ein neuer Coach das Sagen hat. Manche Aussagen von Bjelica hätten aber auch von Fischer stammen können. Diese beispielsweise: »Disziplin und Organisation auf dem Platz gefallen mir – klare Aufgaben für jeden. Ich mag Spieler, die einfache Dinge perfekt machen«, hatte Bjelica erklärt.
Hier und da klang beim Neu-Unioner durch, dass er die Dinge auch mal härter anpacken könnte. »Außerhalb des Platzes bin ich der beste Freund von Spielern, ich habe eine menschliche Führung für jeden, der das zurückzahlt«, sagte der ehemalige Bundesligaspieler des 1. FC Kaiserslautern (70 Pflichtspiele/5 Tore). »Den größten Respekt, den ein Spieler zeigen kann, ist aber Leistung auf dem Platz. Wer die bringt, wird Trainer Nenad Bjelica als besten Freund haben. Wer nicht, wird Probleme haben. Ganz einfach.«
Bjelica hatte nach seiner Entlassung beim türkischen Erstligisten Trabzonspor anderthalb Monate keinen Job. Jetzt traut sich der neunfache kroatische Nationalspieler zu, Union aus der Krise zu führen. Er spricht mit Akzent perfekt Deutsch, weil er von 2001 bis 2014 im deutschsprachigen Raum in Lautern, bei VfB Admira Wacker Mödling und dem FC Kärnten spielte und im Anschluss in Kärnten sowie bei Austria Lustenau, dem Wolfsberger AC und Austria Wien als Trainer arbeitete.
Es folgten Stationen bei Spezia Calcio in Italien, Lech Poznan, Dinamo Zagreb und NK Osijek. »Generell spielen meine Mannschaften sehr intensiv und mit viel Pressing. Sie sind sehr unangenehme Widersacher für die Gegner«, beschrieb Bjelica seine Spielphilosophie. Diese Sätze hätten ebenfalls aus dem Munde Fischers fließen können.
Aber Bjelica, der im Gegensatz zu Fischer eine Trillerpfeife auf dem Trainingsplatz benutzt, kommt auf den ersten Blick selbstbewusster und weniger demütig in seinen Aussagen daher. Ihn stört es nicht, dass nach der Partie in Braga schon am Samstag bei Bayern München (15.30 Uhr) eine weitere sehr schwierige Aufgabe ansteht. Beide Spiele will Bjelica erfolgreich bestreiten.
Er traut sich auch zu, an die erfolgreichste Zeit von Fischer anzuknüpfen, der Union 2019 in die Bundesliga und zuletzt dreimal in Serie ins europäische Geschäft führte. »Das zu wiederholen, wird nicht einfach. Aber ich bin überzeugt von meiner Arbeit und sehr selbstbewusst. Ich hatte schon Erfolge«, so Bjelica. »Ich kann zusammen mit der Vereinsführung und allen Beteiligten so erfolgreich wie mein Vorgänger sein.«
Der neue Chefcoach bringt als Co-Trainer seinen Landsmann Danijel Jumic mit. Während Interimscoach Marco Grote nun wieder für die U19 von Union verantwortlich ist, wird seine Assistentin Marie-Louise Eta bei den Profis so lange verbleiben, bis Sebastian Bönig zurückkehrt. Der seit 2014 als Co-Trainer agierende Ex-Spieler der Eisernen pausiert derzeit aus gesundheitlichen Gründen.
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