Wagenknecht-Bündnis in Sachsen: »Da werden noch etliche gehen«

Künftiges Wagenknecht-Bündnis hat erste Kommunalfraktion und strebt Beteiligung an Landtagswahl 2024 an

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

In Werdau gibt es schon ein BSW. Im »Bildungswerk der sächsischen Wirtschaft« kann man beispielsweise den Staplerschein erwerben und sich an computergesteuerten Maschinen unterweisen lassen. Bald wird ein BSW auch im Stadtrat der westsächsischen Industriestadt vertreten sein. Dabei handelt es sich um das »Bündnis Sahra Wagenknecht«. Die Werdauer Gruppierung ist die erste kommunale Fraktion der künftigen Wagenknecht-Partei, die allerdings erst Ende Januar als Partei gegründet werden soll.

Zumindest bis dahin firmiert sie deshalb unter dem Namen »Für Vernunft und Gerechtigkeit«. Mitglieder sind vier bisherige Stadträte der Linken, die ihre Partei verlassen haben und sich politisch neu orientieren. Eine von ihnen ist die langjährige Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann. Sie widersprach auf Nachfrage des »nd« Medienberichten, wonach auch ein Stadtrat der Grünen in die neue Fraktion wechsle. Das hatte für Aufsehen gesorgt, weil Wagenknecht die Grünen als die »gefährlichste Partei im Bundestag« bezeichnete und sie zuletzt auch »kriegerisch« genannt hatte. Zimmermann sagte, der grüne Abgeordnete, der erst vor einem halben Jahr in die damalige Linksfraktion eingetreten sei, werde der neuen Gruppierung »aus persönlichen Gründen« nicht angehören.

Zimmermann ist nicht nur künftige BSW-Stadträtin in der 23 000 Einwohner zählenden Stadt, sondern auch BSW-Länderbeauftragte für Sachsen, wo sie maßgeblich die Gründung eines Landesverbandes vorantreibt. Diese solle im Februar oder März erfolgen. Dazu gebe es regelmäßige Treffen »in kleinen und großen Formaten«. Die Zahl der aktiven Unterstützer bezifferte sie auf rund 50. Wichtige Schritte wie die formale Gründung und das Sammeln von Unterschriften für die Wahlen im nächsten Jahr könnten, wie sie betont, erst nach dem Parteitag Ende Januar erfolgen, zu dessen Delegierten sie »selbstverständlich« gehören werde. Andere Unterstützer Wagenknechts beklagten etwa bei einer Konferenz des »Was tun?«-Netzwerks kürzlich in Frankfurt (Main) mangelnde Informationen zum Gründungsprozess. Zimmermann bestätigte eine gewisse Ungeduld: »Der Druck ist da.« Sie mahnte aber gleichzeitig zu Geduld und betonte: »Viele haben Vertrauen in Sahra.«

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Das Interesse an der künftigen Partei in Sachsen bezeichnet Zimmermann als groß. Sie verwies auf Anfragen von »Intensivpflegern und Hochschulprofessoren, Gewerkschaftern und Leuten aus Kultur, von Menschen aus der Mitte der Gesellschaft«. Unter ihren ehemaligen Genossen hält sich zumindest das öffentlich geäußert Interesse bisher in Grenzen. Neben Werdau gab es Nachrichten über wechselwillige Kommunalpolitiker bisher aus Meerane und Frankenberg. Auf einem Landesparteitag der Linken kürzlich in Chemnitz war das als Signal der Geschlossenheit interpretiert worden. Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay hatte an die Anwesenden appelliert: »Bleibt auch ihr in der Linken!« Zimmermann geht indes davon aus, dass es nach der formalen Gründung des BSW weitere Übertritte geben werde: »Da werden noch etliche gehen.« Zugleich seien Mandatsträger der Linken nicht die alleinige Zielgruppe: »Wir wollen ja keine Linke 2.0«, sagte Zimmermann. Die Partei habe zuletzt zu viele Themen in den Mittelpunkt gestellt, die »für die Menschen nicht vorrangig sind«. Das sei »traurig, weil ich die Partei ja auch selbst mit aufgebaut habe«, sagte die 62-Jährige frühere DGB-Regionalchefin, die 2007 nach zehnjähriger SPD-Mitgliedschaft in die Linke eingetreten war. Lange saß sie für diese im Bundestag, wurde aber 2021 nicht wieder für einen aussichtsreichen Listenplatz aufgestellt.

Listenwahlen werden auch zu den ersten Aufgaben des neuen Landesverbandes gehören. Das BSW will nach Zimmermanns Angaben bei den Kommunalwahlen im Juni antreten, allerdings nur punktuell, »dort, wo wir Leute haben«. Daneben strebe man eine Teilnahme bei der Landtagswahl am 1. September an. Als bisher nicht in einem Land- oder dem Bundestag vertretene Partei muss das BSW dies bis 90 Tage vor der Wahl, also bis 2. Juni, beim Landeswahlleiter anzeigen und für die Landesliste sachsenweit 1000 Unterschriften von Wahlberechtigten sammeln. Für Direktkandidaten in den 60 Wahlkreisen müssen je 100 Unterschriften beigebracht werden. Ob und in welchen man antrete, entscheide der künftige Landesvorstand, sagte Zimmermann. Welche Rolle sie in diesem spielen könnte, ließ sie offen. Insgesamt sei der Gründungsprozess »ein Kraftakt«.

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