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Handball-WM: DHB-Frauen wollen mindestens ins Viertelfinale
Die deutschen Handballerinnen starten gegen Japan, Iran und Polen in das Skandinavien-Turnier
Die Generalprobe ging schief. Mit 23:30 Toren unterlagen die deutschen Handballerinnen am Sonntag in Lund nach katastrophalem Start – sie lagen schnell aussichtslos mit 3:12 zurück – den starken Schwedinnen. Da aber die DHB-Auswahl zwei Tage zuvor die gleichen Gegnerinnen mit 33:30 Toren geschlagen hatte, war Bundestrainer Markus Gaugisch keineswegs unzufrieden. Sein Team, befand er, habe in den beiden vergangenen Tests »gute Ansätze« geboten.
Die Spielerinnen verbreiten vor dem Auftakt der Weltmeisterschaft in Dänemark, Schweden und Norwegen ebenfalls Zuversicht. »Wir sind alle gut drauf«, sagt die gebürtige Hamburgerin Katharina Filter, die mit Sarah Wachter das Torhütergespann bildet, im Gespräch mit »nd«: »Ich habe ein gutes Gefühl.« Tatsächlich startet die DHB-Auswahl als Favorit in die Vorrundengruppe F, im dänischen Herning trifft sie an diesem Donnerstag auf Japan, danach auf den Iran und Polen.
- Modus: 32 Teams spielen in der Vorrunde in acht Vierergruppen, die besten drei aus jeder Gruppe ziehen in die Hauptrunde ein – und nehmen ihre Vorrundenpunkte mit. Aus den vier Hauptrundengruppen mit dann je sechs Teams qualifizieren sich jeweils die besten zwei für das Viertelfinale. Dann geht es im K.o.-Modus weiter.
- Spielorte: In sechs Sädten, je zwie in den drei Gastgeberländern. In Dänemark wird in Frederikshavn und Herning gespielt – in Herning bestreitet auch die DHB-Auswahl all ihre Partien. Die dortige Arena Jyske Bank Boxen ist mit 15 000 Plätzen die größte des Turniers. Trondheim und Stavanger sind die norwegischen Austragungsorte, in Schweden wird in Göteborg und Helsingborg gespielt.
- Qualifikation: Die Weltmeisterinnen oder das beste noch nicht qualifizierte Team sichern sich ein direktes Ticket für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris. Die DHB-Auswahl strebt einen Platz unter den besten sieben an. Dieser würde die Teilnahme an einem der Qualifikationsturniere garantieren. Insgesamt werden zwölf Teams bei den Sommerspielen starten. Gastgeber Frankreich, Europameister Norwegen, Südkorea, Angola und Brasilien sind schon qualifiziert.
- TV: Die Spiele laufen nicht im Free-TV. Der Internet-Sender Sportdeutschland.TV überträgt alle 112 WM-Partien und verlangt dafür 15 Euro. Einzelne Spiele kosten 5 Euro, der Finalrunden-Pass mit den vier entscheidenden Partien 10 Euro. dpa/nd
Als Minimalziel haben Trainer und Team den Einzug in das Viertelfinale ausgerufen. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, sind die Frauen des DHB zu drei Vorrundensiegen verpflichtet. Denn in der Hauptrunde trifft das Team um die Kapitäninnen Alina Grijseels und Emily Bölk vermutlich auf Serbien, Rumänien und Gastgeber Dänemark, einen der Titelfavoriten – und nur die ersten zwei Teams qualifizieren sich für das Viertelfinale, das im K.o.-Modus ausgespielt wird.
Das seien allesamt »knackige Gegner«, sagt der Bundestrainer. Aber man wisse, was auf das Team zukomme. »Die Möglichkeiten sind da. Heißt aber auch: Wir müssen richtig gut sein.« Gaugisch betonte, man habe allein die Weltmeisterschaft im Blick. Aber mit einer Viertelfinalteilnahme verbunden ist zugleich die Chance auf eine Olympiateilnahme 2024 in Paris. »Das ist mein großer Traum«, sagt Torhüterin Filter, die beim französischen Champions-League-Club Brest unter Vertrag steht.
