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Hörsaal besetzt: »Free Palestine« an der Freien Universität
Studenten der Freien Universität unterstellen bei einer Hörsaal-Besetzung der Uni-Leitung Einseitigkeit in Nahost-Debatte
Pro-palästinensische Aktivisten und Studenten haben am Donnerstag einen Hörsaal der Freien Universität Berlin besetzt. Dies hatte »Students for free Palestine« auf Instagram wenige Stunden zuvor angekündigt. Etwa 70 Personen sollen laut Medienberichten daran beteiligt sein. Der Hörsaal 1a befindet sich in der sogenannten Rostlaube.
Die Gruppe wirft der Universitätsleitung Einseitigkeit in der Positionierung zum Nahost-Konflikt vor. Die Universität würde trotz der »Eskalation der Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen« den israelischen Staat bedingungslos unterstützen. Die Verwaltung der FU würde den politischen Diskurs verhindern, pro-palästinensische Stimmen zum Schweigen bringen, indem Botschaften, die auf Palästina verweisen, entfernt würden. »Unser Druck, das Leid der Palästinenser sichtbar zu machen, trugen dennoch Früchte.« Die Aktivisten fordern unter anderem einen Waffenstillstand und eine neue Stellungnahme der Universitätsleitung, die »die Gewalt und Gräueltaten begangen von Israel« verurteilt.
Vor etwa einem Monat hatten pro-palästinensische Aktivisten auf dem Campus der Freien Universität demonstriert. Dort war von einem »Genozid« die Rede, der von Israel an der palästinensischen Bevölkerung begangen werde. Ähnliches steht nun auf einem Transparent an einer Wand des Hörsaals: »Stoppt den Genozid.« Israel wird als »Apartheidsstaat« bezeichnet. Obendrein wurde mittels eines Projektors dazu aufgerufen, Palästina von der »deutschen Schuld« zu befreien.
Zu diesem Thema hielt eine Aktivistin am Nachmittag einen Vortrag im besetzten Hörsaal. Dort wurde unter anderem gesagt, »die Geschichte Deutschlands liest sich wie die Erzählung eines Schuldigen, der nicht nur davonkommt, sondern manchmal in anderer Maske dieselben Verbrechen immer und immer wieder begeht«.
Jüdische pro-israelische Menschen sollen laut Medienberichten keinen Zugang zum Hörsaal erhalten haben. Während der Hörsaal-Besetzung soll es zudem zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen pro-palästinensischen und pro-israelischen Studenten gekommen sein. Letztere sollen versucht haben, israelfeindliche Plakate zu entfernen.
Die Universitätsleitung forderte ein Ende der Besetzung bis 16 Uhr. Die Polizei soll bereits ausgerückt sein. Ob noch am Donnerstagabend Maßnahmen ergriffen werden, war zum Redaktionsschluss unklar.
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