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Wahlalter 16 in Berlin: CDU heimst Lorbeeren ein
Nach scheinbar endlosen Diskussionen soll Mindestwahlalter unter schwarz-roter Koalition auf 16 Jahre gesenkt werden
Bei den kommenden Europawahlen 2024 dürfen 16-Jährige zum ersten Mal ihr Kreuzchen setzen – hierfür senkte die Ampel auf Bundesebene zusammen mit den Stimmen der Linksfraktion 2021 das Wahlalter. Berlin hingegen diskutiert noch über die Absenkung des Alters für das aktive Wahlrecht. Wie in den meisten Bundesländern dürfen junge Berliner*innen ab 16 Jahren zwar bei den Kommunalwahlen abstimmen – nicht so bei Landtagswahlen und Volksentscheiden. Grund dafür waren bisher die Gegenstimmen der CDU. Das dürfte sich am Donnerstag ändern. Für die letzte Sitzung des Abgeordnetenhauses in diesem Jahr soll das entsprechende Gesetz mit der für eine Verfassungsänderung notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.
In einzelnen Bundesländern ist das Wählen auf Landesebene unter 18 Jahren bereits erlaubt. Darunter fällt auch Brandenburg. Dort dürfen 16-Jährige seit Ende 2011 an Kommunal- sowie Landtagswahlen teilnehmen und konnten 2014 erstmals über das Brandenburger Landesparlament mitbestimmen. Eine Aufschlüsselung nach dem Alter der Wählergruppen machte deutlich, dass die Wahlbeteiligung der 16- bis 18-Jährigen deutlich höher lag als in anderen Altersgruppen.
Neben Brandenburg gehen auch einige weitere Bundesländer wie Hamburg, Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern mit gutem Beispiel voran. Anders in Berlin: »Die Diskussionen, die die Grünen angerissen haben, laufen in Berlin bereits seit Jahrzehnten«, sagt Klara Schedlich, jugendpolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Dabei ist Berlin hinter Hamburg das zweitjüngste aller Bundesländer.
Auch die Volksinitiative »Demokratie für alle!«, die unter anderem die Absenkung des Wahlalters forderte, hat sich damit auseinandergesetzt und 2022 erfolgreich genügend Unterschriften gesammelt. Dabei dürfte die Absenkung des Wahlalters auf 16 zu einem Gewinn von zwei Prozent neuen Wähler*innen in Berlin führen. Das Berliner Abgeordnetenhaus ging Mitte 2023 von rund 50 000 Berliner Wahlberechtigten aus.
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Bevor die CDU im Koalitionsvertrag der SPD beim Thema Wahlalter 16 entgegenkam, hatte sie sich als Oppositionspartei immer gegen die Absenkung gesträubt. Der Landesjugendring Berlin hatte deshalb in der Vergangenheit die CDU direkt angesprochen und Argumente für das Wahlalter 16 vorgebracht: So würden etwa auch eigene minderjährige Parteimitglieder davon profitieren, schließlich ist die Mitarbeit bei der CDU auch schon ab 16 Jahren erlaubt.
Während die Grünen und Die Linke das gesenkte Wahlalter schon lange fordern, ist das bei der SPD erst seit einigen Jahren und bei der CDU erst neuerdings der Fall. »SPD sowie CDU haben beide ihre Zusage zur Anpassung des Wahlrechtalters gegeben«, betont Schedlich. Gegenstimmen wären nur von der AfD zu erwarten. Sie ist sich sicher, dass die Zweidrittelmehrheit für die Änderung der Landesverfassung diesmal erreicht wird.
Vergangenen Herbst unter Rot-Grün-Rot war eine schon angesetzte Abstimmung gescheitert. Die damals noch im Abgeordnetenhaus vertretene FDP hatte ihre Unterstützung für die notwendige Mehrheit zwar zugesichert, dann aber wieder zurückgezogen, nachdem das Landesverfassungsgericht die Wahlwiederholung beschlossen hatte.
Das Inkrafttreten des Mindestwahlalters 16 infolge der Änderung der Berliner Verfassung hieße, dass sich die jungen Menschen bei der nächsten Landeswahl 2026 beteiligen können.
In der Vergangenheit gab es verschiedene Diskussionen zum Thema Wahlrecht. Das Frauenwahlrecht in Deutschland wurde 1919 durchgesetzt; heute gilt es als selbstverständlich. Eine umfassende bundesweite Absenkung des Mindestwahlalters von 21 auf 18 Jahre fand im Jahr 1970 statt – heute ebenfalls selbstverständlich. Mit einem bundesweiten Mindestwahlalter von 16 Jahren lässt sich derzeit jedoch nicht rechnen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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