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Gewässer in Berlin: Zu viele Nährstoffe im Wasser
Vierte Reinigungsstufe in Klärwerken und Entsiegelung sollen den ZUstand der Berliner Gewässer verbessern
Der Zustand der Berliner Gewässer ist nicht nur aus ökologischer Perspektive im Sinne einer artenreichen und gesunden Pflanzen- und Tierwelt wichtig. Auch für unsere Trinkwasserversorgung spielt die Sauberkeit der Gewässer eine große Rolle. Denn durch den Wasserkreislauf landet letztendlich auch Wasser aus der Spree in unserem Wasserglas, wenngleich natürlich bestmöglich gereinigt. Dennoch: Bestimmte Stoffe bleiben übrig. Auch der sommerliche Badespaß wird von schlechter Wasserqualität gedämpft. Die Grünen-Abgeordnete June Tomiak hat ausführlich beim Senat nachgefragt, wie es um die Stadtspree, den Teltowkanal und den Wannsee bestellt ist. Die Antworten der Senatsumweltverwaltung zeigen, dass es Handlungsbedarf gibt, um die Stadtgewässer fit zu machen.
»Die Orientierungswerte für Phosphor und Stickstoff werden in der gesamten Spree noch nicht eingehalten«, heißt es etwa von der Umweltverwaltung, in deren Namen Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt (CDU) die Schriftliche Anfrage beantwortet. Dasselbe gelte für den Teltowkanal, und auch im Wannsee sei zu viel Phosphor. Maßstab der Beurteilung ist laut Umweltverwaltung die Oberflächengewässerverordnung des Bundes.
Die vielen Nährstoffe in den Gewässern sind unter anderem ein Problem, weil sie Algen ernähren, die der Gewässerqualität schaden, sagt Astrid Hackenesch-Rump, Sprecherin der Berliner Wasserbetriebe, zu »nd«. Phosphor und Stickstoff sind in menschlichen Ausscheidungen enthalten. Um Phosphor und anthropogene Spurenstoffe, zum Beispiel aus Medikamentenresten, aus dem Wasser zu filtern, ist der Ausbau aller Berliner Klärwerke mit einer vierten Reinigungsstufe geplant. Laut Angaben der Wasserbetriebe soll dieser Prozess je nach Klärwerk zwischen 2025 und Januar 2028 abgeschlossen sein. »Die Aufrüstung der Klärwerke ist uns ganz wichtig, um sauberes Wasser in den Wasserkreislauf einzuleiten«, sagt Hackenesch-Rump.
Die Einleitungen aus den Klärwerken sind aber nur ein Teil des Problems der Berliner Gewässer. Denn bei Starkregenereignissen, besonders im Sommer, werden viele Nährstoffe durch das Regenwasser in die Gewässer geleitet. Dort beginnen Zersetzungsprozesse, bei denen Sauerstoff verbraucht wird, weshalb wiederum Fische ersticken, erklärt Hackenesch-Rump.
»Sauerstoffdefizite führen bei Starkregenereignissen zu Fischsterben«, stellt auch die Umweltverwaltung mit Bezug auf den Teltowkanal fest; dem werde »durch Belüftung begegnet«. Auch in der Stadtspree, die im Osten bei Treptow beginnt und bis zur Mündung in die Havel in Spandau reicht, sei der Nährstoffgehalt und der Gehalt an organischen Substanzen »insbesondere nach Starkregenereignissen« erhöht. »Die Sauerstoffdefizite sind in den letzten zehn Jahren allerdings zurückgegangen«, so die Umweltverwaltung – außer bei der Mündung des Landwehrkanals in die Spree.
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Der Sauerstoffmangel kommt nicht nur von Regenwassereinleitungen. Auch Abwasser, also alles, was in den Berliner Haushalten den Abfluss hinuntergespült wird, landet bei Überlastung der Kanalisation in Gewässern. Um die Gewässer bei Starkregenereignissen zu schützen, werden im Rahmen des Gewässergütebauprogramms von Umweltverwaltung und Wasserbetrieben Stauräume geschaffen, um die Überläufe zu verhindern.
