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NRW-Justizminister Benjamin Limbach unter Druck
Massive Rücktrittsforderungen der Opposition gegen Benjamin Limbach
Der wegen Einflussnahme massiv in die Kritik geratene NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hat erneut alle Vorwürfe gegen seine Person zurückgewiesen. In einer eigens wegen ihm anberaumten Sondersitzung des Rechtsausschusses im Düsseldorfer Landtag am Dienstagmorgen verteidigte sich der frühere Richter Limbach damit, dass »das Besetzungsverfahren in jeder Hinsicht fair und ordnungsgemäß gelaufen« sei. Die Sitzung war nach einem Medienbericht der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung« (WAZ) beantragt worden, demzufolge Limbach persönlich im vergangenen Herbst zwei Bewerber zum Rückzug gedrängt haben soll – zugunsten einer früheren Richterkollegin, die sich zu dem damaligen Zeitpunkt noch gar nicht offiziell für den Posten als Präsident(in) des Oberverwaltungsgerichts Münsters beworben hatte. Es hatte bereits zuvor mehrere Sondersitzungen gegeben.
In der Sitzung vom Dienstag sagte Limbach, es sei ein »absolut normaler Vorgang, dass ich mit allen vier Bewerbern persönliche Gespräche geführt habe«. Angesichts des »hochkarätigen Bewerberfelds« habe er alle Bewerber gebeten, zu prüfen, ob sie ihre Bewerbungen aufrechterhalten wollten. Dies sei ein »Gebot der Fairness«, sagte der 54 Jahre alte Jurist.
Während der Sondersitzung stritt er alle Vorwürfe der illegitimen Einflussnahme ab. »Es wäre unfair von mir gewesen, den Beteiligten nicht offenzulegen, in welchem hochkarätigen Konkurrenzfeld sie sich bewegen.« Dabei habe er die bisherigen Bewerber über eine »interessante, weitere Bewerbung« informiert. Mehr als eine reine Informationsmitteilung sei angeblich nicht erfolgt. Keine Entscheidungen seien zu diesem Zeitpunkt gefallen, sagte Limbach.
Gespräche mit beiden bisherigen Bewerbern geführt zu haben, gab Limbach zu. Unter den Bewerbern war auch ein Abteilungsleiter seines Justizministeriums. Limbach sagte, er habe diesen gebeten, »weiter im Ministerium tätig zu sein und also seine Bewerbung nicht weiterzuverfolgen«. Der Abteilungsleiter sei »unverzichtbar« und »herausragend wichtig für den Justizminister« gewesen, erklärte Limbach am Dienstagmorgen. Der andere Bewerber sei ein Bundesrichter gewesen, heißt es. Limbach soll ihm gesagt haben, man habe »eine Bessere« gefunden. Limbach dementiert diese Aussage.
Dass der Grünen-Politiker im Zuge des Besetzungsverfahrens frühzeitig versucht habe, den Abteilungsleiter seines Justizministeriums sowie den Bundesrichter zugunsten der am Ende favorisierten Bewerberin zum Rückzug ihrer Bewerbungen zu drängen, sieht die Opposition als eindeutig an.
»Justizminister Limbach konnte den Vorwurf einer manipulativen Einflussnahme auf das OVG-Besetzungsverfahren erneut nicht ausräumen. Im Gegenteil: Durch immer neue Details, die in dieser Causa heute zutage gefördert wurden, verdichtet sich dieser Eindruck immer mehr«, sagte Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalens am Dienstag.
Demnach habe Limbach nicht schlüssig erklären können, wie er gegenüber einem Bewerber bereits am 12. September 2022 von einer »weiteren interessanten« Bewerbung sprechen konnte, wenn diese erst am 13. September eingegangen sei. »Offensichtlich hat Herr Limbach da schon über Informationen verfügt, die es in seinem Ministerium noch gar nicht gab. Scheinbar hatte er zu einer Bewerberin einen direkteren Draht«, erklärt Müller-Witt. So sei ein gemeinsames Essen mit dieser Bewerberin vom Minister persönlich terminiert und anberaumt worden, während Gespräche mit den anderen Bewerbern formell über das Ministerium organisiert worden seien.
Sowohl das Düsseldorfer Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht haben das Besetzungsverfahren gestoppt. Sie bemängelten, dass die Entscheidung zugunsten der favorisierten Bewerberin fehlerhaft zustande gekommen sei. Sie beruhe auf einer »rechtswidrigen Überbeurteilung« der Bewerberin, für die der Justizminister nicht zuständig gewesen sei.
Limbach steht nicht nur wegen seiner Rolle in dem Auswahlverfahren seit Wochen in der Kritik. Er wollte auch die für die Cum-Ex-Ermittlungen zuständige Kölner Staatsanwaltschaft grundlegend umstrukturieren. Das sorgte für massiven Widerstand. Letztlich hat Limbach diesen Plan verworfen.
SPD und FDP fordern seinen Rücktritt. Noch hat der Justizminister den Rückhalt der Grünen-Fraktion im Landtag, auch vom Koalitionspartner CDU kommt Unterstützung. »Bewusst wird die falsche Legende der ›Duz-Freundin‹ verbreitet, korrekte Prozesse werden mutwillig skandalisiert. Dabei betont selbst der ehemalige SPD-Justizminister Wolfgang Gerhards, dass es die Aufgabe und Pflicht des Justizministers war, eine Auswahl zu treffen und dem Kabinett einen Kandidaten vorzuschlagen«, erklärte am Montag der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Gregor Golland.
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