Für die deutschen Handballerinnen wäre es die erste Olympiateilnahme seit Peking 2008 – und eine Möglichkeit, nach dem Missbrauchsskandal um Trainer André Fuhr wieder positive Schlagzeilen zu schreiben. Noch immer untersucht eine Aufklärungskommission die Vorwürfe, der Bericht ist für Herbst 2024 anvisiert. »Es wäre wichtig für den Frauenhandball, dass die Mannschaft in Herning ihre Ziele verwirklicht«, sagt DHB-Präsident Andreas Michelmann, der die Handballerinnen erneut vom ersten Tag an begleiten wird.
Der WM-Auftakt hat es allerdings in sich. Zwar belegten die unorthodox spielenden Japanerinnen, die ihre Größennachteile durch viel Tempo wettmachen müssen, bei den vorherigen Weltchampionaten nur Platz elf und Platz zehn. Doch das Team um die Angreiferin Harunu Sasaki (BVB Dortmund) ließ zuletzt die Szene aufhorchen, als es zunächst den WM-Vierten Spanien (31:29) besiegte und dann die Serbinnen (38:22) förmlich demontierte. Die Mannschaft müsse wachsam sein, sagt Filter. »Die Japanerinnen spielen sehr anders, einen Spielstil, den wir in Europa nicht haben.«
Schon vor dem Turnier muss die DHB-Auswahl allerdings einen schweren Rückschlag verkraften: Im vorletzten Test verletzte sich mit Rechtshänderin Xenia Smits eine der zentralen Figuren im taktischen Konzept des Bundestrainers am Oberschenkel. Die Bietigheimerin spielte in den zurückliegenden Wochen in überragender Form und stellt sowohl im Angriff wie in der Abwehr absolute Weltklasse dar. Noch ist offen, ob die 29-Jährige in den WM-Kader zurückkehren kann. Für sie rückte die Leverkusenerin Mareike Thomaier nach.
Durch den Ausfall von Smits wird die Belastung für die Hauptangreiferinnen Bölk und Grijseels vermutlich noch steigen. Dabei war der Druck auf die beiden Rechtshänderinnen in den zurückliegenden Turnieren ohnehin schon groß, weil der rechte Rückraum zu wenig Torgefahr ausstrahlte und sich die gegnerischen Abwehrreihen auf Bölk und Grijseels konzentrieren konnten.
Insofern liegt der Fokus nun auch auf einer jungen Debütantin, der 19-Jährigen Viola Leuchter. Die 1,85 Meter große Linkshänderin vom TSV Bayer Leverkusen ist ausgestattet mit einem wuchtigen Wurf und wird von einigen Fachleuten bereits als »Jahrhunderttalent« bezeichnet – sie konnte das Vakuum auf Halbrechts also ausfüllen. Andererseits fehlt der gebürtigen Aachenerin noch die internationale Erfahrung, sie wird zum WM-Auftakt erst ihr zehntes Länderspiel bestreiten.
Die Teenagerin erklärte, sie mache sich keinen Druck. Sie ist nicht der einzige Neuling. Auch Torhüterin Wachter (Dortmund), die torgefährliche Halblinke Toni-Luisa Reinemann (Oldenburg) und die zuletzt sehr formstarke Spielmacherin Annika Lott (Thüringer HC) bestreiten ihre erste Weltmeisterschaft. Aufgrund des anspruchsvollen Spielplans, der alle zwei Tage eine Partie vorsieht, werden sie viele Einsatzzeiten erhalten.
In der Vorbereitung hat der Bundestrainer den Schwerpunkt auf die Verteidigung gelegt. »Die Abwehr ist unsere Basis, die uns die Spiele gewinnen soll. Wir haben vor allem in Sachen antizipatives Spiel neue Abläufe entwickelt«, sagte Gaugisch. Von der Frage, ob die Deckung zum WM-Auftakt am Donnerstag dem Angriffssturm der Japanerinnen standhält, wird jedenfalls viel abhängen.
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