»Bis 2025 sollen 300 000 Kubikmeter unterirdischer Stauraum geschaffen werden. Davon sind 84 Prozent bereits geschafft«, sagt die Sprecherin der Wasserbetriebe Hackenesch-Rump. Die Vereinbarung zur Schaffung dieses Stauraums wurde allerdings bereits 1998 getroffen. Inzwischen habe die Versiegelung von Flächen in der Stadt deutlich zugenommen und trage dazu bei, dass mehr Wasser in die Kanalisation abfließt. »Das Stauraumprogramm wird nicht ausreichen, um Überläufe zu verhindern, aber es reduziert sie«, sagt Hackenesch-Rump.
Es sei deshalb auch wichtig, dass Flächen in der Stadt entsiegelt würden, sodass das Regenwasser im Boden versickern kann, statt in die Kanalisation zu fließen. »Das ist einerseits gut für die Landschaft und Pflanzen, und andererseits ist es gut für die Grundwasserversorgung«, so die Wasserbetriebe-Sprecherin. Auch die Umweltverwaltung strebt an, weniger Regenwasser in die Kanalisation zu leiten, und will stattdessen eine »dezentrale Bewirtschaftung« als »wesentliches Werkzeug zur Verringerung stofflicher und hydraulischer Gewässerbelastungen aus Regenwassereinleitungen«. Das heißt, dass das Regenwasser vor Ort genutzt wird beziehungsweise versickern kann.
Der ökologische Zustand der Gewässer wird laut Umweltverwaltung aber auch durch die Beschaffenheit der Ufer beeinflusst. »Neben den stofflichen Belastungen aus Mischwasserüberläufen, Regenwassereinleitungen und dem noch zu nährstoffreichen Wasser aus den Klärwerken sind vor allem der starke Uferverbau, das Fehlen von Habitaten für die Gewässerorganismen und die fehlende Durchgängigkeit von Bedeutung für den ökologischen Zustand.«
Für Grünen-Abgeordnete June Tomiak ist die Trinkwasserversorgung ein wichtiges Thema in Bezug auf die Gewässerqualität. Denn ein Großteil des Berliner Trinkwassers werde in Ufernähe gefördert, das heißt, dass dort das Wasser, das aus den Gewässern in den Boden versickert ist, als Trinkwasser aufbereitet wird. Auch die Wasserbetriebe schreiben in der Antwort der Umweltverwaltung, dass das Wasserwerk Beelitzhof am Wannssee »Rohwasser mit teilweise hohen Uferfiltrat-Anteilen fördert«, weshalb »neben der Havel auch der Wannsee eine wichtige Ressource für die Trinkwasserversorgung« darstelle.
»Gerade wenn weniger Regen fällt, wird unser Wasserkonsum immer mehr zu einem Kreislauf innerhalb der Stadt«, sagt Tomiak zu »nd«. Auch deshalb müssten die Berliner Gewässer sauberer gehalten werden. »Die Anfrage zeigt deutlich, dass gerade durch ungereinigtes Straßenabwasser die Wasserqualität von Gewässern wie der Wannseekette negativ beeinflusst wird. Mit negativen Auswirkungen auf die ökologische Qualität der Gewässer.«
Außerdem hält es Tomiak für ein wichtiges Ergebnis aus der Anfrage, dass die Uferbeschaffenheit der Gewässer durch die Bebauung vor allem für die Wassertierwelt ein großes Problem darstellt. »Hieraus muss ein ambitionierter Schutz für die Lebensräume der Tiere und anderen Organismen abgeleitet werden. Dies ist vielleicht keine neue Erkenntnis, aber es ergibt sich ein Handlungsauftrag«, so Tomiak.
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